Grün in der Stadt Abgeholzt: Warum die Trauerweide in der Trierer Speestraße weichen musste

Trier · Wer die Speestraße kennt, kennt wahrscheinlich auch die große Trauerweide, die das Bild der Kreuzung mit der Gilbertstraße prägt. Dieser Baum ist am Donnerstagmittag gefällt worden. Das sorgt für starke Kritik – aber auch für Verständnis.

Abgeholzt: Die Trauerweide in der Trierer Speestraße ist weg
Foto: Benedikt Laubert

Auf Facebook sorgte die Aktion für starke Kritik, aber auch für Verständnis, nachdem Anwohner durch ein Video des TV und durch private Facebook-Nachrichten von der Fällung erfahren hatten. Der Baum steht auf privatem Grund. Da die Stadt Trier keine Baumsatzung hat, ist es in erster Linie die Entscheidung des Grundstückbesitzers, welcher Baum stehen bleibt und welcher gefällt wird. Der Besitzer Manfred Schöneberger sagt: „Ich hätte die Trauerweide eigentlich lieber stehen lassen.“ Aber sie sei zu groß für den kleinen Vorgarten. Jedes Jahr müsse er die Weide stark zurückschneiden lassen, um sicherzustellen, dass ihre Äste nicht über den Gehweg oder die Straße ragten. Bei einem Unfall durch einen herabfallenden Ast hafte er. Das Zurückschneiden durch eine Spezialfirma koste je nach Umfang etwa 2800 Euro pro Einsatz.

Im Mai 2018 war ein zehnjähriges Mädchen durch eine umstürzende Eiche am Wildgehege im Weiß­hauswald verletzt worden (der TV berichtete). Ein Gutachten war danach zu dem Schluss gekommen, dass die Stadt Trier nicht für den Unfall hafte. Die etwa 80 Jahre alte Eiche war erst wenige Monate vor dem Unfall von Baumkontrolleuren im Auftrag der Stadt untersucht und für standfest erklärt worden. Laut Gutachten war dem Baum seine Krankheit nicht anzusehen. Die Eltern hatten Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens durch die Trierer Staatsanwaltschaft eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz untersuchte den Fall daraufhin und stellte auch dieses Verfahren ein, weil sie kein Fehlverhalten der Stadt feststellen konnte, wie die Behörde dem TV bestätigte.

Grundstücksbesitzer Schöneberger hat nach eigenen Angaben ein Gutachten zur Sicherheit des Baums in der Speestraße in Auftrag gegeben. Das sei zu dem Ergebnis gekommen, dass zwar die Standsicherheit des Baums gewährleistet sei, dass er aber immer wieder stark zurückgeschnitten werden müsse, wenn er nicht über den Gehweg ragen solle.

Welche Bäume bleiben müssen und welche gefällt werden dürfen, regelt das Bundesnaturschutzgesetz. Laut dem ist es verboten, „Bäume (...) in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September (...) zu beseitigen“. Das gilt aber nur für Bäume, die außerhalb von „gärtnerisch genutzten Grundflächen“ stehen – also nicht für die betroffene Weide.

Abgeholzt: Die Trauerweide in der Trierer Speestraße ist weg
Foto: Benedikt Laubert

Das Grünflächenamt muss nicht über die Fällung eines alten Baums auf Privatgelände vorab informiert werden, wie die Stadt auf Nachfrage mitteilt. Eine Ausnahme stellten Naturdenkmäler dar. Allerdings müsse beim Fällen des Baumes darauf geachtet werden, dass keine besonders geschützten Tiere, etwa Vögel oder Fledermäuse, im Baum nisten oder beim Nestbau sind. Die Verwaltung bedauert den Verlust vor allem alter Stadtbäume, wie sie mitteilt. Die Bäume hätten „nicht nur einen sehr hohen Wert für das Stadtklima und die Ökologie, sondern prägen darüber hinaus auch das Stadtbild und verschönern Straßenzüge.“

Im Trierer Stadtrat hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen immer wieder eine sogenannte Baumschutzsatzung gefordert. Mit einer solchen Satzung können Städte und Gemeinden festlegen, unter welchen Bedingungen Grundstückseigentümer Bäume auf ihren eigenen Grundstücken fällen – oder eben nicht fällen dürfen. Bislang fand der Vorschlag keine Mehrheit im Stadtrat. Trier kann deshalb nur festlegen, wie mit Bäumen auf öffentlichen Flächen verfahren wird.

Abgeholzt: Die Trauerweide in der Trierer Speestraße ist weg
Foto: Benedikt Laubert

Wie alt der Baum in der Trierer Speestraße ist, ist nicht bekannt. Der Vermieter vermutet, dass er kurz nach Bau des Hauses im Jahr 1904 gepflanzt worden sein könnte. Er will an die Stelle, an der die alte Weide stand, wahrscheinlich einen Obstbaum pflanzen, den man bei Bedarf auch ohne Spezialfirma selbst zurückschneiden könne.

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