History-Podcast Geschichte: Dieser Papst war schon mal in Trier – und blieb drei Monate

Audio | Trier. · Wann Papst Franziskus mal nach Deutschland kommt, geschweige nach Trier, ist unbekannt. Aber einer seiner Vorgänger war schon mal hier, und das einen ganzen Winter.

Das Tympanonrelief des ehemaligen Neutores (heute zu finden im Rathaussaal), welches einst Eugen III. bestaunt haben dürfte. Es zeigt in der Mitte Jesus, flankiert vom Stadtpatron Petrus (links) sowie dem ersten Bischof von Trier, Eucharius. Vielleicht ist hier aber auch Eugens Gastgeber Albero dargestellt.

Foto: TV/Roland Morgen

Europa im Hochmittelalter: Kaiser und Fürsten ringen um die Macht, Päpste und Mönche wollen die Kirche reformieren. Und in dieser Epoche besucht ein Papst die Stadt Trier - und das für gleich mehrere Wochen.

Eugen III. heißt dieser Papst. Er wird als Bernardo von Pisa im Norden Italiens um 1090 geboren. Seine Familiengeschichte ist unklar, die Zugehörigkeit zu einer begüterten Familie der Stadt Pisa nicht verbürgt. Was man aber weiß: Bernardo (Bernhard) tritt in kirchliche Dienste, wird zum Priester geweiht und steigt in der Verwaltung des Bistums seiner Heimatstadt auf. Dann kommt er mit einem Mönch und Kirchenlehrer in Kontakt, der die Menschen seiner Zeit fasziniert: Bernhard von Clairvaux steht dem neuen Zisterzienserorden vor, der die klösterlichen Gemeinschaften reformieren will: mehr Arbeit und Gebete, weg vom Müßiggang. Bernardo von Pisa ist wie viele andere angetan von dieser Idee und tritt dem Orden bei. Auch in der Region lassen sich Zisterzienser nieder und gründen die Abtei Himmerod.

Der einflussreiche Abt und das gleichnamige Neumitglied des Ordens bleiben Vertraute bis an ihr Lebensende: Bernhard von Clairvaux wird den späteren Papst beraten und auf Reisen begleiten – auch nach Trier. Denn Bernardo wird schon bald Vorsteher eines neuen Ordensklosters in der Nähe von Rom und dann, im Jahre 1145, der Papst Eugen III. Neues Amt, neuer Name, aber das neue Kirchenoberhaupt kann seine Residenz nur ab und an nutzen: Die Stadt Rom revoltiert gegen den Kirchenchef, der ja zugleich Inhaber der weltlichen Macht ist. Stattdessen geht Eugen auf Reise - nach Frankreich. Dort wirbt er für den (zweiten) „Kreuzzug“ europäischer Ritter mit dem Ziel Naher Osten. Und tatsächlich ziehen französische und deutsche Könige und Fürsten los, auf der Suche nach Ruhm, Vergebung von Sünden und neuen Herrschaften. Sie werden im Kampf gegen die muslimischen Herrscher im Orient scheitern. Aber Eugen zieht es an die Mosel.

Denn in Trier will der hiesige Erzbischof, Albero von Montreuil, sein gesunkenes Ansehen im damaligen Reich wiederherstellen. Er hat einen längeren Krieg mit dem luxemburgischen Grafen hinter sich, der das Trierer Land verwüstet hat. Und da kommt ein Papstbesuch wie gerufen. „Albero war zu Beginn der vierziger Jahre einer der mächtigsten, vielleicht sogar der mächtigste Fürst im Reich. Die langwierigen Kampfhandlungen mit dem Grafen warfen Albero jedoch erheblich zurück“, sagt Historiker Jörg R. Müller von der Uni Trier. Er hat über den Trierer Bischof eine umfangreiche Dissertation verfasst (Vir religiosus ac strenuus, Albero von Montreuil, 2006).

Eugen nimmt die Einladung an, auch wohl um seine Position im damaligen Deutschland zu stärken - schließlich ist der deutsche König Konrad III. grad in Sachen Kreuzzug unterwegs.

So war der Papstbesuch in Trier vor 900 Jahren

Trier im 12. Jahrhundert: eine Stadt, die das antike Erbe bewahrt, aber deutlich weniger Einwohner hat. Die Zeichnung zeigt Trier um 1120. Rekonstruktion: Nic Herber/Lukas Clemens

Foto: Lukas Clemens/Nic Herber/Lukas Clemens (Konzept) / Nic Herber (Zeichnung)

Dabei ist Eugen nicht der erste Papst, der Trier aufsucht. Hundert Jahre zuvor schon hält sich Leo IX. an der Mosel auf und weiht die neue Simeonskirche ein - das alte Römer-Stadttor Porta Nigra erhält damit eine neue Funktion. Eugen III. kommt hingegen am 29. November 1147 in der südlich von Trier gelegenen Abtei St. Eucharius an. Deren Mönche haben einige Jahre zuvor beim Bau eines neuen Kirchenbaus Reliquien des Apostels Matthias entdeckt, was viele Pilger anziehen und einen Namenswechsel des Klosters herbeiführen wird. Am nächsten Tag erfolgt der Einzug des Papstes in Trier mit großem Gefolge in die frisch ummauerte Stadt – eine Chronik listet allein mehrere Kardinäle auf, und deren Bedienstete sind da noch unerwähnt. Bischof Albero hat im Vorfeld in aller Eile laut den zeitgenössischen Quellen ein „domus“, ein Haus für den Papst sowie über Eugens Route, dem „Neutor“, ein Tympanon, ein Steinrelief errichten lassen. Trier, so wirkt es, hat sich herausgeputzt, der Bischof scheut keine Kosten.

