Kommunalwahl Acht Fraktionen auf dem Sprung in den Kreistag

Trier/Konz/Saarburg/Hermeskeil · Die Grünen legen laut dem Trendergebnis deutlich zu, denn sie könnten die Zahl ihrer Sitze verdoppeln. CDU, SPD und FWG verlieren. Dabei stellen die Wähler einen neuen Rekord auf.

 Berge von Briefen: Im Kreishaus zählen 170 Wahlhelfer die Briefwahl aus.

Berge von Briefen: Im Kreishaus zählen 170 Wahlhelfer die Briefwahl aus.

Foto: Friedemann Vetter

Detlef Schmitz zählt seit vielen Jahren Wählerstimmen im Kreistag aus, aber so etwas hat der 55-Jährige aus Kell am See noch nicht erlebt. Seit 14 Uhr bereitet er die Briefe für die Europawahl zur Auszählung vor. 1780 Wahlbriefe liegen auf dem Tisch. „Jetzt haben wir noch 100 dazu bekommen. Meinen Tisch habe ich bisher noch gar nicht verlassen können.“ Da ist es bereits 17.30 Uhr. Schade um das schöne Suppenbüfett, das draußen im Flur für die 170 Wahlhelfer aufgebaut ist.

Viel Zeit zum Essen haben sie alle nicht, denn die Beteiligung an der Briefwahl hat im Kreis Trier-Saarburg einen neuen Rekord erreicht. 37 000 Stimmzettel müssen an diesem Abend ausgezählt werden. 10 000 mehr als noch bei der Kommunalwahl 2014. Das heißt für jeden der 20 Wahlvorstände rund 2000 Briefe öffnen und erst einmal kontrollieren, ob alles richtig ausgefüllt wurde.

Der 34-jährige Stefan Baldy aus Hermeskeil führt zwar erst zum zweiten Mal den Vorsitz bei seinem insgesamt achtköpfigen Wahlvorstand. Doch er passt auf wie ein Luchs, denn „manchmal liegt ein falscher Wahlschein im Brief, manchmal ist der Wahlschein nicht unterschrieben, oder der Wahlschein ist überhaupt nicht im Brief drin.“ Etwa 70 Briefe haben sie bereits aussortiert. Die Stimmen sind leider verloren. Sie gelten als nicht abgegeben.

Derweil plagen den stellvertretenden Wahlleiter Alois Zehren ganz andere Sorgen. „Jetzt ist es 18 Uhr, und die Schweicher haben uns gerade noch rund 2000 Briefe geschickt.“ Noch mehr Arbeit.

„Wir stoßen mittlerweile personell an unsere Grenzen“, sagt Zehren. Aber verstehen kann er den starken Trend zur Briefwahl schon. Immerhin kann jeder der 114 182 Wahlberechtigen im Kreis je 50 Stimmen allein für den Kreistag vergeben. „Zu Hause kann man das in Ruhe machen. Und bei der Kommunalwahl wählen die Leute auch die Kandidaten, die sie eben kennen. Doch wenn das in den nächsten Jahren so weitergeht, müssen wir uns eine Schulturnhalle anmieten.“

Die Spannung wächst. An Bildschirmen verfolgen die Mitarbeiter die ersten Hochrechnungen zur Europawahl in Rheinland-Pfalz. Matthias Daleiden, Spitzenkandidat der FWG, schaut herein, Smartphone in der Hand. Kreisbeigeordneter Helmut Reis (FWG) sinkt auf einen Stuhl und witzelt, er habe ja eine Prognose für die Sitzverteilung im Kreistag abgegeben, die er gerne zeigt.

„Ensch hat gemeldet“, verkündet Alois Zehren um 18.47 Uhr. Der Ort in der VG Schweich mit 580 Einwohnern schickt als Erster sein Ergebnis für den Kreistag. Zwei Minuten später folgt Palzem-Dilmar, dann Kirf-Beuren. Die ersten Trends trudeln ein. Nach der Auszählung von elf Stimmbezirken liegt die FWG knapp vor den Grünen. „Wenn das so bleibt, wäre ich glücklich“ seufzt Daleiden. Aber es bleibt nicht so.

Es zeichnet sich ab, dass die Grünen mit knapp 17 Prozent nicht nur die FWG mit gut zehn Prozent klar überholen, sondern auch die FDP (4,9 Prozent). Laut Trendergebnis (siehe Grafik) verdoppeln die Grünen damit etwa ihren Stimmenanteil. Der Kreisvorsitzende Safak Karacam ist überwältigt von dem Ergebnis. „Wir sind sehr froh mit dem Ergebnis. Wir haben unser Mindestziel von zwölf Prozent erreicht. Wir sind unseren Themen Klimaschutz und Umweltschutz treu geblieben und sollten diese Themen nun stärker im Kreistag vertreten.“

Die CDU, die 2014 noch 41,5 Prozent der Stimmen holt, muss ordentlich Federn lassen. 34,6 Prozent ist das vorläufige Ergebnis um 23.30 Uhr. Landrat Günther Schartz (CDU): „Man hat ja gesehen, dass nicht nur die CDU Stimmen verloren hat, sondern auch andere Parteien. Es hat eine Verlagerung gegeben in Richtung Grüne und AfD. Umwelt ist das Thema gewesen. Ich sehe das Ergebnis mit gemischten Gefühlen. Unsere Kreispolitik ist jedenfalls bestätigt worden.“

 Kreistag Trier Saarburg

Kreistag Trier Saarburg

Foto: TV/Schramm, Johannes

Die SPD hat es nicht ganz so hart wie bei der Europawahl getroffen. Der Trend zeigt, dass sich etwa 20 Prozent der Wähler für die Sozialdemokraten entschieden haben. Und noch einige Parteien dürften sich freuen: Die AfD mit mehr als sieben Prozent, ist ebenso wieder im Kreistag vertreten wie die Linken (3,9 Prozent). Wieder eng dürfte es für die Gruppierung Bürger für Bürger werden mit 1,6 Prozent. Für die 170 Wahlhelfer geht gegen 22 Uhr ein langer Tag zu Ende. Sie freuen sich auf den Feierabend.

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