Diskussion TV-Forum in Trier: Kultur zwischen Pragmatismus und Träumen (Videos)

Trier · Wie soll’s weitergehen mit der Kultur in Trier? Zu diesem Thema haben Experten und 150 interessierte Zuhörer beim TV-Forum diskutiert.

Rund 150 Zuschauer interessieren sich am Dienstagabend für das Thema „Zukunft der Kultur in Trier“.  

Rund 150 Zuschauer interessieren sich am Dienstagabend für das Thema „Zukunft der Kultur in Trier“.  

Foto: Friedemann Vetter

„Theater, Exhaus, Tufa – die Zukunft der Kultur in Trier“ lautet der Titel der Veranstaltung, zu der am Dienstagabend rund 150 Zuhörer ins Tagungszentrum der Industrie- und Handelskammer (IHK) gekommen sind. Die Prognosen bewegen sich zwischen Pragmatismus und großen Plänen. Was wäre der Idealfall? Was ist Notwendigkeit? Und wo darf sich Kultur in diesem weiten Spannungsfeld einordnen? Theater, Exhaus und Tufa stehen vor allem deshalb im Mittelpunkt, weil sie die größten baulichen Problemfälle sind, die die Trierer Kulturszene derzeit beschäftigen (mehr zur freien Szene lesen Sie hier). IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer betont in seinem Grußwort die Wichtigkeit von Kultur für die Wirtschaft, TV-Chefredakteur Thomas Roth die für den Trierischen Volksfreund.

Dem Sanierungsbeschluss für das Theater hatte der Stadtrat schon zugestimmt, als die Hiobsbotschaft kam: Das Exhaus ist so baufällig, dass es auf unbestimmte Zeit geschlossen werden muss. Warum das so ist, zeigt ein Video von TV-Chefreporter Rainer Neubert, der den Abend gemeinsam mit TV-Lokalchef Marcus Hormes moderiert: ebenso seltene wie erschreckende Einblicke ins Innere der drei Gebäude – morsche Balken, uralte Technik und Schimmel inklusive.

Problemfall Exhaus  „Der Insolvenzplan war fertig, die Wiedereröffnung geplant – diese Nachricht war ein Keulenschlag“, sagt Cornelius Günther, Vorsitzender des Vereins Exzellenzhaus Trier. „Ein großes Unglück für die Stadt“, pflichtet Triers Kulturdezernent Thomas Schmitt bei. Noch wisse niemand, was die Sanierung kosten werde. Erst dann könne über Zuschüsse gesprochen werden. Schmitt: „Ich werde hier keine Zahl in den Raum werfen.“ Kann das Exhaus überhaupt erneut Anlaufstelle für junge Menschen und Kulturinteressierte werden, wenn es für mehrere Jahre geschlossen bleibt? „Es ist für uns eine gefährliche Situation, dass wir jetzt mehrere Jahre ohne unser Stammhaus leben müssen. Wir reden von Jugendkultur, die ist schnelllebiger, da kann sich in drei Jahren viel ändern.“ Laut Schmitt wurde die Stadt von der Situation im Exhaus böse überrascht: „Es gab zum Beispiel verdeckte Brandschäden, wo eine Rigipswand davorstand. Mir wurde gesagt, dass man es erst gesehen hat, als sie die Wände und Decken aufgemacht haben. Offensichtlich sind alle Holzbalken so faul, dass man sie austauschen muss.“ Eines macht Schmitt klar: „Bausubstanz verfallen zu lassen, kann keine Sparmaßnahme sein.“ In seiner letzten Sitzung (17. April) vor der Kommunalwahl diskutiert der Stadtrat über den Grundsatzbeschluss der Sanierung.

