Albero, der Königsmacher von Trier

Trier · Alles Balduin, oder was? Im Schatten des bedeutendsten Mittelalter-Trierers kommen viele seiner Erzbischof-Kollegen zu kurz weg. Dass auch Albero von Montreuil nachhaltig die Reichsgeschichte beeinflusst hat, machte der renommierte Historiker Stefan Weinfurter in seinem Vortrag im Kurfürstlichen Palais deutlich.

Spezialführung für den Gast: Hausherr Josef Peter Mertes zeigt Stefan Weinfurter (links) nach dessen Vortrag den Palais-Innenhof. Rechts der emeritierte Trierer Geschichtsprofessor Alfred Haverkamp. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Albero von Montreuil (1080-1152) war der bedeutendste Trierer Erzbischof des Hochmittelalters. In seine Regierungszeit als kirchlicher und weltlicher Herrscher (1132-1152) fällt der dreimonatige Trier-Aufenthalt von Papst Eugen III., der bei dieser Gelegenheit 1148 die Abteikirche St. Matthias weihte. Kein Zufall, denn Alberos persönliche und familiäre Beziehungen hatten europäische Dimensionen - so wie anderthalb Jahrhunderte später bei Balduin von Luxemburg, der von 1307 bis 1354 regierte. Während Balduin wie ein Nationalheld gefeiert wird, ist Albero eher ein Fall für Fachleute. Zu Unrecht, wie Stefan Weinfurter (64), Geschichtsprofessor an der Uni Heidelberg, findet. In seinem Vortrag "Der ,Staatsstreich\' von Koblenz 1138" im Kurfürstlichen Palais machte der renommierte Mittelalter-Experte und Fachberater für ZDF-Historienserien ("Terra X", "Die Deutschen") deutlich, wie Albero die Geschichte Europas nachhaltig beeinflusste. Größter Coup: Die Wahl des Nachfolgers des am 4. Dezember 1137 verstorbenen Lothar III.
Albero lud noch vor dem offiziellen Wahltermin eine kleine, aber hochkarätige Fürstengruppe nach Koblenz und brachte am 7. März 1138 die Versammlung in der St.-Kastor-Kirche dazu, die Wahl des neuen Königs gleich an Ort und Stelle vorzunehmen und die restliche Fürstenschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Deeskalation durch Moselwein


Dass Albero seinen Spezi, den Staufer Konrad, als neuen König durchsetzte, hatte auch materielle Gründe: Es ging um das mächtige Reichskloster St. Maximin vor Trier, das dieser als Geschenk in Aussicht stellte. Auch die Krönung in Aachen nur sechs Tage später gehörte noch zu diesem "Staatsstreich", denn mit der Weihe Konrads III. war der Vorgang nicht mehr rückgängig zu machen - und Lothars Schwiegersohn Heinrich der Stolze, der sich bereits als König wähnte, der Gelackmeierte.
Zum Aufstand kam es nicht. Warum, beschrieb Weinfurter so: "Das außergewöhnliche taktische Geschick Alberos zeigt sich auch darin, wie er die übergangenen und entsprechend empörten Reichsfürsten besänftigte: durch viele Wagenladungen köstlichen Moselweins." Die meisten davon für Heinrich und seine Mannen.
Die Koblenzer Überraschungswahl veränderte das gesamte westeuropäische Machtgefüge und läutete eine neue Phase der Reichsgeschichte ein. Statt der vom Sachsen Lothar angestrebten sächsisch-welfischen Herrschaft begründete sie das staufische König- und Kaisertum, dessen bedeutendste Herrscher Friedrich I. (Barbarossa) und Friedrich II waren.
Alberos Kalkül ging im Bistum Trier nur teilweise auf. Zwar installierte der neue König eigene Verwandte in gräflichen Schlüsselpositionen und entmachtete Albero-Gegner, den Zugriff auf die mächtige Abtei St. Maximin erhielt der Erzbischof aber nicht.
75 Minuten dauerte die außergewöhnliche und höchst unterhaltsame Geschichtsstunde mit Stefan Weinfurter, veranstaltet von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE). Die rund 150 Vortragsgäste im voll besetzten Rokokosaal des Kurfürstlichen Palais zollten lang anhaltenden Beifall.