Ängste abbauen durch Begegnungen

Trier-Nord · Flüchtlinge gehören in Trier-Nord zum Straßenbild, nicht nur in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in der Dasbachstraße. Da eine mögliche Nutzung der früheren Geschwister-Scholl-Hauptschule bei Bürgern Fragen aufwarf, haben Behörden bei einem Infoabend Rede und Antwort gestanden.

 Besorgnis über steigende Asylbewerberzahlen, aber auch viel Bereitschaft, die Menschen willkommen zu heißen: Bürger nutzen die Gelegenheit, im Pfarrsaal St. Martin in Trier-Nord mit Behördenvertretern ins Gespräch zu kommen. TV-Foto: Dorothee Quaré

Besorgnis über steigende Asylbewerberzahlen, aber auch viel Bereitschaft, die Menschen willkommen zu heißen: Bürger nutzen die Gelegenheit, im Pfarrsaal St. Martin in Trier-Nord mit Behördenvertretern ins Gespräch zu kommen. TV-Foto: Dorothee Quaré

Foto: Dorothee Quaré (DQ) ("TV-Upload Quar?"

Trier-Nord. Zahlreiche Vereine nutzen die Sporthalle der ehemaligen Geschwister-Scholl-Schule in Trier-Nord. Vor einigen Wochen hieß es: Die Halle muss kurzfristig zum Unterbringen von Asylbewerbern genutzt werden. Doch die bereits aufgestellten Feldbetten kamen dann doch nicht zum Einsatz. Viele Sportler und Anwohner waren allerdings verunsichert. Zudem sind einige jugendliche Flüchtlinge im Verwaltungstrakt der früheren Hauptschule untergebracht.
Ortsvorsteher lädt ein


Ortsvorsteher Christian Bösen (CDU) lud alle Bürger zu einem zweistündigen Infoabend in den Pfarrsaal St. Martin ein. Sieben Trierer Experten standen den rund 50 Besuchern Rede und Antwort. Frank-Peter Wagner, Leiter der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa), betonte, man wolle jedem Asylbegehrenden ein Dach über dem Kopf bieten. Es würden weitere Einrichtungen im Land geschaffen. Trotz gelegentlicher Konflikte funktioniere das Zusammenleben hervorragend.
Horst Hoffmann, Leiter der Ermittlungsgruppe Migration bei der Polizeiinspektion Trier, ergänzte: "Es gibt eine friedliche Koexistenz zwischen den Menschen in der Afa und den Anwohnern." Mit der Feststellung, es gebe bei den Flüchtlingen keine erhöhte Kriminalität, trat er Behauptungen von Besuchern entgegen. Allerdings gebe es "Landsmannschaften, die uns mehr Kummer bereiten". Man sei entsprechend aufgestellt.
Achim Hettinger, Leiter des Trierer Jugendamts, sprach über jugendliche unbegleitete Flüchtlinge, deren Zahl stark zugenommen habe. Das Jugendamt Trier, bislang zuständig für alle älteren männlichen Jugendlichen, die in Rheinland-Pfalz ankommen, sei daher im Gespräch mit den Jugendämtern in Ingelheim, Koblenz, Kaiserslautern und Kusel. Die Belegung der Geschwister-Scholl-Schule mit derzeit 20 jungen Flüchtlingen in vier Räumen sei eine Übergangssituation. Hettinger versprach, Beschwerden über nächtlichen Lärm nachzugehen.
Caritasdirektor Bernd Kettern berichtete, dass seine Einrichtung mehrere Hundert Flüchtlinge in der ganzen Region betreue und nun auch mit der Stadt Trier kooperiere, um denjenigen zugewiesenen Flüchtlingen, die längerfristig in Trier bleiben werden, die ersten Schritte zu erleichtern. "Diese Menschen brauchen uns", sagte er. "Wir fragen nicht nach den Fluchtursachen. Auf meinen Reisen in Herkunftsländer habe ich absolut unmenschliche Zustände erlebt."
Caritasvorstand Markus Leineweber betonte, Begegnungsmöglichkeiten seien wichtig, um Ängste abzubauen. Kettern schilderte positive Erfahrungen aus Leiwen, wo Asylbewerber im ehemaligen Hotel "Wappen von Leiwen" untergebracht sind.
Informationen lieferten den Bürgern außerdem Ulrich Radmer, Referatsleiter bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, sowie Björn Borkenhagen, stellvertretender Leiter des Sozialamts.
Einige Anwohner beklagten, sie fühlten sich als Bürger nicht ernst genommen. Vor allem Flüchtlinge aus Nicht-Kriegsgebieten sollten zügig abgeschoben werden. Dies sei Sache der Politik und müsse rechtsstaatlich geschehen, entgegnete Hoffmann. Diskussionen gab es auch um die Situation im Nells Park sowie um das Verhindern von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. DQ
Extra

"Wären so viele Deutsche auf engem Raum zusammengepfercht, würde es Mord und Totschlag geben." (Afa-Leiter Frank-Peter Wagner) "2013 gab es hier 2463 Fälle von Straßenkriminalität, davon elf durch Asylbewerber." (Horst Hoffmann, Polizei) "Seit 1992 hatten wir mehr als 90 000 Menschen in der Afa. Diese haben zwei Kapitalverbrechen begangen." (Frank-Peter Wagner) "Acht Leute in einem Raum - das ist doch kein Problem, das hat mein Mann bei der Bundeswehr auch erlebt." (Besucherin) "Es wird hier gesagt, Solidarität und Nächstenliebe sollten ihre Grenzen haben - in einem Gotteshaus?!" (Besucher) "Mir ist nicht bange um unsere Willkommenskultur." (Bernd Kettern, Caritas) DQ

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