Stadtkyll/Hasborn: Verkehrs-Chaos nach LKW-Unfällen - Gefahrgut nicht richtig deklariert (aktualisiert)

Gift-Alarm und Stress für 185 Schweine: Zwei LKW-Unfälle auf Hauptverkehrsadern haben am Donnerstag die Region in Atem gehalten. Auf der B51 bei Stadtkyll (Landkreis Vulkaneifel) trat hochgiftiger Stoff aus. Die A1 bei Hasborn (Kreis Bernkastel-Wittlich) blockierte ein Schweine-Transporter.

(fpl/cus/sos/mai) Donnerstag, kurz vor 15 Uhr: Der 59-jährige Fahrer eines Gefahrtgut-Transporters aus Papenburg (Niedersachsen) ist auf der B51 in Richtung Norddeutschland unterwegs. Auf einem leicht abschüssigen Abschnitt hinter der Ausfahrt Stadtkyll gerät sein LKW aus bisher ungeklärter Ursache ins Schleudern. Der Fahrer verliert die Kontrolle, sein Transporter kippt auf die rechte Seite.

Der 59-Jährige bleibt unverletzt, doch von 80 Fässern mit einem zunächst unbekannten Chemieprodukt werden etwa 40 hinausgeschleudert und beschädigt. Weißes, zähflüssiges Material tritt aus. Großalarm wird ausgelöst. An der Unfallstelle bildet sich kurzfristig eine Wolke aus dem unbekannten Stoff.

Der Fahrer gibt der Polizei gegenüber an, er wisse lediglich, dass er „brennbares Material“ geladen habe. Deshalb gehen die mehr als 100 Einsatzkräfte bei der Bergung äußerst vorsichtig ans Werk. Auf Grund unvollständiger Papiere und Beschriftungen können sie zunächst nicht genau klären, um welchen Stoff es sich handelt. Beim geplanten Empfänger der Ladung, einer Firma in Linau (Schleswig-Holstein), erreicht die Einsatzleitung niemanden.

Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei

Im Einsatz sind die Polizei Prüm, der Gefahrgut-Trupp der Polizei aus Wittlich, das DRK Obere Kyll und Prüm sowie die Feuerwehren Stadtkyll, Jünkerath, Birgel, Lissendorf, Dahlem und Baasem. Ebenfalls vor Ort: Wasserschutzbehörde und Prümer Straßenmeisterei. Wegen der besonderen Gefahrenlage rücken außerdem der ABC-Zug der Feuerwehr Obere Kyll sowie der Chemie- und Strahlenschutz-Zug der Feuerwehr Dockweiler aus. Zusätzlich werden Spezialisten aus der Chemie-Industrie angefordert. Alle Wehren der umliegenden Dörfer stehen in Bereitschaft.

Die Unfallstelle zwischen den beiden Stadtkyller Abfahrten wird in beide Richtungen jeweils 100 Meter weit abgesperrt. Diese Zone darf niemand ohne Atemschutz betreten. Der Verkehr wird von der Bundesstraße abgeleitet, in Stadtkyll entsteht ein Verkehrschaos, LKW rollen über Gehwege. Die Vorsicht der Einsatzkräfte zahlt sich aus: Gegen 19 Uhr erreicht der Leiter des Gefahrgut-Trupps, Günter Scalla, jemanden bei der Firma in den französischen Vogesen, wo das Material am Morgen geladen worden war: Dort erfährt er, dass es sich bei der Ladung um einen Stoff namens „Tetramere ED4“ handelt — eine umwelt- und fortpflanzungsgefährdende chemische Lösung. Die Bergung verzögert sich bis in die Nacht.

Dass zunächst nicht geklärt werden konnte, welche Stoffe genau der verunglückte LKW geladen hatte, ist für Roman Elsen von T&E Gefahrgutlogistik aus Wittlich ein Unding: „Normalerweise muss jedes Fass mit einem Gefahrgutlabel-Symbol gekennzeichnet sein, damit für die Rettungskräfte sofort erkennbar ist, worum es sich handelt.“ Fehle schon das, müsse man immer vom schlimmsten Szenario ausgehen und sich als Rettungskraft langsam „rantasten“. Man könne Kontakt etwa mit der Giftzentrale der BASF aufnehmen, dort die Merkmale des unbekannten Stoffes mitteilen und somit aus dem Gefahrstoff-Kataster herausfinden, worum es sich möglicherweise handle. Im Grunde hätten sämtliche Sicherheitsmaßnahmen beim Transport versagt, wenn nicht klar sei, was geladen wurde. Der Absender des Stoffes habe darauf zu achten, dass Unfallmerkblätter mitgeführt sind. Gefahrgüter, die erstmals nach Deutschland gebracht würden, benötigten zudem ein Sicherheitsdatenblatt. „Ohne ausreichende Kennzeichnung hätte die Fahrt überhaupt nicht angetreten werden dürfen“, sagt Gefahrgutprofi Roman Elsen.

Hänger wird mit Spezialkran geborgen

Szenenwechsel zur A1: Gegen 14 Uhr bleibt am Hasborner Berg ein Transporter wegen eines Radnabenbruchs liegen. Beladen ist der LKW mit 185 Schweinen aus dem westfälischen Vogelsberg auf dem Weg zum Wittlicher Schlachthof. Später klärt sich, dass das Fahrzeug nicht zu reparieren ist und die Schweine umgeladen werden müssen. Das lassen die Tiere nur unter lautstarkem Quieken über sich ergehen. Mit einem Spezialkran wurde der Hänger geborgen.

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