Das Relief zeigt in der Mitte Jesus, flankiert von Stadtpatron Petrus und Eucharius, dem legendären ersten Trierer Bischof – vielleicht sollte auch der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei den beiden seitlchen Figuren um Eugen und Albero handelte, sagt Historiker Müller. „Die Stadt, die zwar größenmäßig nicht mit zahlreichen Städten, die der Papst besucht hat, mithalten konnte, dürfte dennoch einen gewissen Eindruck auf das Kirchenoberhaupt gemacht haben.“

Trier, einst Sitz römischer Kaiser, hatte damals wohl mehrere tausend Einwohner, die sich rund um den neuen Hauptmarkt westlich des Doms konzentrierten. Hinter dem „Frankenturm“, ein Wohnturm, der wohl schon zu Eugens Zeiten existierte, findet sich heute eine große Rekonstruktionszeichnung, die das Trier des 12. Jahrhunderts um 1120 präsentiert. Die Porta Nigra ist nunmehr eine imposante Kirche, die römische Palastaula fungiert als Burg. Und das Amphitheater existiert ebenfalls noch. Vielleicht hat Eugen bei seinem Besuch noch vorhandene Ruinen der römischen Stadt wie die des Forums oder des Tempels am Moselufer zu Gesicht bekommen. Auch ein als „Jerusalem“ benannter weiterer Turm in direkter Nähe des Doms ist der Chronik zufolge anlässlich des hohen Besuchs repariert worden, insgesamt 20 soll es davon gegeben haben. Die neue Stadtbefestigung umfasst allerdings nur eine Hälfte der antiken Metropole.

In Trier hält sich Eugen nun den gesamten Winter 1147/1148 auf. Erst nach rund drei Monaten reist er mit seinem Tross wieder ab – plangemäß, denn er hat die Bischöfe nach Reims in Nordfrankreich zu einer Versammlung eingeladen. Der Besuch dürfte für den Erzbischof eine kostspielige Sache dargestellt haben, zumal der Papst nicht seinen Wunsch nach Standeserhöhung des Trierer Bistums erfüllt. Doch Albero dürfte auch andere deutsche Bischöfe in die Finanzierung miteingebunden haben, sagt Historiker Müller. Und nicht zu vergessen: Wo ein Papst, da wohl auch Händler und Gläubige, die nach Trier strömen und in der Stadt Ausgaben tätigen.

Eine damalige Vita Alberos schweigt sich größtenteils darüber aus, was Eugen in Trier macht. Sicher ist, dass er die neue Basilika von St. Eucharius/Matthias sowie die St.-Paulin-Kirche einweiht und seinen Amtsgeschäften nachgeht. „Aufschlüsse geben die in seiner Kanzlei ausgestellten Urkunden. Ein wichtiger Punkt dürfte auch die Vorbereitung des Reimser Konzils gewesen sein“; sagt Müller. Noch viel bedeutsamer: In Trier erfährt Eugen von den religiösen Visionen einer Nonne namens Hildegard von Bingen. Der Papst fordert eine erste Version ihres Buches an, nach deren Lektüre gibt er seinen Segen für die Veröffentlichung – „das war für Hildegard wie ein Ritterschlag“, sagt Michael Embach, der frühere Leiter der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier. In der Folge kann sich Hildegard in einer von Männern dominierten Epoche als Kirchenlehrerin und Ratgeberin etablieren, und das als „Nicht-Akademikerin“, wie Embach betont.

Die Basilika St. Matthias in Trier-Süd war der erste Aufenthaltsort von Papst Eugen III.

Foto: roland morgen (rm.) - roland morgen (rm.)

Was Erwähnung findet: das Weihnachtsfest im Trierer Dom. Der soll nach einer festlichen Prozession proppevoll gewesen sein. Und die ganze Zeit an Eugens Seite ist Zisterzienser-Abt Bernhard. Er ist übrigens auch mit dem Trierer Bischof Albero befreundet.

Letzter Papstbesuch in Deutschland für mehrere Jahrhunderte

Eugen III. stirbt im Jahr 1153. Er wird in Rom im Vorgängerbau des heutigen Petersdom, in Alt-Peter, beigesetzt. Dieser war bekanntlich von Konstantin dem Großen errichtet worden - dem römischen Kaiser, der einst in Trier residierte.

Nach Eugens Besuch wird es auch sehr lange dauern, bis ein Oberhaupt der katholischen Kirche erneut Deutschland aufsucht (bis 1782, sieht man von einem Gegenpapst ab, der sich im 15. Jahrhundert in Konstanz aufhielt). In Trier ist es bis heute der letzte Besuch eines amtierenden Papstes. Wann es wieder so weit ist? Wer weiß. Sollten aber Franziskus oder einer seiner künftigen Nachfolger Eugens Tour aufgreifen, Richtung Trier, stünde das Tympanon des einstigen Neutores zur Begrüßung weiterhin zur Verfügung. Das Tor selbst wurde zwar vor 150 Jahren abgerissen. Aber das Steinrelief hängt heute im Rathaussaal.