Hintergrund Schüler zum Bustransport: „Wie die Sardinen“

Mainz · Eigentlich sollten in den Schulbussen alle Mund und Nase bedecken – das tun aber nicht alle Schüler, und die anderen nervt es.

Viele tragen Maske – einige aber auch nicht: Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums gehen zusammen ins Schulgebäude. Gerade in den vollen Schulbussen fährt das Infektionsrisiko immer mit.

Viele tragen Maske – einige aber auch nicht: Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums gehen zusammen ins Schulgebäude. Gerade in den vollen Schulbussen fährt das Infektionsrisiko immer mit.

Foto: dpa/Arne Dedert

(dpa/flor) Wenn Rheinland-Pfalz am Montag in die dritte Woche seit Schuljahresanfang geht, werden die Schulbusse absehbar immer noch voll sein. Zwar ist die Enge auf Fahrten zur Schule und zurück nichts Neues, aber in Corona-Zeiten fährt das Infektionsrisiko mit. Eine Entspannung zeichnet sich nur allmählich ab. Verkehrsminister Volker Wissing teilte am Freitag im Landtag mit, dass 200 zusätzliche Busse zur Verfügung stünden. Insgesamt hat das Land in der vergangenen Woche 250 Fahrzeuge als Nothilfe angekündigt.

„Die stehen wirklich wie die Heringe“, sagte Landeselternsprecher Reiner Schladweiler. „Ich habe gehört, dass Kinder bis an die Scheibe gedrückt standen.“ Alleine aus dem Großraum Trier bekomme er jeden Tag 40, 50 Beschwerden.

Auch die Schüler sehen die Probleme. Es komme vor, dass manche nicht mehr in den Bus passten und von den Eltern abgeholt werden müssen, sagte Jonah Simon von der Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler. Zudem trügen viele Schüler im Bus keine Mund-Nasen-Bedeckung. Die Busfahrer griffen leider nicht ein, sagte Eric Grabowski von der Integrierten Gesamtschule Schönenberg-Kübelberg/Waldmohr.

Wo die Linienbusse nicht ausreichen, sollen vorübergehend Reisebusse zum Einsatz kommen, die derzeit nicht genutzt werden – das ist die Idee hinter der Bus-Börse des Landes. Organisiert werden soll sie vom Verband der privaten Verkehrsbetriebe Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz (Molo). Er gehe davon aus, dass auch mehr als 250 Busse mobilisiert werden könnten, sagte Molo-Geschäftsführer Guido Borning. Viele Unternehmen hätten ihre Fahrzeuge abgemeldet, die Fahrer in Kurzarbeit geschickt. Das Land übernimmt 90 Prozent der Kosten für die zusätzlichen Busse.

Beim Landkreistag von Rheinland-Pfalz ist man skeptischer. „Der Pool ist mit 250 Bussen für eine Lösung eher zu klein“, sagte der Vorsitzende Günther Schartz (CDU), Landrat des Kreises Trier-Saarburg. Einzelne Kreise wie Neuwied oder Südwestpfalz meldeten einen Mehrbedarf von 30 Bussen an. Es sei aber abzusehen, dass jeder nicht mehr als sechs oder sieben zusätzliche Busse bekomme, sagte Schartz.

Im Landtag gerieten am Freitag Regierungsparteien und Opposition heftig aneinander. Während die CDU die Landesregierung für übervolle Schulbusse verantwortlich machte, betonten die Regierungsfraktionen die Zuständigkeit der Kommunen.

„Kinder sind beim Bremsen und in Kurven den Gesetzen der Physik schutzlos ausgeliefert“, sagte der Pirmasenser CDU-Abgeordnete Thomas Weiner. „Die Zeit der Stehplätze in den Überlandbussen muss zu Ende gehen.“

Mehrere SPD-Abgeordnete kritisierten, dass Landräte die Zeit der Sommerferien nicht genutzt hätten, um zu Beginn des Schuljahrs die Schülerbeförderung zu sichern. Diese sei seit 1980 Pflichtaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte – damals sei die CDU noch in Regierungsverantwortung gewesen. Der SPD-Abgeordnete Benedikt Oster warf der CDU vor, die Sorgen um die Gesundheit von Schulkindern zu instrumentalisieren.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) bezeichnete den Antrag der CDU als überflüssig und in keiner Weise hilfreich. „Jeder Stehplatz im Bus geht auf eine Entscheidung in den Kommunen zurück“, sagte Wissing. Es gebe keine Verpflichtung, die maximale Höchstgrenze einer 70-prozentigen Nutzung der Stehplatzkapazität auszuschöpfen. Der Landtag lehnte einen Antrag der CDU ab, auf dem Verordnungsweg die zulässige Nutzung von Stehplätzen in der Schülerbeförderung schrittweise zu reduzieren. Wie stark die vollen Busse polarisieren, zeigten Kurzinterventionen vieler Abgeordneter (die SPD siegte 5:4 gegen die CDU) mit gegenseitigen Vorwürfen.

Auch im Saarland sollen nach Angaben der Landesregierung rund 100 zusätzliche Busse zur Schülerbeförderung eingesetzt werden, um die Ansteckungsgefahr mit Corona in voll besetzten Bussen zu minimieren. „Die Kosten werden komplett vom Land übernommen“, kündigte Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) an.

(dpa)
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