Von Kernseife und Zinkbadewannen

Konz · Alles, was für die körperliche Reinlichkeit bis in die 1960er Jahre wichtig war, zeigt die Ausstellung "Wir gehen baden ..." im Roscheider Hof in Konz. Die Schau dokumentiert einen wichtigen Ausschnitt aus dem Alltagsleben der Vergangenheit. Mit ihr hat auch die Freiluftsaison im Museum begonnen.

 Energischer Appell: Nach dem Waschen erst mal reinigen. Zu sehen in der Ausstellung „Wir gehen baden ...“ im Roscheider Hof. TV-Foto: Martin Möller

Energischer Appell: Nach dem Waschen erst mal reinigen. Zu sehen in der Ausstellung „Wir gehen baden ...“ im Roscheider Hof. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller

Konz. Sollte der Ausstellungstitel "Wir gehen baden ..." angesichts von Regenwetter und magerem Besuch allzu wörtlich gemeint sein? Hermann Kramp, Geschäftsführer des Freilichtmuseums Roscheiderhof, ersparte sich jedenfalls den naheliegenden Kalauer, bedankte sich zur Eröffnung der Schau für "zahlreiches Erscheinen" und kam zur Sache.
Zum sechsten Mal in Folge dokumentiert das Konzer Freilichtmuseum aus eigenen Beständen einen wichtigen Ausschnitt aus dem Alltagsleben der Vergangenheit. Anlass war eine Schenkung. Mitarbeiter des Museums konnten aus einem Haus, das zum Abriss stand, die historische Badezimmereinrichtung für das Museum retten. Um sie herum hat Markus Berberich all das versammelt, was für die körperliche Reinlichkeit bis in die 1960er Jahre wichtig war: Schüssel, Kannen, Badewannen unterschiedlicher Größen und mit unterschiedlichem Material, Spiegelschränke, Seifenkartons und Produktwerbung. In einer Vitrine erinnern ein Emaille-Schild und etliche Verpackungen an die Sunlicht-Kernseife, um 1900 das meistverbreitete Produkt für Körper- und Wohnungsreinigung. In einer anderen wirbt die Marke Nivea für (damals) zeitgerechte Körperpflege. Da hatten es die "weißen Schwestern" in Trier-Heiligkreuz schwerer. Die Ausstellung zeigt einen spartanisch ausgestatteten Waschplatz des Ordens.
Ohnehin schlagen sich soziale Unterschiede auch bei der Reinlichkeit nieder. Die "besseren Kreise" mussten zwar gleichfalls ohne fließendes Wasser auskommen, konnten die Waschprozedur aber auf Marmortischen und mit erlesen verzierten Schüsseln und Kannen erledigen. Alle anderen mussten sich mit unscheinbaren Zink-Badewannen begnügen. Die drängen sich in unterschiedlicher Größe und Form in einer Ecke des Ausstellungsraums. Reinlichkeit war auch eine Sache der Finanzen.
Spektakulär ist die Ausstellung nicht, aber sie fügt sich ein ins Gesamtkonzept des Freilichtmuseums: Nicht historische Idyllen vorzuspiegeln, sondern die harte Lebensrealität in der Vergangenheit zu dokumentieren.
Markus Berberich in einem Begleittext: "Diese Ausstellung will uns daher zeigen, dass das, was wir heute für selbstverständlich halten (fließendes kaltes und warmes Wasser zu jeder Zeit), in früherer Zeit eben nicht selbstverständlich war." Die wenigen Besucher indessen waren erstaunt und sehr angetan: "Das ist ja riesig hier."
Seit Sonntag ist auch das Museumsdorf mit historischen Häusern aus Eifel und Hunsrück wieder geöffnet - ein anschauliches Dokument vom harten und wenig idyllischen Leben in Eifel und Hunsrück. Außerdem finden wieder etliche Veranstaltungen statt.
Die nächsten Veranstaltungen im Roscheider Hof:
- 17. Mai, Internationaler Museumstag. Ausstellungseröffnung des ehemaligen Trierer Hutladens Georg;
- 16. Juni, Rosenblütenfest;
- 5. Juli, Waldbühnenfest unter anderem mit der Trierer Gruppe "Rhythm and Swing".
- Weitere Termine August bis Dezember, unter anderem "Lebendige Vergangenheit um 1900."
Außerdem bietet das Freilichtmuseum Führungen und Projekte für Kinder an, darunter "Kochen am Holzherd", "Filzen", "Naturtraining für Kinder" oder "Mein kleiner Garten".
Weitere Informationen: 06501/92710, www.roscheiderhof.de

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