2000 Jahre Geschichte auf einem kleinen Stück Papier
Trier · Rund 600 Dokumente, verfasst im alten Ägypten vor mehr als 2000 Jahren, lagern im Archiv der Papyrologie an der Universität Trier. Bärbel Kramer ist eine der Ersten, die diese Texte untersuchen durfte. Ihre Faszination für die Zeugnisse jahrtausendealter Geschichte gibt die Papyrologie-Professorin an ihre Studenten weiter.
Trier. Mit Papyrologie - dem Umgang mit antiken Textdokumenten - hatte Bärbel Kramer zu Beginn ihres Studiums noch nicht viel am Hut. Damals, im Wintersemester 1966/67, studierte sie in Köln Klassische Philologie und Romanistik auf Lehramt und verschwendete keinen Gedanken an eine wissenschaftliche Karriere. "Ich habe nie gedacht, dass ich mal Professorin werde", erzählt Kramer in ihrem Büro an der Universität Trier, wo sie seit 1993 in der Abteilung für Ägyptologie, Alte Geschichte und Papyrologie tätig ist.
Menschen ganz nah
An den Wänden des Zimmers hängen Schränke voll mit in Glas gefassten, teils mehr als 2000 Jahre alten Schriften. Sie sind gefertigt aus Papyrus (siehe Extra), dem Schreibstoff der alten Ägypter: Briefe, Rechnungen, Dokumente oder literarische Werke aus längst vergangenen Zeiten.
Papyrologie, eine Spezialdisziplin der Klassischen Altertumswissenschaft, befasst sich in der Hauptsache mit Texten, die in Ägypten gefunden und zwischen 300 vor Christus bis 700 nach Christus auf Papyrus, Pergament oder Holztafeln verfasst wurden.
Als Kramers früherer Lateindozent, der auch für die Papyrologie in Köln zuständig war, ihr eine Promotion anbot, nahm sie ohne zu zögern an - auch wenn sie sich mit dieser speziellen Wissenschaft noch nicht wirklich auseinandergesetzt hatte. Doch die Begeisterung dafür war schnell entbrannt: "Das Faszinierende an der Papyrologie ist, dass man bei der Arbeit an einem neuen Dokument der Erste nach 2000 Jahren ist, der den Text in der Hand hält."
Nach ihrer Habilitation kam Bärbel Kramer Anfang der 1990er Jahre nach Trier und nahm dort die Professur in der Papyrologie an. Neben der Hochschule der Moselstadt bietet heute nur eine weitere Universität in Deutschland, die Universität Heidelberg, den Studiengang Papyrologie an. Die beiden Universitäten teilen sich eine 1982 gegründete Papyrussammlung, die ständig erweitert wird. In Trier befinden sich zurzeit mehr als 600 Papyri in griechischer, koptischer, hieratischer und demotischer Schrift. Sie bieten einen klaren Einblick in das Leben der Menschen aus einer früheren Zeit. Denn meist handelt es sich um Originale und nicht um abgeänderte Abschriften. "Man erhält einen unverfälschten Blick in den antiken Alltag und stellt fest, dass die Menschen vor 2000 Jahren nicht anders waren als wir."Extra
Die Sumpfpflanze, aus der die Papyri hergestellt wurden, hat zwar ihren Ursprung in Ägypten, wurde jedoch auch bis nach Trier exportiert, um Papyrus herzustellen. Papyrus war das gebräuchliche Schreibmaterial des antiken Mittelmeerraums und wird aus den Fasern der dort ansässigen Sumpfpflanze Cyperus Papyrus hergestellt. Das Papyruskartell, ein Zusammenschluss aus verschiedenen deutschen Unis, machte es sich bis 1914 zur Aufgabe, so viele Papyri wie möglich in Ägypten aufzukaufen und zu archivieren. Heute kann man kostenlos online beim deutschen Papyrusportal ( www.papyrusportal.de) die digitalisierten Versionen der gesammelten Papyri einsehen. amb