Abschied von Barbiere Petrini

Ein Name, der wie Musik klingt: Dino Petrini. Dieser Name stand mehr als 40 Jahre über dem Damen- und Herrensalon in der Saarstraße. Diese Ära ist nun zu Ende. Der 68-jährige Friseurmeister mit italienischen Wurzeln hat sein Geschäft für immer geschlossen.

 Der letzte Kunde ist frisiert: In einem Fotobuch sind Erinnerungen an den Friseursalon von Dino Petrini archiviert. Nach mehr als 40 Jahren hat er sein Geschäft für immer geschlossen. TV-Foto: Cordula Fischer

Der letzte Kunde ist frisiert: In einem Fotobuch sind Erinnerungen an den Friseursalon von Dino Petrini archiviert. Nach mehr als 40 Jahren hat er sein Geschäft für immer geschlossen. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier-Süd. An seinen ersten Kunden im eigenen Salon kann sich Barbiere Dino Petrini nicht mehr erinnern. An seinen letzten schon: Romeo - ein Landsmann. Die letzten Haarspitzen, die er mit seiner Schere stutzte und die auf den Boden des Geschäfts in der Saarstraße fielen, waren italienische. Als der Schnitt saß, öffneten Dino, seine Frau Ursula und Romeo eine Flasche Sekt, ein Paket von einer der Töchter und feierten Abschied. Dann drehte Dino Petrini das letzte Mal den Schlüssel im Schloss herum. "Von Anfang an war mein Friseursalon nicht nur ein Ort, wo die Haare geschnitten wurden", sagt Petrini. "Alle Nachbarn in der Saarstraße haben es bedauert, dass ich schließe. Aber irgendwann muss Schluss sein."

1964 hat Pietro Dino Guido Petrini seine Heimat verlassen. Als Gastarbeiter kam er aus San Benedetto del Tronto mit einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag nach Deutschland. Man könne hier gut Geld verdienen, hatte er von zurückgekehrten Bekannten gehört. Damit könne er sich später in der Heimat eine Existenz aufbauen, habe er gedacht. Doch Petrini blieb. "Die Politiker hatten übersehen, dass nicht nur Arbeitskräfte kamen, sondern Menschen mit Gefühlen, und dass sich zwischenmenschliche Beziehungen entwickeln könnten." Einmal in Trier - er arbeitete in seinem erlernten Beruf in einem Salon in der Neustraße - lernte er seine spätere Frau kennen, drückte noch einmal die Schulbank, lernte für den Meistertitel. Keine einfache Zeit - als Fremder in einem fremden Land, denken, reden und büffeln in einer fremden Sprache. 1969 hatte er seinen Meisterbrief in Händen, ein halbes Jahr später heirateten er und Ursula, und schließlich hatte er seinen eigenen Laden.

Dino Petrini hat in Trier Wurzeln geschlagen. Mit seiner Frau lebt er immer noch zusammen. Und nicht nur das. Soziales Engagement ist ihm wichtig. "Mein Salon war immer auch Anlaufstelle für Landsleute, die Probleme hatten und mich um Rat fragten." Er half bei der Wohnungssuche, beim Umgang mit Behörden, gab Hinweise zur Arbeitsplatzsuche und Hilfestellung bei sprachlichen Problemen. Sogar die italienische katholische Mission in Koblenz und ein Sozialarbeiter des Caritasverbands, der für italienische Immigranten zuständig war, wandten sich an Petrini. Und seine Dienste waren sogar beim Italienischen Generalkonsulat Frankfurt gefragt: Er war als konsularischer Korrespondent behilflich bei Passangelegenheiten und Formalitäten.

Seine drei Kinder und drei Enkelkinder leben mittlerweile in anderen Städten, das Geschäft ist geschlossen - jetzt könnte Petrini wieder zurück nach Italien gehen. Will er aber nicht. "Dort wäre ich jetzt wie ein Fremder - wie vor 50 Jahren hier. Dann wäre ich noch einmal entwurzelt." Lieber pflegt er die italienische Lebensart in Trier, steht am Herd, kocht Pasta. Sein Geheimrezept: so wenig Zutaten wie möglich - Hackfleisch, Tomaten, Salz, Pfeffer - mehr braucht ein guter Sugo nicht. Aber auch deutsche Kost - mit mediterranen Einflüssen - kommt auf den Tisch. Nur an Sauerkraut und Rotkohl kann er sich nicht gewöhnen.

Italiener ist er geblieben. Und Mitglied in der Ascoli-Piceno-Gesellschaft. Von Zeit zu Zeit reist er in seine alte Heimat, ein Nachbarort von Ascoli. Aber in seiner neuen Heimat bleibt er zu Hause, hier sind seine Freunde und neuen Wurzeln.

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