Ahnenforschung ist teurer geworden

Trier · Seit Januar verlangt das Bistumsarchiv Trier für Kopien und fotografische Reproduktionen der Urkunden in seinen Beständen Geld. So will das Archiv der gängigen Praxis vieler privater Ahnenforscher den Riegel vorschieben, Fotografien mit der Digitalkamera anzufertigen.

Trier. Seit Günter Munhofen 2008 in Rente ging, beschäftigt er sich mit der privaten Familienforschung und nutzt dazu immer wieder die Urkundenbestände des Bistumsarchivs Trier.
Als privater Forscher muss er dort eine Nutzungsgebühr von 2,50 Euro für einen halben Tag oder vier Euro für den ganzen Tag zahlen. Wie viele Hobbyforscher reduzierte bisher auch Munhofen seinen Arbeitsaufwand, in dem er Urkunden abfotografierte und sie später zu Hause am Computer las und bearbeitete.Anpassung an übliche Praxis


Diese Vorgehensweise hat das Bistumsarchiv seit dem ersten Januar unterbunden. Nur noch das wissenschaftliche Personal darf fotografieren, und zwar gegen Gebühr. Die Kosten, erfuhr Munhofen auf telefonische Nachfrage, beliefen sich auf fünf Euro Grundgebühr sowie einen Euro pro Foto. Für Forscher wie Munhofen erhöhen sich dadurch nicht nur die Kosten. Wer auf Reproduktionen verzichten wolle, sei wie in der "Vordigitalära" auf handschriftliche Notizen angewiesen. Das laufe auf längere und häufigere Archivbesuche hinaus.
Das Bistumsarchiv sieht in seiner Vorgehensweise "eine Anpassung an die allgemein übliche Archivpraxis" und verweist auf die Benutzungs- und Gebührenordnungen der Landesarchive Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Karl Oehms, Leiter der Bezirksgruppe Trier der Westdeutschen Gesellschaft für Familienforschung, in der viele Hobbyforscher organisiert sind, bestätigt die Darstellung des Bistumsarchivs. Insgesamt, sagt Oehms, lebe man in Trier dank großzügiger Öffnungszeiten und aufgeschlossener Mitarbeiter "im Schlaraffenland".
Auch das Stadtarchiv Trier erhebe Nutzungsgebühren sowie bei Beständen vor 1900 Gebühren für das Anfertigen von Kopien.
Im Bistumsarchiv heißt es, die Änderung der Nutzungsordnung sei notwendig geworden, weil "etliche Benutzer keinerlei Rücksicht auf den Erhaltungszustand der Archivalien genommen haben und auch die vorgegebene Beschränkung auf wenige Fotos außer acht ließen". Zudem sei immer wieder das Urheberrecht missachtet worden, und abfotografierte Urkunden seien ins Internet gestellt worden. Hinzu komme, dass durch private Fotografien eine Nachprüfbarkeit der Quellen nicht mehr gegeben sei.
Man arbeite aber im Bistumsarchiv daran, auch die private Genealogie zu vereinfachen; so werden die Bestände derzeit digitalisiert, um sie zu einem späteren Zeitpunkt als digitalisiertes Archivgut im Lesesaal bereitzustellen. Bis es so weit sei, dauere es aber noch einige Zeit.Meinung

Längst nicht mehr zeitgemäßEs gibt wohl wenige Familienforscher, die unbedingt ein Original-Kirchenbuch aus dem Jahr 1687 in den Händen halten wollen. Ein digitales Abbild tut es auch. Leider ist das Bistumsarchiv Trier anders als beispielsweise das Bistumsarchiv Münster nicht in der Lage, eine digitale Version der Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der nicht mehr zeitgemäßen Aufarbeitung der Archivmaterialien sind Nutzer in Trier gezwungen, mit Originalen zu arbeiten. Diese Arbeit wird durch das Fotografierverbot zusätzlich erschwert. Hinzu kommen unnötig hohe Fotokopierkosten. Vor diesem Hintergrund drängt sich der Verdacht auf, dass es Verantwortliche beim Bistum am liebsten sehen würden, wenn niemand mehr die alten Bücher in die Hand nehmen würde. Sollte dies der Fall sein, dann soll man es sagen. Ist dem nicht so, muss dafür gesorgt werden, dass die seit Jahren angekündigte Digitalisierung zeitnah auch Wirklichkeit wird. Andere Archive haben das auch geschafft. h.jansen@volksfreund.de

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