Adieu, Kabinenbahn!

Trier · Wenn morgen, Sonntag, die Verbindungsseile gekappt werden, dann ist das das definitive Ende für die Trierer Kabinenbahn. Vor 44 Jahren gingen die Gondeln erstmals auf die Reise zwischen dem Zurlaubener Moselufer und der Bergstation neben dem Weißhaus - begleitet von großen Hoffnungen, die sich aber bald als trügerisch erwiesen.

Trier. Es war das, was man einen großen Bahnhof nennt: Als Triers Kabinenbahn am 5. August 1967 an den Start ging, tummelten sich an der Talstation am Zurlaubener Ufer auch ganze Scharen von Honoratioren. Es wurden hehre Reden gehalten an jenem Samstagmorgen. Regierungsdirektor Seiffert dankte dem Bauherrn Willi Vogt aus Boppard-Buchholz für sein unternehmerisches Engagement,
Bürgermeister Emil Zenz pries die Bedeutung der Bahn als neues Tourismus- und Freizeitangebot. Architekt Paul W. Müller dankte den Bauleuten von der Firma Horsch, die Berg- und Talstation in weniger als drei Monaten errichtet hatten. Weinkönigin Gertrud May reichte den Ehrentrunk und wünschte "Allzeit gute Fahrt".
Letzter Anlauf scheitert tragisch


"Alle Gäste waren von der Aussicht aus der Gondel stark beeindruckt", schrieb der TV und war sich mit der Trierischen Landeszeitung ausnahmsweise mal einig: "Die Stadt hat eine neue Touristen-Attraktion", errichtet auf städtischen Grundstücken und weit und breit einzigartig. Seilbahnen, die über einen Fluss führen, sind auch heute noch europaweite Raritäten. Eine steht in Köln, die andere wurde zur Bundesgartenschau in Koblenz gebaut. Die Inbetriebnahme der Trierer Anlage setzte endlich den Schlusspunkt unter eine turbulente Vorbereitungszeit. Die Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde stand dem Projekt lange skeptisch bis ablehnend gegenüber, die Bewohner und Gastronomen von Zurlauben befürchteten gar eine Landschaftsverschandelung. Selbst als die Bauarbeiten abgeschlossen waren, musste Unternehmer Vogt, der 1,2 Millionen Mark investierte, noch zittern. Der ursprünglich für den 29. Juli geplante Start fiel ins Wasser, "weil die italienische Herstellerfirma die Gondeln nicht rechtzeitig lieferte", erinnerte sich Franz-Josef Ehlen (76), damals Vorarbeiter auf der Bergstation.
Gleichwohl sei das Spannen der fast 400 Meter langen Trag- und Zugseile über die Mosel an drei Samstagen völlig problemlos vonstatten gegangen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren die gleichen wie am Sonntag bei der Demontage. Während der Arbeit des neunköpfigen Spezialistenteams war der Baustellenbereich für Bahn-, Schiffs- und Straßenverkehr gesperrt. Am Eröffnungstag war die Fahrt mit den beiden Gondeln (Fassungsvermögen: jeweils 15 Passagiere) frei. Später hielten sich Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf wohl so in Grenzen, dass sich die Verluste auch nicht durch Gewinne aus dem 1968 eröffneten Gastronomiebetrieb an der Talstation ausgleichen ließen. Mitte der 70er Jahre endete die Ära Vogt. Nach einer Pause übernahmen 1977 die Unternehmer Otto und Elsbeth Schwab, die Macher der Mosellandausstellung, die Bahn. Für deren Sohn Peter Schwab (heute 72) offenbar ein schwieriges Erbe. Das Aus im Herbst 2000 kam nicht überraschend. Damals zog Peter Schwab die Notbremse. Seit Mitte der 90er Jahre hatte er jährlich bis zu 150 000 Mark aus Mitteln seiner Messe-, Ausstellungs- und Kongress GmbH zuschießen müssen. "Zu hohe Kosten zu wenig Nutzer" - das war Schwab dann doch zu viel für die Traditionspflege, obwohl er "ein ziemlich mulmiges Gefühl hatte, seit der Betrieb ruhte."
Weil er keinen Käufer fand, versuchte Schwab 2004 den Neustart noch einmal auf eigene Kappe. Mit tragischem Ausgang: Aus bis heute ungeklärten Gründen stürzte ein Arbeiter während der Vorbereitungen an der Bergstation aus einer Gondel fünf Meter tief auf den Boden und starb. Seit 2010 sind die Areale von Berg- und Talstation wieder in Verfügungsgewalt des Rathauses. Schwabs Aufgabe ist es, die Immobilien abzureißen. Mit der Demontage der Seile macht er am Sonntag den Anfang. Die Betonbauten sollen bald folgen. Triers Kabinenbahn - ein Unikum. Auch für Hans Tont (75), der 1967 als Polier den Bau der Talstation leitete: "Normalerweise ist es so, dass Bauwerke ihre Erbauer überleben. Bei der Kabinenbahn und mir ist es anders herum."Extra

Wegen der Arbeiten an der Kabinenbahn wird die Bonner Straße (B 53) am Sonntag von 3 bis etwa 20 Uhr voll gesperrt. Deshalb können die Busse der Linie 87 die Stadtteile Biewer und Pallien nicht anfahren. Sie werden ohne Halt über Schweich umgeleitet. Die Abfahrten zwischen Quint und Pfalzel gelten unverändert. In der City können die Haltestellen Bonner und Bitburger Straße, Zurlaubener Ufer, Bruchhausenstraße, Pferdemarkt, Treviris-Passage, Porta Nigra, Theodor-Heuss-Allee nicht angefahren werden. Die nächste Haltestelle für Fahrgäste von und nach Biewer ist in Pfalzel ("Am Mühlenteich"). Fahrgäste nach Pfalzel, Ehrang und Quint werden gebeten, die Linie 87-Haltestelle am Hauptbahnhof zu nutzen. Fragen beantwortet das Stadtbus-Center, Telefon 0651/717-273.

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