50 000 Euro für 5300 Überstunden

TRIER. Mit 5300 nicht abgefeierten Überstunden ging der städtische Finanzcontroller Edgar Meyer im Juli 2004 in Ruhestand. Oberbürgermeister Helmut Schröer zahlte ihm einen Ausgleich von 50 000 Euro. "Zu Unrecht", sagt jetzt die ADD, von Konsequenzen sieht die Aufsichtsbehörde wegen der "Sondersituation" aber ab.

Edgar Meyer - ein äußerst gewissenhafter Beamter. Alle dienstlichen Aktivitäten protokollierte er säuberlich. Auch die Überstunden, die er ab 1990 als Leiter des städtischen Finanzcontrollings leistete. Bis 1998 hatte sich deren Zahl auf 6000 summiert. Als sich Meyer vor gut einem halben Jahr in den Ruhestand verabschiedete, standen immer noch 5300 Überstunden zu Buche. "Abfeiern" war nun nicht mehr möglich. Also einigten sich Meyer und sein Chef, OB Schröer, auf einen finanziellen Ausgleich. Die Stadtkasse überwies 50 000 Euro auf des Konto des Pensionärs, eine zweite Rate sollte in diesem Jahr folgen. Das wäre möglicherweise auch geräuschlos über die Bühne gegangen, hätte nicht SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger davon Wind bekommen und die Aufsichts- und Dienstleistungs-Direktion (ADD) auf den Plan gerufen hätte. Es sei "ein starkes Stück und indiskutabel, wie Schröer in Gutsherren-Manier hohe Summen hinter dem Rücken des Stadtrats ausgibt", so Jaeger zum TV . Seine Vermutung, da sei nicht alles rechtens zugegangen, hat die ADD inzwischen bestätigt. "Die kommunalaufsichtliche Prüfung der Zahlung hat ergeben, dass die Geldleistung nicht im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen steht", antwortet die ADD auf TV -Anfrage. Von Konsequenzen sieht die Aufsichtsbehörde jedoch ab. Grund: Bei Meyer liege eine personelle Sondersituation vor. Die hat Schröer herbeigeführt, indem er Meyers Überstunden anordnete: "Sein Job war mit normalem Arbeitspensum nicht zu bewältigen." Und Meyer war offenbar ein äußerst williger Beamter, der, wie Schröer feststellt, "mit unbändiger Energie an der Entwicklung des Trierer Modells der Modernisierung der Finanzverwaltung" mitgearbeitet und sie maßgeblich zum Erfolg geführt habe.Schröer: Jetzt bin ich schlauer

Wo andere Städte ganze Expertenstäbe aufböten oder "wie Ludwigshafen ein Gutachten für acht Millionen Euro erstellen lassen, von dem hinterher gar nichts umgesetzt wird", habe der "Finanzstratege" fast im Alleingang mit seinem innovativen Zins- und Schuldenmanagement der Stadt "mindestens 30 Millionen Euro" eingebracht. Alle anderen Alternativen zu Meyers außerordentlichem Engagement wie etwa die Einstellung zusätzlichen Personals wären laut Schröer vielfach teurer geworden als die geflossenen 50 000 Euro. Dass er den Stadtrat hinters Licht geführt habe, weist Schröer weit von sich: Das Geld stamme aus seinem laufenden Dezernatsbudget, "das der Rat ja beschlossen hat. Deshalb brauche ich keinen weiteren Beschluss". Was die rechtliche Seite anbetrifft: "Wir haben das Beamtengesetz anders ausgelegt als die ADD." Konkret geht es um die Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung. Die sieht Zahlungen nur vor bei "Dienst zur Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und termingebundenen Ergebnisses", etwa - wie in Trier bereits mehrfach praktiziert - bei Feuerwehrbeamten. Von der ADD zart gerüffelt, räumt der OB nun ein, "einen Fehler gemacht" zu haben, den er kein zweites Mal begehen werde: "Jetzt weiß ich, dass es bei dieser Lösung ein formales Problem gibt." Dass er den Rat nicht wenigstens informiert hat, sieht Schröer inzwischen als Versäumnis an: "Jetzt würde ich das auf jeden Fall machen." Die Gelegenheit dazu bietet sich bald. In der nächsten Sitzung (24. Februar) will er der Aufforderung der ADD nachkommen und den Stadtrat unterrichten. Weitere ADD-Forderungen stehen nicht im Raum, nachdem der Verwaltungschef versichert hat, es werde keine weitere Zahlung an Meyer geben. Wie es nun in der Sache weitergeht, liegt beim Stadtrat. Jaeger behält sich weitere Schritte vor: "Ich mache Meyer keinen Vorwurf und denke, dass er einen Bonus verdient hat. Aber nicht auf diese Tour und am Rat vorbei. Hier geht es ums Prinzip." Er will nun abwarten, was Schröer sagt und die ausführliche rechtliche ADD-Stellungnahme sehen. Gerd Dahm (Grüne) ist ebenfalls sehr gespannt: "Uns erscheint das Gebaren des Oberbürgermeisters nicht seriös. Wir sehen erheblichen Klärungs- und Handlungsbedarf." Ebenso die FDP: "Wir wünschen uns eine ordentliche Information. Die Karten müssen auf den Tisch", fordert Karl-Josef Gilles für die Liberalen. UBM-Chef Maximini sieht neben dem formalen Fehler Schröers ein weiteres Problem: "Es ist nicht akzeptabel, dass so viele Überstunden aufgelaufen sind. In der freien Wirtschaft wären die längst verfallen." CDU-Fraktionschef Bertrand Adams stärkt seinem Parteifreund Schröer den Rücken: "Er hat im Grunde richtig gehandelt und einen Leistungsträger machen lassen, was nötig war. Alle anderen Lösungen wären viel teurer geworden."

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