Perle im Hintergrund

KASEL. 15 Jahre lang hat die Küsterin Maria Scholtes in Kasel katholische Gottesdienste in liturgischer Hinsicht vorbereitet und ein Auge darauf gehabt, dass alles reibungslos läuft.

"Die Küsterin hört auf", hatte Maria Scholtes einst im Weinberg gehört, in dem die Witwe 30 Jahre lang die Brötchen für die vier Kinder verdiente."Das würde ich gerne machen"

"Das würde ich gerne machen", schoss es der Katholikin, die regelmäßig die Gottesdienste besuchte und von der Atmosphäre in der Kirche immer wieder aufs Neue fasziniert war, durch den Kopf. Sie war von Zweifeln geplagt, ob sie das schaffen könnte. Doch Pastor Walter Stürmer machte ihr Mut, in die Fußstapfen der ehemaligen Küsterin zu treten. Vor 15 Jahren, am Neujahrstag, hatte die agile Seniorin Premiere in ihrem neuen Job. "Ich war sehr aufgeregt, doch es hat alles gut geklappt", erinnert sie sich an den ersten Arbeitstag im Gotteshaus. Orientierung gab ihr der liturgische Kalender. "Darin ist genauestens festgehalten, welche Farbe das Messgewand haben muss", so Scholtes. Manchen Kelch hat sie mit Hostien gefüllt, manch Känchen mit Wasser und Wein bereitgestellt, unzählige Kerzen angezündet, immer wieder für den Blumenschmuck gesorgt und die anfallende Wäsche gewaschen. Pflichtbewusst hat sie immer pünktlich zu den Gottesdiensten den Knopf zum Geläut gedrückt. "Das hätte ich nie vergessen", sagt die 83-Jährige. Nie vergessen wird sie auch den Tag, an dem sie spontan die Patin des kleinen Michel wurde. "Aufgeregt stürmte der Vater des Jungen in die Sakristei und erzählte, dass die Paten auf dem Weg zur Tauffeier einen Autounfall hatten", erinnert sich die engagierte Küsterin. "Kein Problem, Frau Scholtes macht das schon", hatte Pastor Helmut Dieser spontan "Plan B" parat. Und Frau Scholtes machte. Michel ist heute 14, und hin und wieder schaut er bei seiner Patin vorbei.Der Abschied fällt nicht leicht

In letzter Zeit ist Maria Scholtes der Weg von der Kirche nach Hause immer schwerer gefallen, und sie hat beschlossen: "Mit 83 könnte man in den Ruhestand gehen." In der Kirche, dort, wo sie sehr gerne gearbeitet hat, wurde die Kirchendienerin feierlich verabschiedet. An Silvester sollte Schluss sein. Doch weil sich ihre Nachfolgerin Monika Scherf zwei Tage vor ihrem Dienstantritt den Fuß brach, macht Maria Scholtes noch weiter. So lange bis die neue Küsterin gesund ist. "Jetzt habe ich noch etwas Aufschub", sagt sie. Das Abschiednehmen von ihrer geliebten Arbeit fällt ihr nämlich nicht ganz leicht.

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