"Selbst kompostierte Lieder"

KLÜSSERATH. Ein amüsantes Heimatvarieté "Saalü" erlebten die rund 200 Gäste im Saal des Gasthauses "Zum Rebstock". Die "Feuer-Blas-Rettungs-Katastrophen-Kapelle" bot auch im zehnten Jahre ihres Tingelns durch die Lande Gaudi pur.

 Die "Feuer-Blas-Rettungs-Katastrophen-Kapelle" begeistert mit ihren Heimatvariete Saalü über vier Stunden das Publikum in Klüsserath.Foto: Dietmar Scherf

Die "Feuer-Blas-Rettungs-Katastrophen-Kapelle" begeistert mit ihren Heimatvariete Saalü über vier Stunden das Publikum in Klüsserath.Foto: Dietmar Scherf

Die Besonderheit der Show: Die vier Mitwirkenden des Heimatvarietés gestalten das Programm nicht alleine, sondern beziehen auch die Ortsvereine, Privatpersonen und natürlich Ortsbürgermeister Norbert Friedrich in die Handlung mit ein. So wirkten in Klüsserath denn auch die Feuerwehrkapelle 1928, der Gesangverein "Cäcilia" 1905 und die Karnevalisten "Noarisch Hoahnen" mit.Und noch etwas Außergewöhnliches: Das Spektakel spielte sich nicht nur auf der Bühne ab. So interviewte Kabarettist Utz Thorweihe alias "Franz Brandwein" das Publikum mit großer Schlagfertigkeit im Saal. Bei dieser "Saalinspektion" ging es um "Verborgenes und Vergessenes" sowie um "Gelogenes und Gegessenes". Mit eingebunden in das witzige Geschehen sind Antonia Becker-Koppik, Alois Kirsten, Toni Feller, Ernst-Hermann und Lisbeth Dienhart, Elisabeth Madetz, Hans und Gabi Weyer und Norbert Rosch."Saalü", das Heimatvarieté in alten Dorfsälen, ist seit zehn Jahren nicht zu stoppen. Es läuft und läuft und läuft. Die Veranstaltung des Ministeriums für Wirtschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Birkenfelder Eisenbahn GmbH ist inzwischen in 150 Dörfern von Saal zu Saal gewandert.Genau das war auch das ursprüngliche Ziel der Truppe. Während in vielen Dörfern in den grauen und kalten Monaten sprichwörtlich die Bürgersteige hochgeklappt werden, will Saalü in diesen Wochen die alten Säle in den Orten wieder beleben. Ihr landesweiter Erfolg gibt ihnen Recht."Unglaublich, wie viele schöne alte Wirtshaussäle es im Land noch gibt", staunt Projektleiterin Martina Helffenstein, "und wie lebendig in vielen Dörfern Tradition und Erinnerungen sind."Kurioser Betriebsausflug der Freiwilligen Feuerwehr

Auf den Erfolg der Gruppe hatte denn auch die Klüsserather Ortsgemeinde und der Heimat- und Verkehrsverein reagiert und die "Saalü"-Truppe an die Mosel eingeladen. Begebenheiten aus früheren Zeiten wurden während der mehrstündigen Show wachgerüttelt und sorgten für Gelächter und Applaus.Allein die Namen der Profi-Akteure neben Thorweihe hatten bestes Programm versprochen: So spielten Jan Fritsch als "Fürchtegott Löschwasser", Walter Pohl als "Hein Brand" und Uli Baumann als "Liesbett Funkenflug" beim kuriosen Betriebsausflug des "Freiwilligen Feuerwerks" mit.Show spricht Jung und Alt an

Ihnen gelang es mit einer rasanten Non-Stop-Revue aus Kabarett und Artistik, Kuriositäten und Gags das seltene Kunststück, das junge wie auch ältere Publikum zum Lachen zu bringen.Kein Wunder, sind die "Feuerwerker" doch im wirklichen Leben vielfach ausgezeichnete Komiker, Schauspieler und Musiker - wobei die Ehrung von Uli Baumann als vorlaute Schweizer Volontärin, Vokalakrobatin und Sprungtuchstickerin mit dem "Rettungsring in Blei für gekonntes Wegducken und Vorbeugen" nicht ganz ernst gemeint war.Die Tourneen mit "Saalü", bei denen Uli Baumann auch ihre "selbst kompostierten Lieder" präsentiert, sind sehr bizarr, überraschend und auch sehr rührend. "Die älteren Mitmenschen würden viele interessante Geschichten und Traditionen mit ins Grab nehmen, wenn sie bei solchen Veranstaltungen nicht noch einmal präsentiert werden könnten."Um die Veranstaltung auf die Beine zu stellen, war Projektleiterin Martina Helffenstein mehrfach an die Mosel zu Ortsbürgermeister Friedrich gekommen und hatte "den Leuten Löcher in den Bauch gefragt".Martina Helffenstein liest vor dem Auftritt alles Mögliche über den Ort und schreibt für die Darsteller eine Regie von bis zu 60 Seiten.Gerechnet hat sie in den vergangenen zehn Jahren aber auch. Vor mehr als 27 000 Zuschauern hat "Saalü" in wechselnder Besetzung schon gespielt. Sie schätzt, dass von den rund 2100 Gemeinden in Rheinland-Pfalz mit maximal 3000 Einwohnern noch 1000 "bespielbare Dorfsäle" auf "Saalü" warten. Orte mit mehr als 3000 Einwohnern kämen für das Programm nicht in Frage, "weil die Leute dort zu wenig voneinander wissen".

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