Alles Öko - oder doch nicht?

TRIER. (kat) Bioläden und immer mehr Supermärkte tischen Bio-Gemüse und andere Bio-Artikel auf. Zeiten, als die Bezeichnungen "Öko" und "Bio" willkürlich benutzt wurden, sind vorbei. Der Ökomarkt ist im Wandel und verabschiedet sich aus der ideologischen Nische.

Vor allem junge Eltern und Gesundheitsbewusste greifen gern nach Produkten aus garantiert biologischem Anbau. Die Fahrt zu Wochenmärkten und Bioläden wird immer weniger notwendig, da Bio-Produkte mehr und mehr Einzug in die Regale der herkömmlichen Supermärkte halten. "Der Ökobereich hat sich aus der ideologischen Nische verabschiedet", sagt Waldtraut Fesser, Ernährungsreferentin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. Eine Umstellung im Denken habe bei den Öko-Produzenten stattgefunden. Immer mehr werde den Kundenwünschen entsprochen. Biologisch-dynamische Pizzen und organisch-biologische-biologische Nudelgerichte liegen mittlerweile in den Tiefkühltheken der Bioläden, auf der anderen Seite sind Bio-Produkte dort zu finden, wo die Mehrzahl der Verbraucher einkauft - in den Supermärkten. Neue Märkte wurden erschlossen. Kaum jemand kauft dogmatisch Ökoware ein, haben Untersuchungen ergeben. Meist wählen die Verbraucher nur spezielle Produkte aus biologischem Anbau aus. "Der Wandel birgt Chancen und Risiken", sagt Fesser. Ein Problem sieht die Mitarbeiterin der Verbraucherzentrale darin, dass in dem Moment, "wenn es in die großen Strukturen reingeht, mehr Schwachstellen auftauchen können". "Um den Risiken zu begegnen, ist ein perfektes Management unerlässlich", so die Ernährungs-Expertin. Sicher können die Verbraucher sein, dass dort wo "Bio" drauf steht, auch "Bio" drin ist. Dass es Zweifler gibt, hängt laut Fesser damit zusammen, dass es Zeiten gab, "in denen etliches Schindluder getrieben wurde." Es habe zum Beispiel lange gedauert, bis sich konventioneller Jogurt, der sich "Biogurt" nannte, in "Bigurt" umbenannt werden musste. Wieder ging Zeit ins Land, bis die Vorsilbe "Bi", die irreführend war, endgültig auf den Etiketten verschwand. Ein paar schwarze Schafe unter den Bioprodukten gibt es zwar immer noch, aber bei ihnen ist am Aufdruck zu erkennen, dass sie nichts mit ökologischem Landbau zu tun haben. Endgültig verschwinden werden diese Kuckuckseier spätestens am 1. Juli 2006.Schwarze Schafe leicht zu erkennen

Was darf sich Öko nennen? "Öko-Lebensmittel sind Produkte, die nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus erzeugt werden", sagt die Ernährungsreferentin. Schon seit Jahren ist die Erzeugung und Verbreitung von Bio-Lebensmitteln durch die EG-Öko-Verordnung genau geregelt. Die Produkte werden ständig kontrolliert. Welche Vorteile bieten Bio-Fleisch und -Gemüse gegenüber konventionellen Produkten? "Natürlich findet auch der Bio-Anbau in unserer Umwelt statt, kann sich ungünstigen Einflüssen nicht entziehen", zeigt sich Waldtraut Fesser realistisch. Ein unbestreitbarer Vorteil sei, dass Bio-Landbau ein anderes Selbstverständnis voraussetze: Gentechnik und chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel haben keinen Platz. Tiere werden ökologisch ausgerichtet, ohne Zusatz von Antibiotika und Leistungsförderern gefüttert. Bedenklich findet Fesser, dass die Produzenten von herkömmlichen pflanzlichen Produkten mit den einzelnen Pflanzenschutzmitteln zwar immer unter der Grenze der Höchstmenge bleiben, aber im Gegenzug mittlerweile einen Cocktail aus verschiedenen Pestiziden benutzen. "Es liegen keine Untersuchungen vor, welchen Einfluss dieser Cocktail auf unsere Gesundheit hat", sagt die Fachfrau für Ernährung. Da Bio-Produkte einer breiteren Masse zur Verfügung stehen, werden zukünftig mehr Bio-Produkte auf den Tisch kommen.

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