Alle meine Sünden: Zu Besuch bei Triers erstem Schönheitschirurgen

Trier · Mehr als acht Millionen Menschen sind in Deutschland tätowiert. Rund 500 000 wollen die bunten Bildchen wieder loswerden. Der Trierer Facharzt Vasileios Tsoumpris nutzt ein Lasergerät, das 100 Mal schneller arbeitet als übliche Laser zur Tattoo-Entfernung. Botox-Partys soll es in Triers erster Praxis für plastische und ästhetische Chirurgie dagegen nicht geben. Und typische Petrisberg-Nasen stehen auch nicht auf dem OP-Plan.

Trier. "Herr vergib mir für alle meine Sünden" prangt in schwarzer Frakturschrift auf Danny Boesens linker Leiste, weit unterhalb des Bauchnabels. "Dabei muss es doch heißen: all meine Sünden, nicht alle", sagt der 32-Jährige. Das überschüssige e muss also weg.
Vasileios Tsoumpris zielt mit der Laserpistole, die die Form eines überdimensionierten Kugelschreibers hat, auf die Tattoo-Schrift. Erst über den linken großen Bogen des e, dann über die winzige rechte Biegung. Ein kleiner roter Lichtpunkt zeigt an, an welcher Stelle der Laser die Haut trifft.

Der eigentliche Laserstrahl ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Im Abstand von Pikosekunden - eine Pikosekunde entspricht dabei 0,000 000 000 001 Sekunden - durchdringt er die Haut bis zur eingefärbten Schicht. Durch Hitze und die kurzen Impulswellen werden die Farbpartikel in so kleine Teilchen zertrümmert, dass sie mit der Lymphflüssigkeit des Gewebes weggespült und anschließend vom Körper abgebaut werden können. "Dieser Abbauvorgang dauert ein paar Wochen", erklärt Tsoumpris. Nach drei, vier weiteren Laserbehandlungen seien schließlich alle Pigmente zerstört und die Farbe vollständig verschwunden. "In den allermeisten Fällen bleiben keinerlei Rückstände, die Haut sieht hinterher aus, als sei sie nie tätowiert gewesen", sagt der Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie.Kurze Impulse, weniger Schmerz


Möglich macht das neuste Technik. Statt im Abstand von Nano-Sekunden - wie bei herkömmlichen medizinischen Tattoo-Lasern - schickt Tsoumpris Gerät die hochenergetischen Lichtstrahlen im Abstand von Piko-Sekunden los - und damit 100 Mal schneller. Den Piko-Laser hat die deutsche Firma Cynosur entwickelt. Ein Konkurrenzprodukt ist noch nicht auf dem Markt.

"Deutschlandweit sind erst fünf Stück dieser Picosure-Laser im Einsatz", sagt Tsoumpris. "Wegen der ultrakurzen Impulse ist die Piko-Technik weit effektiver als die herkömmlicher Lasergeräte und bedeutet deshalb weniger Behandlungen, weniger Schmerzen und weniger Belastung für die Haut", zählt Tsoumpris auf.

Immerhin 300 000 Euro hat er in den Piko-Laser gesteckt, das Herzstück seiner Praxis für Schönheitschirurgie, die der gebürtige Hamburger auf dem Petrisberg eröffnet hat.

Tsoumpris hat seine sechsjährige Ausbildung zum Facharzt am Trierer Elisabethkrankenhaus absolviert und ist der einzige niedergelassene plastische Chirurg der Umgebung. Die nächstgelegenen Praxen sind in Koblenz und Saarbrücken.

Auf dem Behandlungsstuhl hebt Danny Boesen den Arm. Denn das überschüssige e ist nicht das einzige Tattoo, dass der Saarländer, der in Luxemburg eine Baufirma betreibt, nicht mehr haben will. Auch das Abbild zweier Gesichter auf der Innenseite seines linken Oberarms muss an diesem Tag dran glauben. Insgesamt zieren Dutzende Tattoos den Körper des Saarländers. Sein Rücken ist überzogen von einer schwarz-roten Kombination aus Mustern, Schriften und Motiven. Für die Collage hat er 50 Stunden unter der Nadel gelegen. Bei einem Stundensatz von 250 Euro, den sein Tattoo-Studio in Würzburg verlangt, entspricht das dem Neuwert eines Kleinwagens.

Auch der rechte Arm ist bis zum Ellbogen flächig tätowiert. Regelmäßig kommen neue Bilder dazu. "Das hat schon etwas mit Sucht zu tun", gibt der Mann zu, der auch auf dem Behandlungsstuhl die Baseballkappe nicht absetzt. Ein bisschen stehe er auch auf den Schmerz beim Stechen. Hauptmotivation sei allerdings die Kunst. "Mir gefallen Tätowierungen als Körperschmuck einfach sehr gut."

Mit den Jahren seien seine Ansprüche an die künstlerische und technische Qualität der Tattoos allerdings gestiegen. "Und das hier am Oberarm ist ganz einfach dilettantisch gestochen." Tatsächlich sind die Konturen der Gesichter kaum zu erkennen. "Und wenn man ein Tattoo hat, das einem nicht gefällt, dann ist der seelische Druck schon groß", sagt Boesen.

Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung gibt es in Deutschland 8,6 Millionen Menschen mit Tätowierungen. "Es gibt Schätzungen, nach denen rund 500 000 davon ihr Tattoo am liebsten wieder los wären", sagt Schönheitschirurg Vasileios Tsoumpris.Motive kommen aus der Mode

In den 1990ern gehörten zu den beliebtesten Motiven Musterbänder am unteren Rücken, kurz über dem Steiß. Der uncharmante Titel "Arschgeweih", den diese Tätowierungen nur wenig später trugen, lässt ahnen, dass ihre Beliebtheit nur von kurzer Dauer war. Die Entfernung eines solchen Arschgeweihs kostet - je nach Größe und Farbintensität - zwischen 1000 und 1500 Euro. "Mit dem Piko-Laser kommt man mit rund einem Drittel der Behandlungen aus, die bei einem herkömmlichen Laser notwendig sind", sagt Tsoumpris.

Während der Behandlung hält die Arzthelferin eine Kältedüse auf Boesens Oberarm. Minus 30 Grad kalt ist die herausströmende Luft. Weil sie keine Feuchtigkeit enthält, verursacht sie keine Erfrierungen auf der Haut. Die Region rund um das Tattoo wird durch die Kälte lediglich lokal betäubt. Danny Boesen spürt weder die Minusgrade noch die Hitze des Lasers. "Anfangs gab's einen kurzen Schmerzimpuls, jetzt kribbelt es nur noch", sagt er. Der Laser hinterlässt Spuren: Auf der Hautoberfläche entsteht eine weißliche Schicht. "Der Effekt nennt sich Whitening und zeigt, dass die Behandlung anspricht und die gewählte Energiestärke die richtige ist für Farbart und -intensität dieses Tattoos", erklärt Tsoumpris.

Nach rund 15 Minuten ist die Behandlung zu Ende. Die weiße Schicht auf Boesens Haut hat sich zurückgebildet. Zurück bleibt eine leichte Rötung. Um die Haut zu beruhigen, trägt die Arzthelferin eine Salbe auf und verbindet die Stelle.
Danny Boesen ist mit dem Zwischenergebnis zufrieden. In vier Wochen wird er zur Folgebehandlung auf den Petrisberg kommen. "Und noch mal sechs Wochen später habe ich dann einen Termin in meinem Tattoo-Studio - dann kommt ein neues Motiv genau auf diese Stelle!", freut sich der 32-Jährige auf das nächste Kunstwerk, das seinen Körper schmücken soll.
Extra: Drei Fragen an ...

... den Trierer Schönheitschirurgen Vasileios Tsoumpris.

Welches ist die häufigste Operation, der sich Schönheitschirurg-Kunden unterziehen?
Vasileios Tsoumpris: Definitiv und immer noch Brustvergrößerungen! Die allermeisten Frauen entscheiden sich dazu übrigens aus eigenem Antrieb. Und wenn sie doch von ihren Männern geschickt werden, merkt man das nach wenigen Nachfragen. Die Motivation für eine OP herauszufinden, ist Teil der Facharztausbildung. Wenn ich Zweifel daran habe, dass eine Patientin sich die Sache gut überlegt hat, oder wenn ich merke, dass sie vielmehr unter einer gestörten Selbstwahrnehmung als unter einer vermeintlich zu kleinen Brust leidet, verbietet mein ärztlicher Eid mir, diese Frauen zu operieren. Andere Frauen kommen selbstsicher und mit festen Vorstellungen. Häufig bringen sie, ähnlich wie zum Friseur, Bilder von nackten Brüsten mit, um mir zu zeigen, wie sie sich das Ergebnis vorstellen. Beliebt sind ja auch Nasenoperationen.

Wird man die Frauen vom Trierer Petrisberg künftig an ihren gleichförmigen Nasen erkennen?
Tsoumpris: Ganz sicher nicht. Gerade Nasenoperationen müssen sehr individuell geplant und umgesetzt werden. Zwar gibt es einen Trend zur schmaleren, kleineren Nase. Aber die meisten Patienten wollen nicht einfach eine schöne Nase haben, sondern haben ganz konkrete Probleme, die sie korrigieren möchten, etwa eine Schiefstellung oder einen Höcker.

Wenn es schon keine Petrisberg-Nase geben wird, dann aber doch wenigstens After-Work-Botox-Partys?
Tsoumpris: Nein, auch das wird es in unserer Praxis nicht geben. Solche Partys, bei denen Frauen bei einem Glas Sekt und in lockerer Atmosphäre über Botox-Anwendungen zuerst aufgeklärt werden und dann der Reihe nach Spitzen gesetzt bekommen, sind absolut unseriös. Die Frauen könnten sich durch den Gruppenzwang unter Druck gesetzt fühlen. Das ist ein allzu leichtfertiger Umgang mit einem ernsten medizinischen Eingriff. wocExtra

Vasileios Tsoumpris ist Triers erster niedergelassener Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie. Ausgebildet wurde er am Trierer Elisabethkrankenhaus von Dr. Klaus Hrynyschyn, der mittlerweile selbst nicht mehr praktiziert. In seiner Praxis auf dem Petrisberg bietet Tsoumpris neben ästhetischen Eingriffen (Nasenkorrekturen, Brustoperationen, Bauchstraffungen, Botox- und Hyaluronsäure-Anwendungen, Entfernung von Tattoos, Haaren und Pigmentflecken) auch kassenärztliche Leistungen an (Entfernung von Hauttumoren, Narbenkorrekturen, plastische Gesichtschirurgie). Große operative Eingriffe werden in einem ambulanten OP-Zentrum vorgenommen. Für alle anderen Eingriffe ist die Praxis auf dem Petrisberg voll ausgerüstet. woc

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