Alte Leitungen, durstige Schüler

Trier · Das Wasser im Ehranger Friedrich-Spee-Gymnasium enthält zu viel Eisen. Gesundheitsgefährdend sei die "leichte Grenzwertüberschreitung" allerdings nicht, betont die Stadt. Die Kinder wollen trotzdem nicht trinken.

 Klares Nass gibt es am Friedrich-Spee-Gymnasium in Ehrang erst, wenn man das Wasser eine Zeit lang ablaufen lässt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Klares Nass gibt es am Friedrich-Spee-Gymnasium in Ehrang erst, wenn man das Wasser eine Zeit lang ablaufen lässt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Trier Klares, kühles Nass, mit Kohlensäure oder ohne: Gerade an den heißen Tagen im Juni war der Trinkwasserspender am Trierer Auguste-Viktoria-Gymnasium häufig von durstigen Schülern belagert. Trinkflaschen wurden aufgefüllt, Becher unter den Hahn gehalten.
Am Friedrich-Spee-Gymnasium (FSG) in Ehrang waren die Temperaturen genauso unerträglich. Mit Leitungswasser löscht dort aber kaum ein Schüler seinen Durst. "Die Kinder ekeln sich nun mal, wenn braunes Wasser aus den Kränen kommt", sagt Schulleiter Karl-Josef Hammann.
Am letzten Schultag vor den großen Ferien, am vergangenen Freitag, hat der TV sich auf dem FSG-Schulhof umgehört. "Unsere Lehrer haben uns gesagt, wir sollen hier besser kein Wasser aus dem Hahn trinken", sagt ein Mädchen. Eine andere Oberstufenschülerin pflichtet ihr bei: "Unsere Leitungen sind so alt und rostig, dass das Wasser manchmal ganz braun ist."
In der jüngsten Stadtratssitzung empörte sich auch Margret Pfeiffer-Erdel, Ortsvorsteherin von Trier-Pfalzel: "Es darf doch nicht sein, dass es in unseren Schulen kein trinkbares Leitungswasser gibt. Nicht alle Kinder haben so viel Geld, sich beim Hausmeister ständig Getränke zu kaufen!"
Tatsächlich steht im Foyer des FSG ein großer Getränkeautomat mit Coca-Cola-Werbung. "Lieber wäre mir, wenn unsere Schule einen Wasserspender hätte, der über neue, saubere Leitungen ans Trinkwassernetz angeschlossen wäre", sagt FSG-Leiter Hammann. Einen entsprechenden Antrag hat das FSG - und auch die benachbarte Realschule, die ebenfalls in den 1970ern gebaut wurde und alte Leitungen hat - bei den Trierer Stadtwerken (SWT) eingereicht. Die SWT statten jedes Jahr zwei bis drei Trierer Schulen mit Trinkwasserspendern aus (siehe Info). Das FSG und die Realschule plus sollen allerdings erst dann einen gemeinsamen Wasserspender erhalten, wenn die benachbarte Sporthalle - seit Jahren wegen Baufälligkeit gesperrt - saniert ist und dort neue Leitungen verlegt sind. "Voraussichtlich 2018", teilen die SWT mit.
FSG und die Ehranger Realschule sind nicht die einzigen Schulen mit alten, rostanfälligen Wasserleitungen. "In allen Liegenschaften, die bis zum Ende der 1970er Jahre errichtet oder saniert worden sind, wurden verzinkte Stahlrohre eingebaut", erklärt der städtische Pressesprecher Ralf Frühauf. Jedes Jahr werde die Qualität des Leitungswassers an allen Schulen überprüft. Beim FSG zuletzt im Oktober. Dabei sei ein "erhöhter Eisengehalt" festgestellt worden, die "leichte Grenzwertüberschreitung" sei allerdings gesundheitlich unbedenklich. Aber immer, wenn solche erhöhten Eisenwerte an Schulen gemessen würden, werde eine "Spülung der Leitungen durch die Hausmeister veranlasst", erklärt Frühauf.
Dass das Wasser - trotz Rostfarbe - trinkbar ist, hat Schulleiter Hammann einer seiner Klassen im Selbstversuch bewiesen: Wie einst Ex-Umweltminister Klaus Töpfer, der durch den Rhein schwamm zum Beweis, wie sauber die deutschen Flüsse sind, füllte Hammann sich demonstrativ ein Glas am Klassenzimmerbecken und trank es aus. "Aber die Schüler gehen trotzdem nicht dran", sagt Hammann, der dafür Verständnis hat: "Ich wohne auch in einem älteren Haus. Die alten Wasserleitungen habe ich allerdings längst durch Kunststoffrohre erneuern lassen."
Die Stadt plant - vorrangig aus Kostengründen - nicht, die alten Leitungsnetze der Schulen zu ersetzen. Sobald Armaturen kaputt gehen und ersetzt werden müssten, würden diese allerdings durch "selbstspülende ausgetauscht, die die Stagnation des Wassers in den Leitungen verhindern und das gelöste Eisen selbstständig ausspülen", teilt das städtische Presseamt mit.KommentarMeinung

Wertvolles Gut
Das Trinkwasserproblem an Trierer Schulen hat auch eine pädagogische Dimension: Kinder und Jugendliche lernen Kranenwasser - für das in Deutschland höchste Qualitätsansprüche gelten - als nicht genießbar kennen. Zurückgegriffen wird auch auf industriell hergestellte Getränke. Die belasten allerdings nicht nur unnötig den Geldbeutel, sondern sind häufig auch ungesund und - nicht zuletzt - oft in Plastikflaschen abgefüllt, die der Umwelt schaden. Als "Zivilisationskrankheit" könnte man diese Entfernung vom einfachsten und - in unserem Land - allgegenwärtigen wertvollen Gut Trinkwasser bezeichnen. Die SWT-Aktion, unser gutes Leitungswasser durch praktische Spender aufzuwerten, ist daher gut! Werden von den 44 Trierer Schulen alljährlich allerdings nur zwei bis drei Schulen ausgerüstet, müssen wohl einige der heute neu Geborenen noch bis zum Abitur warten, um sich an diesen zu erfrischen. c.wolff@volksfreund.deExtra: TRINKWASSERSPENDER AN TRIERER SCHULEN


Die Stadtwerke haben vier Trierer Schulen bereits mit Trinkwasserspendern ausgestattet. In diesem Jahr kommen das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, das Humboldt-Gymnasium und die Grundschule St. Peter in Ehrang dazu. Die SWT übernehmen die Installations- und Folgekosten sowie die Wartung. An den Spendern kann Leitungswasser und mit Kohlensäure versetztes Leitungswasser entnommen werden. Die Wasserqualität wird regelmäßig überprüft. Die Kohlensäure-Flaschen werden von den Hausmeistern der Schulen ausgetauscht.

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