Absurde Werke des Kurzfilmgenres

TRIER. Kritisches Filmgut präsentierte das "Lost Film Festival" mit Scott Beibin im ausverkauften Broadway-Kino und lüftete damit den Schleier einer illusionären Medienwirklichkeit.

Mehr als seine digitalen Videos braucht das Multi-Talent aus Philadelphia nicht, um das Publikum weltweit zu seinen Vorführungen zu locken. Der Leiter des alternativen "Lost Film Festivals" zeigt satirische, komische und absurde Werke des Kurzfilmgenres, die bewusst mit dem Charme des Amateurhaften spielen.Spontane Stimmungen

Nach Art eines Disc-Jockeys folgt er in seiner Filmauswahl spontan den Stimmungen und Vorlieben im Raum, mischt die Themenpalette allabendlich neu. Doch stets leuchtet seine persönliche Motivation auf, sich für die Meinungsfreiheit stark zu machen. "Wir fördern Filme, die mit der Illusion brechen, die CNN und Hollywood verbreiten", betonte Beibin.Entlarvung heißt das Mittel. Damit kämpft die "mediale Guerilla", wie Beibin die unangepassten Filmschaffenden bezeichnet. Dazu gehört, sich mit möglichst unglaubwürdigen Geschichten als Gast in der Krawall-Talk-Show "Jerry Springer" zu bewerben oder einen Globalisierungsgegner als vermeintlichen Abgesandten der Welthandelsorganisation in eine internationale Konferenz zu schleusen und mit versteckter Kamera zu beobachten.Die Geburtsstunde des unkonventionellen Wanderfestivals fällt nicht zufällig mit den ersten großen Protesten gegen die Welthandelsorganisation im Jahre 1999 in Seattle zusammen. Scott Beibin legt den Finger in die Wunden einer neo-liberalen Gesellschaftsordnung, in der der Kommerz Vorherrschaft über Politik und Medien gewonnen hat. Auch wenn dabei linke Kritik mitschwingt, ideologisch lässt sich Beibin nicht festlegen. "Ich versuche lediglich als Bürger aktiv zu sein und mich einzumischen", meint er.Erbarmungslose Abrechnung

In mehreren Filmbeiträgen der Trierer Selektion wurde erbarmungslos mit der Außenpolitik der Bush-Administration abgerechnet. In dem Satiriker und Dokumentarregisseur Michael Moore sieht Beibin einen Mitstreiter, den er sehr respektiert. Dass dessen Bücher seit Wochen in deutschen Bestsellerlisten rangieren, nahm er mit freudigem Staunen zur Kenntnis.Den Mund halten kann und will der umtriebige Filmemacher ebenfalls nicht: "Ich habe euch viel zu erzählen", verkündete er auch dem überwiegend studentischen Trierer Publikum. Wenn er nicht gerade die Bilder für sich sprechen ließ, führte er mit unterhaltsamen Anekdoten durch das dreistündige Programm, so dass es trotz der politisch aufgeladenen Thematik viel zu lachen gab. Dass Humor sowieso die beste Waffe sei, haben die Filmemacher, mit deren Werken im Koffer Scott Beibin in den nächsten Monaten durch Europa zieht, längst verstanden.

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