Schulbuchausleihe stresst Ämter und Eltern

Trier/Mainz · Chaos bei der neuen Schulbuchausleihe: Hunderttausende Bücher müssen die rheinland-pfälzischen Kommunen sortieren und an Schüler verteilen. Etliche Fragen sind ungeklärt. Städtetag und Buchhandel hatten im Vorfeld gewarnt. Die Eltern akzeptieren das System nur schlecht.

 Belastungstest: Sandra Zenker und Romy Linden suchen und sortieren seit Tagen Schulbücher in Trier. Foto: Klaus Kimmling

Belastungstest: Sandra Zenker und Romy Linden suchen und sortieren seit Tagen Schulbücher in Trier. Foto: Klaus Kimmling

(woc) An der nervlichen Belastungsgrenze arbeiten seit Wochen etliche Mitarbeiter der rheinland-pfälzischen Schulverwaltungsämter. Denn ab kommendem Schuljahr können Schüler der Klassen fünf bis zehn, ab 2011 die Oberstufe und ab 2012 auch Grundschüler Schulbücher bei den Behörden ausleihen. Eltern mit zwei Kindern und einem Brutto-Jahreseinkommen bis 30.000 Euro sind von Zuzahlungen befreit, Besserverdienende müssen ein Drittel der Bücherkosten und Lernmaterialien wie Arbeitshefte komplett selbst zahlen.

Doch das neue System ist ein organisatorisches Monster: „Fast täglich kamen aus Mainz Hinweise zu ungelösten Detailfragen“, klagt Christine Hild vom Trierer Schulverwaltungsamt, die seit Monaten kaum noch zu ihren üblichen Aufgaben kommt. Denn die Registrierung der Schüler, die Bestellung, Annahme, Sortierung und Auslieferung der Bücher müssen die Schulträger organisieren. Im Landkreis Trier-Saarburg sind rund 80 Menschen seit Wochen damit befasst, die Buchpakete zu packen, die die Schüler in den ersten Schultagen in ihren Klassen erhalten.

Das Land zahlt den Kommunen pro Schüler neun Euro für den Verwaltungsaufwand. „Das reicht definitiv nicht, um die Kosten zu decken“, sagt Hild. Die Kommunen hatten im Vorfeld Bedenken angemeldet: „Wir hatten der Landesregierung sehr deutlich gesagt, welche Probleme wir sehen – und da war uns das volle Ausmaß noch gar nicht bewusst“, sagt Hild.

Kritik übt auch Michael Forster. Der Schulleiter des Wittlicher Peter-Wust-Gymnasiums sagt, das neue System sei „mit heißer Nadel gestrickt“.

Dagmar Leppin-Becker, Lehrerin am St.-Willibrord-Gymnasium in Bitburg, kritisiert, dass in den ausgeliehenen Büchern nichts mehr markiert werden darf. Auch der Buchhandel hatte vor dem Chaos gewarnt. „Es würde mich sehr wundern, wenn alle Kinder tatsächlich die richtigen Schulbücher erhalten“, sagt eine Buchhändlerin aus dem Raum Trier.

Die Akzeptanz des neuen Systems bei den Eltern ist ebenfalls schlecht: Während das Landesministerium von einer Teilnahmequote von „knapp 60 Prozent“ spricht, liegt die tatsächliche Anmeldezahl in der Region Trier im Schnitt sogar nur bei 50 Prozent.

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