Problemfall Theater Die Sanierung des Drei-Sparten-Hauses ist mit rund 50 Millionen Euro veranschlagt. Intendant Manfred Langner gibt unumwunden zu: „Das Drei-Sparten-Theater ist der Grund, warum ich mich für Trier entschieden haben.“ Um die Struktur in ihrer jetzigen Form zu erhalten, „braucht es bestimmte Bedingungen, die durch die Sanierung erfüllt werden“. Eines sei aber auch klar: „Wir werden nicht im Luxus schwelgen, sondern schöne, machbare Sachen machen. Das Theater wird auch in Zukunft funktionieren, wenn die Infrastruktur da ist.“ Derzeit schlagen zwei Herzen in Langners Brust: Das eine freut sich über eine tolle Resonanz – in dieser Spielzeit waren es bisher 90 000 Zuschauer. Das andere hofft vor jeder Premiere, dass sie auch stattfinden kann. „Der bauliche Zustand ist für die Mitarbeiter schwierig. Die Premiere von Zorbas hätte fast ausfallen müssen, weil die Maschinerie nicht mehr ging. Die Bühnentechnik stammt aus einer Zeit, als man noch mit MS-Dos-Rechnern gearbeitet hat. Wenn das nicht mehr funktioniert, sind wir aufgeschmissen, dann kann man nichts mehr tun.“

Problemfall Tufa Gute Neuigkeiten gibt’s an diesem Abend für Klaus Reeh, den Vorsitzenden des Vereins Tuchfabrik Trier. Seine Sorge, der geplante Tufa-Anbau, der dem Theater als Interimsstandort dienen soll, könne hinterher längerfristig zum Zweitspielort des Theaters werden, erteilen sowohl Schmitt als auch Langner eine klare Absage. Schmitt: „Der Anbau wird so konzipiert, dass er dauerhaft für die Tufa zur Verfügung steht. Dieser Stadtratsbeschluss wurde mit großer Mehrheit gefasst.“ Bislang liege die Stadt im Zeitplan. „Wir haben mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) und dem Ministerium gesprochen. Gerade machen wir die offiziellen Unterlagen fertig und gehen davon aus, in vier bis sechs Wochen das Go zu bekommen, dass wir in den Architektenwettbewerb gehen können. Außerdem sind wird gerade dabei, die Parkplätze auf dem Tufa-Gelände zu kündigen.“ Reeh hofft indes auf ein Konzept, „das eine endoskopische Sanierung möglich macht. Wenn es ein dreijähriges Renovierungskoma gibt, dann ist der Laden tot.“

Den Blick von außen liefern Hermann Lewen (Gründer des Mosel Musikfestivals) und Ludwig von Auer (Professor der Universität Trier, Bereich Volkswirtschaft/Finanzwissenschaft). Während Lewen ein leidenschaftliches Plädoyer dafür hält, auch die anderen Kulturstätten wie Arena, Europahalle und Kaiserthermen nicht links liegen zu lassen, größer zu denken und etwas zu wagen, mahnt Finanzexperte von Auer an, die Ausgaben nicht aus den Augen zu verlieren: „Die Frage wird auftauchen: Wo kommt das Geld her? Darunter werden andere extrem wichtige Sachen naturgemäß leiden. Das darf man nicht vergessen.“ Er als externes Mitglied der Haushaltsstrukturkommission erst recht nicht. Apropos Finanzen: „Schauen Sie sich die ganzen wissenschaftlichen Untersuchungen an“, fordert Lewen, „jeder Euro, der in Kultur investiert wird, amortisiert sich 1:3. Zudem erzeugen Sie neben dem wirtschaftlichen Effekt auch noch Gänsehaut.“

150 Zuhörer verfolgen das TV-Forum zum Thema Theater, Tufa, Exhaus - Die Zukunft der Kultur in Trier
Foto: Friedemann Vetter
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Foto: Friedemann Vetter
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Foto: Friedemann Vetter

Ganz so groß träumen will Professor von Auer lieber nicht. „Das Zuhören war schön, aber geschluckt habe ich schon. Groß denken ja, aber hier steckt Steuergeld drin – und auch Geld von Leuten, die vielleicht ein anderes Interesse haben, als die Kultur ganz nach oben zu schieben.“

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