Umwelt „Das Kreuz steht jetzt nackt da!“

Saarburg/Konz-Könen · Wo Bäume fallen und Gehölz geschnitten wird, gibt es immer wieder Kritik. Gehen Behörden zu radikal vor? Nach Könen in der vergangenen Woche gibt es nun Diskussionen in Ayl.

 Nun ein zugiges Plätzchen: Die Fichten rund um das Kreuz an der B 51 an der Kreuzung Richtung Biebelhausen wurden gefällt. Weiteres Gehölz rundherum wurde stark geschnitten.

Nun ein zugiges Plätzchen: Die Fichten rund um das Kreuz an der B 51 an der Kreuzung Richtung Biebelhausen wurden gefällt. Weiteres Gehölz rundherum wurde stark geschnitten.

Foto: Marion Maier

Noch vergangene Woche haben zehn hohe Fichten im Halbrund um das Kreuz und die Bank bei Ayl an der B-51-Abzweigung nach Biebelhausen gestanden. Jetzt sind nur noch die Stümpfe übrig, die Bäume wurden gefällt. Die Rast- und Gebetsstätte ist frei einsehbar. Am Wegrand liegt zudem jede Menge weiteres Gehölz. Der Landesbetrieb Mobilität hat Büsche, Bäume und Hecken am Straßenrand  stark zurückgeschnitten.

Die Sache mit dem Kreuz „Wir waren geschockt, als wir gesehen haben, dass die Bäume gefällt sind“, sagt Edelgard Leuck. Die 79-Jährige und ihr Mann haben das Kreuz samt Umfeld jahrzehntelang gepflegt. Er hat die Bank gezimmert und Gehölz geschnitten. Sie hat Sträucher gepflanzt. Doch sie wollen sich nicht groß aufregen. Er sagt: „Was will man machen? Das Grundstück gehört uns ja nicht.“ Zudem solle ja wieder etwas angepflanzt werden.

Edelgard Leucks ältere Schwester, Juliane Hoffmann, hat die  Sache hingegen mehr mitgenommen. „Mich haben zwei Nachbarn deshalb angerufen. Das Kreuz steht jetzt nackt da! Ich habe mich furchtbar aufgeregt und die ganze Nacht lang nicht geschlafen. Viele waren geschockt, als sie das gesehen haben. Dabei war da immer alles gepflegt. Vor meiner Schwester habe ich das gemacht, bis ich es nicht mehr so gut konnte. “ In den Fichten hätten auch Vögel genistet.

Das Kreuz ist eine Familiensache. Hoffmann erinnert sich daran, dass ihr Großvater Matthias Kramp es aufgestellt hat. Sie sagt: „Er hat ein Gelübde im Ersten Weltkrieg abgelegt: Wenn er aus dem Krieg wieder heimkehrt, dann stellt er ein Kreuz auf. Als Kind bin ich mit meiner Oma immer hingegangen, um es zu pflegen.“  Der Vater, August Kramp, ein Schmied, habe das Kreuz, das verrostet war, irgendwann erneuert.  Als die neue Brücke Richtung Saarburg gebaut wurde, stand es im Weg und wurde an die jetzige Stelle versetzt. Der Bruder habe die Fichten gepflanzt, sagen die Schwestern. Beide erinnern sich daran, dass sie mit ihrer Mutter im Rollstuhl oft dorthin gegangen sind.

