15. Hospiztag in Trier: Experte hält Vortrag über das Sterben

Trier · Der Soziologe Professor Reimer Gronemeyer von der Justus-Liebig-Universität Gießen hat beim 15. Trierer Hospiztag in seinem Vortrag "Abschied von der Hospizbewegung? Auf dem Weg zur palliativen Dienstleistung" einen kritischen Blick auf den Umgang mit Sterbenden geworfen. In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich tiefgreifende Veränderungen im Umgang mit dem Lebensende vollzogen, sagte Gronemeyer.


Medizin verdient am Sterben



"Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat eine Gesellschaft entschieden, Sterbende in Institutionen zu geben", sagte der Soziologe. Inzwischen sei das aber die Normalität. 80 Prozent der Menschen in Deutschland würden heute in Krankenhäusern oder Pflegeheimen sterben, es wünschten sich aber ebenfalls 80 Prozent der Menschen zu Hause sterben zu können.
Außerdem sei das Lebensende heute ohne medizinische Begleitung nicht mehr vorstellbar. Dritte Veränderung: Sterben sei der medizinisch lukrativste Lebensabschnitt. "Wir sind dabei, aus dem letzten Lebensabschnitt ein Industrieprodukt zu machen, ein technisches Projekt, das menschenleere Räume schafft." Dies habe für ihn persönlich "etwas Apokalyptisches."
Mit dieser Entwicklung müsse sich auch die Hospizbewegung auseinandersetzen, forderte Gronemeyer. Sie sei in den 1980er Jahren als "menschenfreundliches Gegenmodell zur Ratlosigkeit in den Krankenhäusern" entstanden.
Mit 80 000 Freiwilligen - der weit überwiegende Teil Frauen - sei sie die größte soziale Bewegung in Deutschland. Aber auch die Hospizbewegung habe Fehler gemacht. "Palliativmedizin und Hospizbewegung sind dabei, ein qualitätsorientiertes Sterben zu organisieren", kritisierte Gronemeyer. red

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