Stress durch frühes Abitur - 150 Studienanfänger an Trierer Uni

Trier · Tausende Rheinland-Pfälzer haben jetzt das Abitur gemacht, aber zum Sommersemester beginnen nur wenige ihr Studium. Ist das vorgezogene Abitur damit überhaupt sinnvoll? Kritiker sprechen von vertaner Zeit, Befürworter von vielen Möglichkeiten, die Zeit auch ohne Studienbeginn zu nutzen.

 Zum Sommersemester starten trotz vorgezogenem Abitur nur wenige neue Studenten an der Uni Trier. Foto: TV-Archiv

Zum Sommersemester starten trotz vorgezogenem Abitur nur wenige neue Studenten an der Uni Trier. Foto: TV-Archiv

Trier. Heute startet das Sommersemester an der Uni Trier. Für viele beginnt damit ein neuer Lebensabschnitt - könnte man meinen. Denn gerade mal rund 150 Studienanfänger gibt es an der Uni Trier, rund 20 weniger als vor einem Jahr. Zum Vergleich: Im Wintersemester haben knapp 2400 ihr Studium begonnen. Seit Jahren gibt es dieses Ungleichgewicht. Dabei haben Tausende junge Rheinland-Pfälzer seit Ende März das Abi in der Tasche - dank des in Deutschland einzigartigen Abiturs nach zwölfeinhalb Jahren, das es seit 2001 gibt. Genutzt wird es wenig. wie die Zahlen zeigen. Kritik macht sich breit.

"Ich halte gar nichts davon", sagt Hans-Jürgen Fischer, Bezirksvorsitzender des Philologenverbands Rheinland-Pfalz. "Viele Studiengänge fangen ja ohnehin erst im Wintersemester an."

Gerade mal vier Fächer sind es an der Uni Trier, mit denen Studierende schon im April beginnen können - alle vier in Mathematik und Informatik. Dass es nur noch vier sind, liegt an der Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem: Das Studium ist verschulter, einzelne Module sind nicht mehr so unabhängig wählbar wie etwa in den Magisterstudiengängen.

Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium weist die Kritik zurück. "Das Ministerium ist der Ansicht, dass das vorgezogene Abitur sehr wohl etwas bringt", sagt Pressesprecher Wolf-Jürgen Karle. Schließlich ließe sich die Zeit nicht nur zum Studieren nutzen, sondern auch für Praktika, Auslandserfahrungen, den Wehr- oder Zivildienst oder zum Geld verdienen. Zudem sei die Differenz der Studienanfänger zwischen Sommer- und Wintersemester in Rheinland-Pfalz geringer als in anderen Bundesländern. Ein ziemlich hoher Teil der Studienanfänger in Rheinland-Pfalz komme aus anderen Bundesländern und könne daher nur zum Wintersemester beginnen.

Fischer bleibt skeptisch: "Sinnvolle Praktika, die vielleicht auch noch bezahlt werden, gibt es viel zu wenig." Nicht zu vergessen seien auch Lehrer. Vor dem Abitur Anfang des Jahres litten sie unter "absoluter Doppelbelastung", müssten ihre Stunden-Zahl übererfüllen, im zweiten Teil des Halbjahres fielen dann viele Stunden weg. Die G8-Lösung in der Ganztagsschule, also das Abitur nach zwölf Jahren, sei seiner Ansicht nach die bessere Lösung. "Und die Tendenz, dies einzuführen ist ja nichts anderes, als in Sachen vorgezogenes Abitur wieder zurückzurudern."

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