Gesundheit Therapie von 4000 Behinderten in der Region ist in Gefahr

Trier · Das Sozialpädiatrische Zentrum in Trier meldet Insolvenz an. Vorwurf der Krankenkassen: Falschabrechnung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Versorgung der Patienten geht weiter.

 Das Sozialpädiatrische Zentrum Trier. In dem ehemaligen französischen Kasernengebäude im Trierer Stadtteil Euren werden Kinder und Jugendliche behandelt und betreut, die in ihrer Entwicklung eingeschränkt sind oder eine Behinderung haben.

Das Sozialpädiatrische Zentrum Trier. In dem ehemaligen französischen Kasernengebäude im Trierer Stadtteil Euren werden Kinder und Jugendliche behandelt und betreut, die in ihrer Entwicklung eingeschränkt sind oder eine Behinderung haben.

Foto: TV/Bernd Wientjes

Die Behandlung und Förderung von fast 4000 Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen ist in Gefahr. Das Zentrum für Sozialpädiatrie und Frühförderung (SPZ) in Trier mit Außenstellen in Bitburg, Daun, Hermeskeil, Prüm und Wittlich hat Insolvenzantrag in Eigenverantwortung gestellt. Das seit 1981 bestehende Zentrum soll saniert und restrukturiert fortgeführt werden.

Hintergrund des Insolvenzverfahrens sind nach TV-Recherchen Forderungen der Krankenkassen in Höhe von rund 800 000 Euro. Sie werfen dem SPZ vor, jahrelang Leistungen falsch abgerechnet zu haben. Konkret soll es darum gehen, dass die Kassen nur eine Diagnose zu Beginn der Therapie der Kinder und Jugendlichen zahlen. Das Zentrum soll aber im Verlauf der Behandlung weitere Diagnosen gestellt haben, um den Erfolg der Therapie zu dokumentieren. Diese zusätzlichen Leistungen wurden mit den Krankenkassen abgerechnet. Zu Unrecht, so lautet deren Vorwurf. Die Kassen haben für die Jahre von 2014 bis 2017 die ihrer Auffassung nach zu viel abgerechneten Leistungen zurückgefordert und seitdem die Zahlungen an das SPZ reduziert.

Mittlerweile ist auch die Trierer Staatsanwaltschaft mit dem Fall beschäftigt. Sie ermittelt wegen angeblicher Falschabrechnung. Anfang des Jahres hat es wohl auch Durchsuchungen in den Räumlichkeiten des Zentrums gegeben. Auch sind in der Sache mehrere Verfahren vor dem Trierer Sozialgericht anhängig, wie ein Sprecher unserer Zeitung bestätigt hat. Dabei geht es um Klagen von Kassen gegen das SPZ.

Nach TV-Informationen wurde in den vergangenen Wochen versucht, mit den Krankenkassen eine Einigung zu erzielen. Diese ist wohl gescheitert. Dadurch ist das SPZ in finanzielle Schieflage geraten, zum zweiten Mal nach 2012. Damals haben die Träger der Einrichtung, der Caritasverband für die Region Trier und die Lebenshilfen in Trier, Trier-Saarburg, Daun, Bitburg und Prüm, 500 000 Euro zur Rettung beigetragen.

Am Donnerstag wurde vom Amtsgericht Trier auf Antrag der SPZ-Geschäftsführung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zentrums eröffnet. Neben den 3800 Patienten sind 146 Arbeitsplätze davon betroffen. Das Unternehmen unterliegt nun der Aufsicht eines sogenannten Sachwalters. Diese Funktion übernimmt der Trierer Rechtsanwalt Jörg A. Wunderlich. Das Gericht hat einem Insolvenzverfahren in sogenannter Eigenverantwortung zugestimmt. Dieses Verfahren wird in der Regel dann angewandt, wenn externe Gründe für finanzielle Probleme eines Unternehmens verantwortlich sind, dieses aber in der Lage ist, seine Geschäfte fortzuführen.

Alle Patienten sollen ohne Einschränkungen weiterhin wie bisher behandelt werden, teilt die als Generalbevollmächtigte eingesetzte Rechtsanwältin Christine Frosch aus Trier mit. Sie leitet gemeinsam mit der SPZ-Geschäftsführerin Susanne Heicappell derzeit das Zentrum. Ziel sei, heißt es, alle Arbeitsplätze zu erhalten und das Zentrum umzustrukturieren, um die Kostenübernahme der Kassen auf eine sicherere Basis gestellt zu stellen.

Einen Hintergrund-Artikel zu dem Thema gibt es hier.

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