Krankenhaus macht eigene Arztpraxis auf

Knatsch bei Saarburger Ärzten: Sie sehen in einem neuen gemeinsam vom Kreiskrankenhaus und dem Trierer Brüderkrankenhaus gegründeten Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Konkurrenz.

Saarburg. "Das ist die legalisierte Korruption der Ärzte." Das, was ein niedergelassener Arzt aus Saarburg sagt, ist die Meinung vieler Haus- und Fachärzte in der Stadt. Grund für den Unmut: Das gemeinsam vom Kreiskrankenhaus Saarburg und dem Trierer Brüderkrankenhaus gegründete MVZ. Ein Urologe und ein Orthopäde arbeiten zusammen in der neu eingerichteten Praxis in der Saarburger Heckingstraße. Sie sind, und das bringt viele niedergelassene Ärzte auf die Palme, Angestellte einer von den beiden Krankenhäusern gegründeten Gesellschaft. "Die sind doch nicht mehr unabhängig, die arbeiten auf Rechnung der beiden Krankenhäuser und schieben denen Patienten zu", ärgert sich eine Arzt-Ehefrau.

Holger Brandt, Geschäftsführer des Saarburger Krankenhauses, gibt zu, dass die Gründung des MVZ nicht ohne Hintergedanken war. Der bisherige urologische Belegarzt des Krankenhauses, Wolfgang Deilmann, der seine eigene Praxis in den Räumen der Klinik hatte, geht in einem Monat in Ruhestand. Dann hätte aus Sicht des Krankenhauses die Gefahr bestanden, dass ein neuer Urologe nach Saarburg kommt und Patienten womöglich in eine saarländische Klinik einweist.

"Wir sahen uns gezwungen zu handeln", sagt auch Christian Weiskopf, kaufmännischer Direktor des Brüderkrankenhauses und zusammen mit Brandt Geschäftsführer des MVZ. Die Trierer Klinik hat bereits zwei MVZ unter anderem für Augenheilkunde und Neurologie. Sinn der seit 2004 gesetzlich erlaubten MVZ ist, die Patientenversorgung durch die Zusammenarbeit verschiedener Ärzte in einem Haus zu verbessern.

Urologe Deilmann hat kleinere Eingriffe bislang selbst im Saarburger Krankenhaus vorgenommen, größere wie Prostata- oder Nieren-OP hat er an das Brüderkrankenhaus überwiesen. Die neugegründete Gesellschaft hat den Kassenarztsitz von Deilmann gekauft und stellt auch gleichzeitig mit Peter Dickmann dessen Nachfolger. Damit kann sich kein neuer Urologe in Saarburg niederlassen. Genauso wurde mit dem Sitz des Saarburger Orthopäden Theo Reichling verfahren. Auch er ist nun Angestellter des MVZ. Orthopädische Operationen seien ein wichtiges Standbein des Saarburger Krankenhauses, sagt Brandt. Innerhalb von drei Monaten ist in dem Haus, das einem Saarburger Internisten gehört, eine moderne Doppelpraxis entstanden, deren Herzstück ein digitales Röntgengerät ist.

Rolf Theiss, niedergelassener Chirurg und Unfallarzt in Saarburg, kann dem MVZ nichts Positives abgewinnen. "Die freie Arztwahl für die Patienten wird eingeschränkt", sagt Theiss. Die beiden Ärzte würden als Angestellte der beiden Krankenhäuser die Patienten auch in diese Kliniken einweisen. Für die Patienten ändere sich gar nichts. Sie könnten wie bisher zu den beiden Ärzten gehen und sich weiterhin bei notwendigen OP oder Krankenhauseinweisungen eine Klinik aussuchen, sagen die MVZ-Geschäftsführer. Die beiden Ärzte in dem Zentrum erhielten auch kein Geld für eine Einweisung nach Saarburg oder Trier. Die Angst der Saarburger Ärzte sei unbegründet. "Wir wollen keinem Arzt etwas wegnehmen", sagt Weiskopf.

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