60 Rechtsradikale, Hunderte Polizisten und 400 Gegendemonstranten

Trier · Für rund fünf Stunden hat sich Trier am Samstag teilweise in eine Geisterstadt verwandelt. Hauptverkehrsadern wurden wegen einer NPD-Demonstration weiträumig gesperrt. Zwar explodierten am Simeonstiftplatz einige Feuerwerkskörper, als sich NPD und Gegendemonstranten gegenüberstanden, große Zwischenfälle blieben jedoch aus. Die Polizei nahm zwei Demonstranten fest.

Trier. "Boom!", ein dumpfes Knallen schallt über den Simeonstiftplatz, Rauch steigt auf. Der Feuerwerkskörper kommt aus den Reihen der Gegendemonstranten und landet, ohne Schaden anzurichten, in der Pufferzone zwischen den politischen Gegnern.
Die Stimmung brodelt, ein Aufgebot von Hunderten von Polizisten in Kampfmontur sorgt in der Pufferzone für Ordnung und Sicherheit. Die stundenlangen Redeparolen der 60-köpfigen NPD-Versammlung auf dem Simeonstiftplatz gehen im lautstarken Protest der 400 Gegendemonstranten unter. Fäuste, Mittelfinger, Fahnen und Transparente werden in die Luft gestreckt, um den NPDlern klarzumachen: "Trier braucht dich und keine Nazis" - denn so lautet das Motto der vom Bündnis gegen Rechts initiierten Gegenveranstaltung, die gegen 13 Uhr am Porta-Nigra-Vorplatz ihren Anfang nimmt. Dort erinnert Eileen Becker vom multikulturellen Zentrum an die Übergriffe von Rechtsradikalen in Trier, während Frederik Bornhofen vom Schülerverband der Katholischen Studierenden Jugend gegen Gewalt und für Solidarität referiert.
Dass die NPD-Anhänger vom Hauptbahnhof in die Innenstadt marschieren durften, hatte sich erst am Freitagabend entschieden. Ursprünglich lehnte die Stadt den Marsch wegen mangelnder Anzahl von Polizeikräften ab. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hob die Entscheidung im Eilverfahren auf und gestattete den Marsch.
Strafanzeigen gegen Anwohner


Gegen 17.30 Uhr machte sich der NPD-Tross wieder Richtung Bahnhof auf. Pech hatten Anwohner in der Theodor-Heuss-Allee. Sie schrien Stadtratsmitglied Safet Babic Beleidigungen zu. Babic ließ es sich nicht nehmen, Strafanzeige gegen die Anwohner zu erstatten und so lange vor deren Haus zu verweilen, bis deren Personalien aufgenommen waren.
Während der Kundgebung nahm die Polizei einen Mann fest, der aus der NPD-Gruppe heraus auf einen NPD-Redner losgegangen war. Dabei soll es sich um einen linken Aktivisten gehandelt haben, der sich unerkannt unter den NPD-Tross gemischt hatte. Kurze Zeit später nahm die Polizei einen betrunkenen Gegendemonstranten fest, der eine Scheibe eingeschlagen hatte.
Nach Polizeiangaben wurden während der rund fünf Stunden dauernden Veranstaltung drei Platzverweise erteilt. Zwei Demonstranten wurden wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz vorläufig festgenommen. Insgesamt gab es am Samstag elf Strafanzeigen, unter anderem wegen Vermummung, Abfeuern von Böllern, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. MRA

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