2020 Jahre: Happy Birthday Trier

TRIER. Experten sind sich einig: Trier wird heute 2020 Jahre alt. Am 23. September 17 vor Christus haben römische Ingenieure das Straßennetz der Augusta Treverorum, der "Stadt des Kaisers Augustus im Land der Treverer", bestimmt.

Anno 2003, im Jahr 19 nach der 2000-Jahr-Feier, wird in Deutschlands ältester Stadt laut über das nächste Jubiläum nachgedacht. "Nächstes Jahr wird Trier 2020", verkündet OB Helmut Schröer und erinnert an die ganzjährige 1984er Jubel-Orgie, an deren Erfolg er als damaliger Wirtschaftsdezernent maßgeblichen Anteil hatte. "Stimmt nicht", halten Experten dagegen. "Triers Geburtstag ist der 23. September 17 v. Chr.", sagt Klaus-Peter Goethert vom Fachbereich III Klassische Archäologie der Uni Trier - also vor heute genau 2020 Jahren. Der offiziellen 2000-Jahr-Feier lag das geschätzte Gründungs-Jahr 16. v. Chr. zugrunde. In jener Zeit bauten die römischen Eroberer die Vor-Vorgängerin der heutigen Römerbrücke über die Mosel. Goethert hingegen beruft sich auf neueste Forschungsergebnisse, die er in Zusammenarbeit mit dem Computerspezialisten Jörg Henerichs, Chef des Trierer Unternehmens H&S Virtuelle Welten, erzielt hat. Ingenieure warteten auf den Sonnenaufgang

Der Schlüssel zum Stadtgründungs-Datum ist demnach das wohl proportionierte und akkurat rechtwinklige Straßennetz des römischen Trier, das nicht einfach einem simplen Nord-Süd-Schema entspricht. Im Gegenteil. Wie Goethert und Henerichs belegten, ist die Straße auf den Sonnenaufgang am 23. September ausgelegt - an dem Tag, an dem Kaiser Augustus seinen Geburtstag feierte. Das Gründungsjahr liegt für Goethert deshalb auf der Hand: 17 v. Chr. fanden in Rom auf Anordnung des Kaisers die "ludi saeculares" statt, ein Jahrhundertfest, das vom 1. bis 12. Juni gefeiert wurde. Goethert: "Jahr und Tag stehen im Kalender der römischen Geschichte. Beides sind Festlichkeiten von höchstem Rang, somit gute Vorzeichen und im römischen Sinne ein ausgezeichneter Termin, um eine Stadt aus der Taufe zu heben und im wörtlichen Sinne zu gründen." Ob Augustus selbst das bedeutungsschwangere Gründungsdatum der Augusta Treverorum anordnete oder vielleicht sein Schwiegersohn und Generalstabschef Marcus Vipsanius Agrippa, lässt sich nicht mehr feststellen. Klare Vorstellungen hat Goethert jedoch von dem Geschehen in der Morgendämmerung heute vor 2020 Jahren: Ingenieure und Landvermesser standen mit ihren Gerätschaften am heutigen Viehmarkt - damals unbesiedelte Landschaft - und warteten auf den Sonnenaufgang über dem Petrisberg. Der Schattenwurf setzte im wahrsten Sinne des Wortes Maßstäbe: für die Ausrichtung des Forums als Zentrum der künftigen Stadt und ihr gesamtes Straßennetz unter Beachtung der Lehre des Pythagoras zum wohlproportionierten rechtwinkligen Dreieck. Die Ingenieure wohnten laut Goethert in der Nähe der Vermessungsstelle: "Sie waren in die Moseltalweite abkommandiert und hatten, wie beim römischen Militär üblich, ihre Unterkünfte in einem selbst angelegten Lager errichtet." Und wo waren die Treverer, deren Gebiet Julius Caesar mit seinem siegreichen Gallischen Krieg (58 bis 51 v. Chr.) dem römischen Imperium einverleibt hatte? "Die lebten in der Umgebung. Erst als die neue Stadt angelegt war, wurden sie mit Römern dort angesiedelt." Denkmal im Gespräch

Das gigantische Neubauprojekt vom Reißbrett entwickelte sich binnen weniger Generationen zur größten Stadt nördlich der Alpen, in der im späten 3. und 4. Jahrhundert mehrere Kaiser residierten. Grund genug, stolz auf Trier zu sein und, wie OB Schröer sagt, "mit den historischen Pfunden zu wuchern". Das wollen auch Goethert und Henerichs. Sie plädieren dafür, dem legendären Stadtgründer ein Denkmal zu setzen. Jörg Henerichs hat Augustus schon mal virtuell auferstehen lassen: "Als Vorbild dient die Statue des Augustus von der Via Labicana. Der Princeps trägt eine Tunika mit einer nach italischer Tradition über den Kopf gezogenen weiten Toga." Einschließlich Sockel käme der Pontifex Maximus auf gut drei Meter. OB Schröer findet den Gedanken zwar gut, mangels Finanzen und angesichts der schwierigen Standortfrage plädiert er "für eine zunächst einmal kleinere Lösung: eine Gedenkplatte, die im Boden eingelassen wird." Über deren Standort gibt es keinerlei Diskussionen. Die gehört auf den Viehmarkt, dorthin, wo vor 2020 Jahren alles begann und eine römische Straßenkreuzung im heutigen Pflaster nachgezeichnet ist. Dennoch bleibt Diskussionsstoff. Wann feiert Trier sein nächstes Stadtjubiläum? Mehr Infos zum Thema: www. trierzweitausendzwanzig.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort