Ab Juli bleiben die Türen geschlossen "Ich war heute wirklich den Tränen nahe"

Paradiesische Zustände herrschen an der Geschwister-Scholl-Hauptschule: zehn Lehrer unterrichten 63 Schüler. Doch in etwa einem Monat ist damit Schluss. Wenn Schulleiter Hans-Rüdiger Barbian am 10. Juli, dem letzten Schultag vor den Sommerferien, den Schlüssel im Schloss herumdreht, bleiben die Türen der Hauptschule für immer zu. Nach fast 50 Jahren Schulgeschichte kommt das Aus. Das Ende für die Geschwister-Scholl-Hauptschule war wegen des Schülermangels der einzige Weg. Trotzdem erfüllt Schüler, Eltern, Lehrer das Aus mit Trauer.

 Der letzte Ton ist verklungen, die Penne macht dicht: Geschwister-Scholl-Hauptschüler singen eine letzte Moritat. TV-Foto: Cordula Fischer

Der letzte Ton ist verklungen, die Penne macht dicht: Geschwister-Scholl-Hauptschüler singen eine letzte Moritat. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier-Nord. Wiederholung der Ereignisse: Bereits 1996/97 drohte der Geschwister-Scholl-Hauptschule die Schließung. Die Schulgemeinschaft ging auf die Straße, und der Stadtvorstand verständigte sich auf einen Aufschub. Ein solches Moratorium gibt es 13 Jahre später nicht. Die ADD hat Anfang des Jahres angesichts des stetigen Schülerschwunds das Ende angeordnet und verkündet, der Stadtrat - mit Ausnahme der Grünen - stimmte zu (der TV berichtete).

Diese Nachricht "hat sich lähmend auf das Schulleben ausgewirkt", sagt Noch-Schulleiter Hans-Rüdiger Barbian. Mehrere Eltern haben ihre Kinder sofort abgemeldet. Als Barbian 2000 an die Hauptschule kam, besuchten sie 230 Schüler, 2008 waren es noch 110, 63 sind es einen Monat vor Auflösung. "Es war zwar abzusehen, dass die Schließung kommt, aber wir hatten die Hoffnung, wenigstens noch nächstes Jahr hier im Haus zu sein. Jetzt wird die Schule abgewickelt. Wenn die Zeugnisse ausgeteilt sind, ist hier Ende."

1960 noch als Volksschule St. Martin eingeweiht, bezogen 700 Schüler das neu errichtete Gebäude im Maarviertel, das nach damaligen Vorstellungen eine "freundliche, saubere und übersichtliche Atmosphäre" ausstrahlte und nach damaligen Standards und Erkenntnissen als Triers modernster Schulbau galt. Es war das neunte Schulhaus seit 1945 und das zweite im Jahr 1960, das entstand. Die Geschwister-Scholl-Hauptschule, die diesen Namen seit 1971 trägt, richtete als zweite Einrichtung vor acht Jahren die Schulsozialarbeit ein, als erste Schule hat die GSH ein Schulentwicklungskonzept erarbeitet, das Kinder von Klasse fünf bis neun begleitete, es gab eine Arbeitsweltklasse, die Vermittlungszahlen der Schulabgänger in Ausbildung und Beruf konnten sich sehen lassen: Über zwei Drittel aller Schüler waren bei der Lehrstellensuche erfolgreich. Fast 50 Jahre Schulhistorie sind ab Juli Geschichte. Deshalb hatte das vorgezogene Schulfest zum Halb-Jahrhundert-Jubiläum auch den Beigeschmack einer Trauerfeier: an Kuchenbüffet und Grillstation gab es den Leichenschmaus, im Schulchor betätigten sich Kinder und Jugendliche als Moritatensänger, Wortbeiträge glichen Trauerreden, Schüler, Lehrer, Eltern und Ehemalige trugen ihre Schule zu Grabe, nur Schuldezernent Ulrich Holkenbrink fehlte, trotz Zusage.

"Es war eine Schule, die in der Stadt gelebt hat", sagt Barbian. Er selbst wird - wie sein Kollege Wolfgang Kiefer - mit einer kompletten Klasse an die Cusanus-Hauptschule auf den Wolfsberg übersiedeln, die restlichen Schüler besuchen Hauptschulen ihrer Wahl. Das Schulhaus selbst werde Berufsschülern während der Sanierung des J-Gebäudes vorübergehend Unterkunft bieten. Was danach passiert, ob die benachbarte Martin-Grundschule nach Wunsch durch einen Umzug ihre Platzprobleme lösen kann, ist Zukunftsmusik. Trier. (cofi) Schulleiter Hans-Rüdiger Barbian: "Wir haben in diese Schule viel investiert. Das Kollegium war ein eingeschworener Haufen, meine Mitarbeiter haben mir den Rücken frei gehalten. Die Ideen, die hier entwickelt wurden, werden sich mit ihnen verteilen. Jeder Lehrer kannte jeden Schüler, es gab direkten Kontakt zu den Eltern. Die größte Klasse zählte 16 Schüler. Die ADD hat zugesagt, dass alle Kollegen weiter beschäftigt werden. Das war das Entscheidende für mich."

Christian Gerteis, seit 2003 Konrektor und kommissarischer Schulleiter der Martin-Grundschule: "Die Geschwister-Scholl-Hauptschule war eine Stadtteilschule. Hier wurden Wertschätzung, Respekt und soziales Lernen gelebt. Genau so ist es an der Martin-Grundschule. Es würde Sinn machen, in dieses Gebäude einzuziehen, nachdem hier gründlich saniert wurde."

Wolfgang Kiefer, Musiklehrer, übersiedelt mit einer Klasse zur Cusanus-Hauptschule: "Ich war über 20 Jahre an dieser Schule und hatte gehofft, hier in Rente gehen zu können. Es war eine besondere familiäre Atmosphäre, die im Kollegium, aber auch zu Schülern und Eltern herrschte."

Hans-Richard Günther, ehemaliger Schulleiter der Geschwister-Scholl-Hauptschule: "Es tut schon sehr weh. Diese Schule ist ein Juwel in der Stadt mit den Grünanlagen und den gut ausgestatteten Fachräumen. Als Lehrer war man in der glücklichen Lage, dass man jeden Schüler gekannt hat, ob man ihn unterrichtet hat oder nicht."

Lehrer Helmut Bamberg hat 23 Jahre lang unterrichtet: "Es ist schade, dass die Schulgemeinschaft zerrissen wird und die Schüler in verschiedene Systeme kommen. Aber vielleicht ist das auch eine Chance für die Martin-Grundschule."

Birgit Zirbes, Schulsekretärin von 2005 bis 2008 : "Ich bin total traurig, dass eine Einrichtung wie diese geschlossen wird. Es ist bei den Schülerzahlen verständlich, aber es ist ein Stück Geschichte, das für das Viertel zu Ende geht."

Marina Kreid, Elternsprecherin: "Ich war heute wirklich den Tränen nahe. Es ist traurig, das Schluss ist. Wir und unsere Kinder waren sehr zufrieden mit der Schule und den Lehrern. Die haben viel für die Kinder getan, mit ihnen konnte man reden."

Whitney Williams, Blerina Xhakolli, Schülerinnen der 9 a: "Wir waren eine große Gemeinschaft an einer kleinen Schule. Das war das Besondere. Auch wenn wir heute ein Fest feiern, ist es ein trauriger Tag."

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