Älteste Triererin Geschenk zum 108. Geburtstag: die Impfung daheim

Trier-Süd · Aber erst mal wird Annemarie Zander, die älteste Triererin, am 12. Mai Corona-konform gefeiert. Die Gratulanten, darunter OB Leibe, kommen in Etappen. 

 Mit 108 Jahren älteste Triererin: Annemarie Zander, hier vor einem Bild, das ihr Vater Anton Propson (1888-1973) gemalt hat.

Mit 108 Jahren älteste Triererin: Annemarie Zander, hier vor einem Bild, das ihr Vater Anton Propson (1888-1973) gemalt hat.

Foto: Roland Morgen

Corona bestimmt auch das Leben von Annemarie Zander. Jetzt will sie erst recht nicht mehr raus aus ihrer Wohnung in Trier-Süd, in der sie seit 1952 lebt. Und deshalb ist sie auch noch nicht geimpft. „Wir müssten sie ja in ein Impfzentrum bringen. Das aber geht nicht, weil sie dann annehmen würde, in ein Heim abgeschoben zu werden. Und das will sie auf keinen Fall“, berichtet Tochter Waltraud Friedrich. Doch die Lösung ist in Sicht: „Nächste Woche kommt der Hausarzt zu ihr und impft sie.“

Ein passendes, wenn auch etwas verspätetes Geschenk zum 108. Geburtstag am 12. Mai. Der läuft streng Corona-konform ab. Die Verwandtschaft (neben ihrer Tochter drei Enkel und sechs Urenkel mit Anhang) kommt in Etappen; einziger nicht zur Familie gehörender Gratulant ist Oberbürgermeister Wolfram Leibe.

Wenn die Tagesform von Annemarie Zander, geborene Propson aus Trier-Pallien, es zulässt, dann hat sie viel zu erzählen. Sie war schon bei der Einweihung der Kaiser-Wilhelm-Brücke am 14. Oktober 1913 dabei: „Als Baby und gut verpackt auf Mutters Arm, weil bei dem großen Gedränge kein Platz für den Kinderwagen war.“

Mehr als ein Jahrhundert Stadtgeschichte hat sie bewusst erlebt, mitunter auch erlitten. Prägende eigene Erinnerungen hat sie an Bombenangriffe 1917 und 1944, an die Besatzungszeit nach dem Ersten Weltkrieg, den passiven Widerstand gegen die Franzosen. Corona vergleicht sie mit der Spanischen Grippe, die in ihrer Kindheitszeit grassierte. „Unvergesslich“ auch der Trier-Besuch von Reichspräsident Paul von Hindenburg am 11. Oktober 1930: „Ich sah einen würdigen, aber völlig übermüdet wirkenden Greis. 1933 war er nur noch eine Marionette.“

Im März jenes schicksalhaften Jahres absolvierte die im Dienst der Firma Lambert stehende Ex-Ursulinen-Schülerin die Gartengehilfen-Prüfung als einzige im weiten Trierer Land mit Sehr gut. Gartenarchitektin wurde sie dann doch nicht, sondern erst mal Sekretärin am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und dann Lohnbuchhalterin und „Fräulein vom Amt“ in der Paulinus-Druckerei. Dort lernte sie ihren Mann Claus Zander (1910-2000) kennen. Mit 40 sagte Annemarie Zander dem Berufsleben adieu, um sich ihrer großen Leidenschaft, Geschichtsforschung und Familienkunde, zu widmen. Die Frau, die ihren eigenen Stammbaum bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen kann, wurde Stammgast in Archiven, die Wohnung der Zanders in der Südstadt entwickelte sich zum Redaktionsbüro für das vom Verein Trierisch herausgegebene Neue Trierische Jahrbuch (NTJ). Schriftleiter von 1965 bis 1990 war Claus Zander, stets unterstützt von seiner „Annemie“. Die war da schon längst eine – auch vom TV immer wieder – gefragte Kennerin der Stadtgeschichte sowie der einflussreichsten Familien, Amtsträger und Künstler im Erzbistum und Kurfürstentum Trier.

Am 12. Mai 2021 möge sie gebührend gefeiert werden; dem Geschmack der Jubilarin entsprechend mit einem „guten Gläschen Moselwein, am liebsten lieblich“.

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