Die Erklärung des Ortschefs Für die Baumfällaktion verantwortlich ist die Ortsgemeinde. Ortsbürgermeister Siegfried Büdinger erklärt: „Eine Fichte hing Richtung B 51. Eine andere hat einen Landwirt beim Trekkerfahren gestört. Da habe ich den Gemeindearbeitern Bescheid gegeben. Ich war selbst überrascht, dass die dann alle Bäume gefällt haben.“ Allerdings sei es auch so gewesen, dass man, als die ersten Fichten weg gewesen seien, gesehen habe, dass die übrigen Bäume innen ganz braun gewesen seien. Da wäre nicht mehr viel an Grün nachgekommen. Also hätten die Arbeiter alle Bäume gefällt. Doch Büdinger will den Platz wieder herrichten lassen. Das hat er auch den Leucks bereits gesagt. Er verspricht: „Wir wollen uns von einem Experten beraten lassen und das Gelände rund um das Kreuz in den kommenden Wochen wieder vernünftig bepflanzen.“

Die Kritik der Imker Günther Emmerich, Imker aus Saarburg, schüttelt nicht nur über die Baumfällaktion den Kopf. Er kritisiert, dass Sträucher wie Brombeeren, Haselnüsse und anderes Gehölz jetzt noch geschnitten wurden. Beim Kreuz um die Ecke hat er zehn Bienenvölker stehen. Er schimpft: „Die erste Nahrung für meine Bienen ist nun weg. Ich bin sehr verärgert darüber. Hier wird ohne Rücksicht auf Natur und die Insekten vorgegangen! Wo soll das noch hinführen?“

Peter Flöck, Landwirt in Rente und Imker, stößt in das gleiche Horn. Er fragt: „Wieso schneiden die immer alles so radikal ab?“ Das passiere auch an den Wirtschaftswegen und überall an der Saar. Dabei habe er schon als Kind gelernt, dass Weidekätzchen nicht gepflückt werden sollten, weil sie Nahrung für die Insekten, insbesondere die Bienen böten. Flöck erinnert daran, dass Gebüsch wichtig sei gerade auch weil die Landwirtschaft so intensiv betrieben werde und Lebensräume für Vogelarten wie Rebhühner und Fasane sowie Hasen fehlten. Auch Wolfgang Gierke aus Könen macht sich Sorgen um die Umwelt. Er hat vergangene Woche kritisiert, dass in einem Park im Konzer Stadtteil im großen Stil Bäume gefällt wurden (der TV berichtete). Der 77-Jährige moniert, dies schade der grünen Lunge im Ort angesichts der steigenden Zahl an Autos.

Das sagt der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Auf Anfrage erklärt  Arnold Eiden, Leiter der Masterstraßenmeisterei Hermeskeil, für den LBM: „Gehölze müssen in regelmäßigen Abständen entlang der Straßen zurückgeschnitten werden.“ Das sogenannte Lichtraumprofil der Straße müsse freigehalten werden. Das bedeute, es müsse genügend Platz für Gräben und Entwässerung vorhanden sein und auch dafür, dass die Autofahrer in den Rückspiegel schauen könnten. Zudem müsse sichergestellt sein, dass keine Gehölze in Anliegergrundstücke hineinragten. Eiden räumt ein, dass Bäume und Sträucher auf den Stock gesetzt würden, also radikal bis auf eine Höhe von 30 bis 50 Zentimeter zurückgeschnitten würden. Seine Erklärung: „Wir machen das so, damit wir drei oder vier Jahre lang Ruhe haben. In der Verbandsgemeinde Saarburg müssen wir immerhin 320 Kilometer Straßen betreuen.“ Ansonsten hält sich die Straßenmeisterei an Recht und Gesetz. Laut Bundesnaturschutzgesetz dürfen Bäume, Hecken und Büsche zwischen dem 1. Oktober und dem 28. Februar geschnitten oder gefällt werden.

So sieht es ein Naturschützer Patrick Jaskowski, ehemaliger Biotopbetreuer im Kreis Trier-Saarburg, antwortet auf die Frage, ob das radikale Schneiden ökologisch nachteilig ist: „Mir fehlen Untersuchungen zu dieser Frage.“ Generell gibt er zu bedenken: „Angesichts des Insektensterbens sollte man sicherlich sensibler mit dem Thema umgehen.“  Doch zu sehr hochkochen will er das Thema auch nicht. Er weist darauf hin, dass es ökologisch wichtigere Bereiche gebe als die Straßenböschung.

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