Im Sommer geht der letzte Brief

GUSTERATH/PLUWIG/KLÜSSERATH. Den kleinen Postagenturen auf dem Lande steht eine neue Schließungswelle bevor (wir berichteten). Für besondere Verärgerung sorgt das angekündigte Aus der Agenturen in Pluwig, Gusterath und Klüsserath.

In Gusterath kümmert sich seit zwei Jahren der Druckereibetreiber Manfred Sturges nebenher um Briefe, Päckchen und Postbankkonten. In Pluwig betreibt das Bäckerehepaar Elke und Andreas Bollig die Postagentur im Geschäft an der Hauptstraße. In Klüsserath war geplant, die bestehende Agentur in eine neue Vinothek und Touristinformation zu integrieren. Auch wenn sich mit einer Postagentur keine Reichtümer anhäufen lassen - gerne hatten alle Beteiligten vor zwei Jahren die neue Zusatzaufgabe übernommen, hatten Platz in ihren Geschäftsräumen bereitgestellt und ihre Betriebsurlaube für Schulungen geopfert. Um so größer war die Enttäuschung, als die Kündigungs-Einschreiben aus der Frankfurter Postzentrale in Haus flatterten.Betroffenheit im weiten Umkreis

Für die Bewohner des mittleren Ruwertals kommen die Schließungen zum 1. August einer Verbannung in die postalische Servicewüste gleich. 2001 waren die Agenturen in Schöndorf und Morscheid eingestellt worden. Für Orte wie Franzenheim, Ollmuth, Hockweiler, Hinzenburg oder Lampaden gilt nun insbesondere Pluwig als Anlaufstelle. Stark frequentiert wird auch die Agentur in der Druckerei Sturges im rund 2000 Einwohner zählenden Gusterath. Manfred Sturges ist nach der Kündigung außer sich vor Empörung und hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Sturges: "Das ist unverantwortlich von der Post, schlicht eine Schweinerei. Die denken überhaupt nicht an die zehn und mehr Dörfer, die da dranhängen. Sollen die Leute alle nach Trier oder Waldrach fahren und sich dort in die immer länger werdenden Schlangen einreihen?" Bürgermeister Bernhard Busch von der Verbandsgemeinde Ruwer schätzt, das bis zu 8000 Bewohner von den Schließungen betroffen sein könnten. Der Verwaltungschef hält Kontakt zu den Ortsbürgermeistern Günter Scherer (Gusterath) und Wolfgang Annen (Pluwig). Es werde geprüft, ob wenigstens im Fall Gusterath rechtliche Schritte möglich seien, denn die Post AG habe sich verpflichtet, in Orten ab 2000 Einwohnern einen stationären Service anzubieten. Ortsbürgermeister Norbert Friedrich aus Klüsserath sieht keine rechtlichen Möglichkeiten. Er sagt: "Wenn die Post schließen will, dann tut sie es auch. Auch wenn davon Ensch, Schleich und Thörnich betroffen sind. Wir werden wohl alle mit unseren Postsachen nach Schweich fahren müssen." Besonders bedauert Friedrich, dass mit der Kündigung der Agentur ein verheißungsvolles Projekt für Klüsserath geplatzt ist. Geplant war, eine Vinothek mit Touristinformation und Postagentur einzurichten. Durch die Zusatzaufgabe mit der Agentur hätte sich das für die Gemeinde personell gerechnet. Friedrich: "Nun ist nun alles in Frage gestellt. Wir müssen das Ganze neu überdenken." Kleine Vinotheken oder Touristinfomationen sind aber nicht die Sorge der Postler in der Frankfurter Zentrale. Pressesprecher Heinz-Jürgen Thomeczek: "Wir halten uns an die Verpflichtungen, in Orten ab 2000 Einwohnern einen stationären Service anzubieten." Alles darunter sei wirtschaftlich nicht zu vertreten. Schon in Orten unter 5000 Einwohnern schreibe man in der Regel keine schwarzen Zahlen. "Bald fällt das Briefmonopol, und wir stehen in internationaler Konkurrenz. Da müssen wir uns rechtzeitig aufstellen", betont Thomeczek, räumt aber ein: "Sollte Gusterath über 2000 Einwohner haben, wäre der Schließungsbeschluss falsch undmüsste geprüft werden."

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