Rinder als Retter der Gelbbauchunke

Die Franzosen sind weg, doch die Unke soll bleiben: Damit das empfindliche Ökosystem auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes bei Saarburg nicht verschwindet, soll die Fläche bald beweidet werden.

 Eine Kuh der Rasse Taurusrind stapft mit ihrem Kalb durch den Schnee auf der Koblenzer Schmittenhöhe. So beschaulich könnte es bald auch auf dem ehemaligen Standortübungsplatz der französischen Armee bei Saarburg zugehen. Foto: Leo Heuser, Nabu-Gruppe Koblenz

Eine Kuh der Rasse Taurusrind stapft mit ihrem Kalb durch den Schnee auf der Koblenzer Schmittenhöhe. So beschaulich könnte es bald auch auf dem ehemaligen Standortübungsplatz der französischen Armee bei Saarburg zugehen. Foto: Leo Heuser, Nabu-Gruppe Koblenz

Saarburg. Wo mehr als 40 Jahre lang französische Soldaten ihre Ausbildung absolvierten, könnten schon bald Rinder und Pferde grasen: Der ehemalige Standortübungsplatz der französischen Streitkräfte zwischen Saarburg und Serrig soll nach Plänen der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord sowie der Stadt Saarburg, der Ortsgemeinde Serrig und der Verbandsgemeinde Saarburg zur sogenannten halboffenen Weidelandschaft (siehe Extra) werden. Auch der Naturschutzbund (Nabu) Rheinland-Pfalz, mit dem die SGD schon mehrfach auf Landesebene zusammengearbeitet hat, ist mit im Boot.

Hinter der landwirtschaftlichen Nutzung des abgeschiedenen Areals stecken vor allem ökologische Gründe: Denn auf dem ehemaligen Übungsplatz leben bedrohte Tierarten wie die Gelbbauchunke. "Je schneller wir mit der halboffenen Weide loslegen können, umso besser", sagt Siegfried Schuch, Vorsitzender des Nabu in Rheinland-Pfalz. Falls man das Gelände brachliegen ließe, drohe den kleinen Amphibien und den Vögeln das endgültige Aus am Standort Saarburg. Denn die Gelbbauchunke braucht flache Pfützen, die jedoch sehr schnell überwuchern könnten und damit für die Amphibien keinen Lebensraum mehr bieten. "Genau dieses Überwuchern soll durch die Rinder und Pferde verhindert werden", so Schuch. Würde gar nichts unternommen, dann wäre der ehemalige Standortübungsplatz nach etwa 50 Jahren ein Wald, "also ein völlig anderes Ökosystem".

"Es geht auf dem ehemaligen Übungsplatz aber nicht nur um den Naturschutz", betont Schuch. Mit dem Projekt sollen vielmehr drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: So ist geplant, neben dem Naturschutz eine die Umwelt kaum belastende Form der Landwirtschaft zu betreiben. Langfristig soll sich das Projekt, so die SGD Nord, aus landwirtschaftlichen Prämien und dem Fleischverkauf eigenständig finanzieren. Darüber hinaus würde die Ansiedlung von bestimmten Rinder- und Pferdearten auch Touristen an die Saar locken, ist Siegfried Schuch sich sicher: "Die Arten, die wir dort ansiedeln würden, sind besonders urtypische Arten und haben eine hohe Attraktivität für Touristen." Wer die Landwirtschaft betreiben könnte, ist momentan noch unklar. Bei einem ähnlichen Projekt in Koblenz fungiert der Nabu als Betreiber.

Doch bevor die Pläne umgesetzt werden können, müssen alle Beteiligten noch einmal an den Verhandlungstisch. Denn das Areal wurde von den Franzosen an den Bund übertragen und wird momentan von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) verwaltet. Nur, wenn die Bima das Gelände zu "vertretbaren Konditionen" abgibt, könne man Rinder auf die Weiden schicken, so die SGD Nord.

Dazu muss zunächst der Wert des Geländes ermittelt werden - mit Hilfe eines entsprechenden Gutachtens. "Das werden wir in den nächsten Tagen fertigstellen", sagt Erhard Schäfer vom Bundesforstbetrieb Rhein-Mosel, einer Unterabteilung der Bima, dem Trierischen Volksfreund. Auch der Bundesforstbetrieb war an den Gesprächen über die Zukunft des Geländes beteiligt. "Sobald die Ergebnisse des Gutachtens vorliegen, werden wir wieder mit den Beteiligten in Verhandlung treten", so Schäfer.

"Wem das Gelände in Zukunft gehören wird, ist noch völlig offen", sagt Franz-Josef Neises, Ortsbürgermeister von Serrig. Ein Teil des Übungsplatzes liegt auf der Gemarkung der 1500-Seelen-Gemeinde. Hintergrund Rund 42 Jahre lang war das 16. Jägerbataillon der französischen Streitkräfte im rheinland-pfälzischen Saarburg stationiert. Seit Bekanntwerden von Sparplänen der französischen Regierung im Jahr 2008 war klar, dass die rund 1200 Soldaten mit 800 Angehörigen Saarburg verlassen würden. In diesem Jahr haben die letzten Soldaten das Gelände verlassen. Unter anderem sollen auf dem ehemaligen Militärgelände im Rahmen der Konversion nach Plänen der Stadt Saarburg ein Neubaugebiet, ein Kindergarten und ein Supermarkt entstehen. (slg)Extra Unter halboffener Weide versteht man große Flächen, auf denen nur wenige robuste Nutztiere gehalten werden, und zwar das ganze Jahr über. Hintergrund ist, dass die Wiesen niemals völlig abgegrast werden, sondern dem Vieh immer genug Nahrung bieten. Durch den halboffenen Weidebetrieb soll mittelfristig eine "Verwaldung" verhindert werden, ohne dass durch Menschenhand eingegriffen wird. (slg)

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