Abschied vom "Brückenbauer"

TRIER. Kommunionswochenende im Schatten päpstlichen Leidens und im Licht der Erlösung: In den katholischen Kirchengemeinden widmen die Pfarrer ihre Messen Johannes Paul II. Nach seinem Tod in der Samstagnacht strömten Hunderte zum Dom. Die Bischofsstadt nimmt still Abschied.

Freitag, 19 Uhr: Die Medien melden seit Stunden, der Papst liege im Sterben. Eine Schar Gläubige verlässt die Pilgerkirche von St. Matthias. "Nicht ungewöhnlich viele", bemerkt Bruder Augustinus Jünemann aus dem Konvent. Man habe dem Pontifex ein besonderes Gebet gewidmet. "Wenn die Stunde gekommen ist, gibt es keinen Plan", sagt der Mönch. Nur die Glocken würden geläutet, hier in St. Matthias und auch im Dom. "Wir können nur beten"

Ein paar hundert Meter weiter steht ein Grüppchen Menschen auf der Straße, spricht mit Kommunalpolitiker Gilbert Felten über die Ereignisse. Es wird langsam dunkel. "Wir können nur beten, dass es schnell geht", sagt eine Frau. Ihre Gebete werden nicht erhört. Eine lange Nacht und einen halben Tag später im Dom. Es ist Samstag, 16.30 Uhr – ein scheinbar normaler sonniger Tag, die üblichen Touristenscharen ziehen durch die Kirche. Nur ein Meer von Kerzen erinnert an die schweren Stunden des Kirchenführers. Ein Mönch trägt ein Bild des Papstes herein, das später Trauer tragen soll. Eine Stunde danach in St. Paulin: Die Heilige Messe. Pastor Josef Mettel, der Dechant aller Trierer Gemeinden, tritt vor über hundert Gläubige. Er erinnert an die Lücke, die das Kirchenoberhaupt hinterlässt. Zum letzten Mal wird er Johannes Paul II heute im Hochgebet nennen dürfen. Sonnenstrahlen werfen ihr Licht durch die großen Fenster, als der Priester vom Papst als "Pontifex Maximus" spricht, dem "obersten Brückenbauer". Alle Ehre habe er dem Namen gemacht, Brücken zu Orts- und Teilkirchen geschlagen, in teils gefährlichen Pastoralreisen zu Menschen in allen Ländern, zur Jugend. "Er hat mehr junge Menschen versammelt, als je ein Staatsmann oder Star vereint hätte", sagt Mettel über den Initiator des Weltjugendtags. Viele alte Leute sind es, die hier mit ihm den Blick senken. Mit seiner Pilgerreise ins Heilige Land und der Bitte um Vergebung für alle von der Kirche begangenen Fehler, habe er Tabus gebrochen, mit seinem unerschrockenen Einsatz für die Demokratiebewegung in Polen Weltpolitik mitgeschrieben. "Er hat George Bush genauso wie Fidel Castro in die Mangel genommen. An ihm konnte man sich reiben", betont der Trierer Dechant. "Geradlinig, kein Populist und für Katholiken in vielfacher Weise ein Vorbild" bleibe dieser Papst. Er spricht von Liebenswürdigkeit, Pietät und Menschenfreundlichkeit als päpstliche Eigenschaften, des Johannes Paul II. In seiner stummen Osterbotschaft, habe er doch viel gesagt: "Ich bin bei euch bis zum letzten Atemzug", hat Mettel in den "Tränen und Gesten" gelesen. "Möge Gott den großen Brückenbauer unserer Zeit belohnen. In deine Hände sei Anfang und Ende gelegt", betet der Pfarrer. Zwei Stunden später, um 21.37 Uhr, stirbt der Papst. Kurz nach 22 Uhr läuten die Glocken. Nur eine kurze Andacht vor etwa 20 Katholiken halten die Mönche in St. Matthias, doch im Dom versammeln sich Hunderte: Der Bischof betet den Rosenkranz. Menschen kommen und gehen, viele sind jung. Ernste Gesichter, die vereinzelt Tränen tragen, blicken auf das Trauer umflorte Bild des Karol Wojtyla vorne vor der Kanzel. Daneben Jesus am hölzernen Kreuz – als Erinnerung an das aus Leid erwachsene ewige Leben.

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