Alle dürfen mitreden

Trier · Schuldezernent Ulrich Holkenbrink hat sich bei der ersten öffentlichen Präsentation des Schulentwicklungskonzepts ausdrücklich hinter die "hervorragende Sacharbeit" des runden Tisches gestellt.

Trier. "Das ist eine sehr gute Arbeitsgrundlage, die jetzt mit den Betroffenen erörtert wird und dann nach Einarbeitung aller Erkenntnisse als Entscheidungsgrundlage in die Politik geht", sagte der Schuldezernent. Nach den Ferien werden Lehrer und Elternvertreter in nach Schulart gegliederten, zentralen Veranstaltungen informiert, bis Mitte September können Einwände und Vorschläge eingebracht werden. Anfang November wird der runde Tisch abschließend beraten, danach sind die städtischen Gremien am Zug. Erhoffter Beschluss-Termin für das finale Konzept: Februar 2009. Die Ausrichtung des Konzepts, die Ziele und die Leitprojekte seien innerhalb des Expertengremiums im Konsens beschlossen worden, verriet der Dezernent. Damit dürfte das politische Gewicht des Papiers erheblich sein, waren doch auch Vertreter aller Stadtratsfraktionen an der Erarbeitung beteiligt. Mit Zahlen, bei denen einem schwindlig werden konnte, belegte Johannes Weinand, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik, den Handlungsdruck. Auf 52 Millionen Euro bezifferte er die Haushalts mittel, die die Stadt bis 2020 zusätzlich für Unterhalt, Ausbau und Sanierung ihrer Schulen veranschlagen müsse - über die bereits eingeplanten, ohnehin schon weitgehend kreditfinanzierten Maßnahmen hinaus. Falls man im Rahmen der "großen Lösung" zehn Schulen schließe, lasse sich der Zusatz-Bedarf "bei optimalem Verlauf" durch geringere Ausgaben und zusätzliche Einnahmen auf 15 bis 18 Millionen Euro verringern. Stelle man die Weichen nicht in diese Richtung, "dann wird es in zehn Jahren viel gravierendere Einschnitte geben", erklärte Weinand. Schließungen sicherten möglicherweise die langfristige Existenz anderer Schulen im gleichen oder benachbarten Stadtbezirk. Ulrich Holkenbrink warb um Verständnis für den schwierigen Prozess, immerhin sei es "die erste Strategie-Entwicklung seit 25 Jahren". Man habe für die Erarbeitung des "ganzheitlichen Konzepts" auf eine "breite Beteiligung" am runden Tisch gesetzt, "und das hat sich gelohnt". Deshalb soll dieses unabhängige Gremium auch über den Herbst hinaus maßgeblich an der Gestaltung der Trierer Schullandschaft beteiligt werden. Geplant ist die Umwandlung in einen eingetragenen Verein mit wissenschaftlichem Beirat. Parallel soll bei der Stadtverwaltung eine strategische Planungsstelle eingerichtet werden. Letzter Baustein im künftigen Planungs-Mosaik ist der angestrebte Zweckverband "Schulen TriSab", der Stadt und Landkreis unter einen Hut bringen soll.

MeinungMut zur UnbequemlichkeitVon Dieter Lintz

Das Schulentwicklungskonzept ist weder die Bibel noch das BGB. Man muss nicht alles glauben, was drin steht, und man muss nicht jeden Vorschlag als Gesetz nehmen. Aber unterm Strich wirkt das Mammut-Werk durchdacht, sorgfältig ausgearbeitet und in sich schlüssig. Es könnte eine Zukunfts-Chance für die Trie rer Schulen bieten, deren Situation viel kritischer ist als wir alle glauben wollen. Der Fesselballon steht vor dem Absturz. Aber es ist bequemer, in der Hoffnung auf ein Wunder auf die Bruch landung zuzusteuern statt zu überlegen, was man am ehesten über Bord werfen kann - auch wenn es schwerfällt.

Über jede einzelne Maßnahme, über alle neuen Strukturen, über jede angedachte Schließung darf und soll mit Fug und Recht diskutiert werden. Aber das Argument kann nicht lauten, dass alles immer schon so war und man einen Anspruch darauf habe, dass es so bleibt. Schon längst wetzen manche politischen Stadtteil-Lobbyisten und elterlichen Besitzstands-Wahrer die Messer. Verständlich, weil jede strukturelle Neuordnung unweigerlich auch Verlierer mit sich bringt. Aber die entscheidende Frage muss sein: Wie kann man der Gesamtheit der Trierer Schüler die bestmöglichen Perspektiven verschaffen? Das allein ist der Maßstab, und darum bemüht sich das Entwicklungskonzept. Seine Umsetzung bietet auch dem verantwortlichen Dezernenten die Chance, Profil zu entwickeln. Vorausgesetzt, er versteckt sich nicht und hat den Mut, sich um der Sache willen unbeliebt zu machen. d.lintz@volksfreund.de

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