Allerhand Ungeziefer und saubere Straßen

Xiamen · Elisa Limbacher und Andreas Lehrfeld leben und studieren ein Jahr in Triers neuer Partnerstadt Xiamen. Im zweiten Teil der TV-Serie „Mail aus China“ berichten die beiden Trierer Studenten über die hygienischen Zustände in der Küstenmetropole – die als sauberste Stadt Chinas gilt.

Wegen des subtropischen Klimas gibt es in Xiamen Insekten, Ratten und Ungeziefer in Hülle und Fülle. Die krabbelnden, kriechenden, fliegenden Tiere lassen sich besonders gut abends auf den Straßen von Triers Partnerstadt beobachten. Unser persönlicher Liebling: Blatta orientalis, besser bekannt als gemeine Küchenschabe oder Kakerlake.Diese possierlichen und lichtscheuen Plagegeister sind nicht nur unglaublich flink, sondern kommen auch immer dann zu Besuch, wenn man sie nicht erwartet. Wir vermuten, dass sie sich deshalb so oft blicken lassen, weil ihnen das Essen in Xiamen genauso gut schmeckt wie uns.

Will man den Kakerlaken nicht gefühlte Ewigkeiten hinterher jagen – wir hatten schon ein Exemplar von der Größe einer Maus, das nur mittels Schuhkarton und Haarspray überlistet werden konnte – sucht man am besten die Insektizidenabteilung im nächsten Supermarkt auf. Wohl nicht ohne Grund sind diese in Xiamen im Allgemeinen sehr gut bestückt. Und ein Regal weiter findet sich – wie passend – meist die Hygieneabteilung.

Womit wir bei einem weiteren heiklen Thema wären. Doch zunächst einmal: Dass Xiamen seinen Ruf als eine der saubersten Städte Chinas nicht verliert, daran wird fleißig gearbeitet. Dies lässt sich am Stadtbild erkennen: Täglich werden alle Straßen und öffentlichen Plätze gereinigt – traditionell mit Besen und Pritschenwagen, aber auch mit großen, modernen Müllschlucker-LKW.

Manche Dinge sehen die Chinesen allerdings auch beim Putzen etwas lockerer als eine schwäbische Hausfrau – was allerdings je nach Situation auch ein sehr sympathischer Wesenszug sein kann.

Das Prinzip der Mülltrennung hat sich noch nicht durchgesetzt, aber von offizieller Seite sind Bemühungen zu erkennen – etwa an den vielen Abfalleimern und Arbeitern, die das öffentliche Stadtbild pflegen.

Egal, ob auf der Straße oder auf dem Markt. Sobald man in Xiamen das Haus verlässt, wird man mit Sitten konfrontiert, die dem gemeinen Mitteleuropäer fremd sind. Öffentliches Spucken und Rotzen sind alltäglich, die Körpersäfte landen in hohem Bogen auf Straßen und Wegen. Und auch, dass man den Nachwuchs direkt auf dem Gehsteig urinieren lässt, sollte den Europäer nicht schocken. So wurden wir bereits Zuschauer, wie eine Mutter ihren Sohn mit nacktem Popo über einen Abfalleimer hielt, damit dieser sich in selbigen erleichtern konnte.

Ein Tipp noch für Xiamen-Besucher: Öffentliche Toiletten sind eher zu meiden! Aber auch hier merkt man den Wandel: Die Modernisierung hat auch bei den sanitären Anlagen bereits begonnen.

Dennoch: Im Großen und Ganzen ist Xiamen eine saubere Stadt. Aufgrund der allgemein guten Luftqualität fühlt man sich klimatisch an das Mittelmeer erinnert – und befindet sich doch am Südchinesischen Meer, mit Fernost-Flair und vielen fremden Eindrücken.

Fahrräder, Pritschenwagen, modernster Großstadtverkehr und flexibel auslegbare Verkehrsregeln: Im Vergleich zu Xiamen sind die Trierer Verkehrsverhältnisse unkompliziert und geordnet, wie das Trierer Studentenpaar Elisa Limbacher und Andreas Lehrfeld in ihrer nächsten E-Mail aus China berichtet. vk/yz

Extra

Xiamen ist eine Küstenstadt im Südosten der Volksrepublik China. Das Zentrum der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt liegt auf einer dem Festland vorgelagerten Insel. Die Stadt gehört zu den Wirtschaftszentren des chinesischen Küstengebiets und wurde vor Kurzem zur saubersten Stadt Chinas gewählt. Xiamen wurde seit 1541 von Europäern als Handelshafen genutzt und war im 19. Jahrhundert der Hauptexporthafen für Tee. In Xiamen gibt es mehrere führende Universitäten, unter anderem betreibt die Xiamen University das Konfuzius-Institut an der Universität Trier (Quelle: Wikipedia).

Die Städtepartnerschaft zwischen Trier und Xiamen wurde am 11. November auch in Trier formell besiegelt. Aus Xiamen reiste dazu eine fünfköpfige Delegation an, die Partnerschaftsurkunde wurde in einer feierlichen Stadtratssitzung unterschrieben (der TV berichtete). In Trier pflegt die 2008 gegründete Deutsch-Chinesische Gesellschaft die Partnerschaft (www.dcg-trier.de). Es gibt aber auch kritische Stimmen: Die katholische Arbeitnehmerbewegung Trier, die Grünen und die Arbeitsgemeinschaft Frieden hatten in der Vergangenheit gefordert, dass die Themen Menschenrechte sowie Sozial- und Arbeitsstandards auf die Agenda der Städtepartnerschaft gesetzt werden. In Xiamen gibt es eins der vielen chinesischen Arbeitslager für Strafgefangene, die unter dem Motto „Umerziehung durch Arbeit“ stehen. (woc)

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