Am Ende nur noch Rosenkrieg

Trier · Der seit Monaten schwelende Krach in der Trierer Stadtratsfraktion der Partei "Die Linke" ist endgültig eskaliert. Katrin Werner, Ratsmitglied und Bundestagsabgeordnete, ist gestern aus der Fraktion ausgetreten, behält aber ihr Mandat. Die Konsequenzen sind drastisch.

 Tischtuch endgültig zerschnitten: Katrin Werner und Johannes Verbeek. Archiv-Foto: Christiane Wolff

Tischtuch endgültig zerschnitten: Katrin Werner und Johannes Verbeek. Archiv-Foto: Christiane Wolff

In der Linken-Fraktion verbleibt dann nur noch der Vorsitzende Johannes Verbeek. Damit ist nach der städtischen Satzung der Fraktionsstatus futsch - und damit auch die Vertretung in den Ausschüssen sowie Teile des Antragsrechtes und der Finanzierung. Eine Katastrophe für die politische Vertretung von immerhin fast 1500 Trierer Wählern.

Seit der Kommunalwahl hatte es fast pausenlos gekracht. Der sperrige, aber enorm fleißige und in der Trierer Kommunalszene bewanderte Verbeek geriet mit fast allen über Kreuz. Erst warf Fraktionskollege Marc Gleißner den Bettel hin, worauf Katrin Werner nachrückte. Dann schmiss Verbeek Fraktionssekretär Konny Kanty raus, seinerseits nächster Nachrücker für den Rat. Unterdessen war Werner überraschend in den Bundestag eingezogen und engagierte Gleißner und Kanty für ihr Abgeordnetenbüro.

Gegenseitige Rücktrittsforderungen flogen durch die Luft, am Ende landete man gar vor Gericht. Verbeek stieg aus der Fraktion aus, dann wieder ein. Angesichts des politischen Flurschadens versuchte man, sich zusammenzuraufen - bevor nun Werner endgültig die Reißleine zog. Jetzt muss der Stadtrat zum dritten Mal innerhalb eines Jahres seine Ausschüsse neu besetzen.

Ein bisschen ratlos wirkt Katrin Werner schon. "Mangelnde Kompromissbereitschaft" und "zu wenig Respekt gegenüber der Partei" wirft sie Verbeek vor. Der habe alles an sich gezogen und die Partei "immer weiter auseinanderdriften lassen". Es habe keinen Sinn, "weiterzufahren auf zwei Schienen, die nicht zueinanderfinden". Es gebe ein "unterschiedliches Politikverständnis". Dennoch habe sie sich mit der Entscheidung schwergetan, "auch im Hinblick auf das, was wir der Verwaltung und den anderen Fraktionen zumuten".

Verbeeks Reaktion wiederum macht deutlich, warum es wohl keine gemeinsame Perspektive mehr gab. Katrin Werner sei "verrückt und therapiebedürftig", schimpft er, "und das können sie ruhig so schreiben". Die Erklärungen seiner Parteikollegin, von denen er nur über Verwaltung und Presse erfahren habe, seien "Gelaber und Gesülze". Er selbst habe im Rat die ganze Arbeit gemacht und dabei "ziemlich alleine dagestanden". Die Linken-Partei sei in Trier "nicht politikfähig" und drehe sich "nur um sich selbst".

Damit zeichnet sich ein weiterer Kriegsschauplatz ab: Im Juni endet die gemeinsame Amtszeit von Verbeek und Werner als Trierer Parteivorsitzende. Die Partei sei zwar "nicht sein Hauptbetätigungsfeld", sagt Verbeek, aber kampflos gibt er nicht auf. Er will "durch Neueintritte neue Mehrheiten schaffen". Parallel will er ein Parteiausschluss-Verfahren gegen Werner beim Bundesverband beantragen. Ihr Ratsmandat solle sie zurückgeben.

Inhaltliche Gründe für die Unversöhnlichkeit können beide nicht nennen. In der Sache mache Verbeek "eigentlich eine gute Arbeit", räumt Werner ein. Und auch Verbeek fällt keine inhaltliche Sollbruchstelle ein.

Meinung Ende mit Schrecken
Der Krach bei den Linken hat schon etwas Tragikomisches. Das Verhältnis der Akteure wirkt so verkorkst wie bei einem alten Ehepaar, wo schon das Nicht-Verschließen einer Zahnpastatube als Affront verstanden wird. Da ist eine Scheidung mit Schrecken manchmal immer noch besser als ein Rosenkrieg auf Raten. Das Problem ist nur, dass die Linken mit ihrem Antreten bei der Kommunalwahl Verantwortung übernommen haben. Verantwortung für die Interessen einer bestimmten Klientel, aber auch Verantwortung als Kontroll- und Oppositionsfraktion gegenüber der neuen Mehrheit. Beides haben sie geopfert, und zwar nicht aus gewichtigen inhaltlichen Gründen, sondern aufgrund von Befindlichkeits-Fragen. Das ist traurig und enttäuschend. Da wird es wenig bringen, wenn man nach Schuldigen sucht. Das funktioniert auch bei alten Ehepaaren selten. Jeder hat etwas, was er auf die Rechnung setzen kann. Und irgendwann artet es in peinliche Beleidigungen aus. Helfen könnte nur, dass sich die Protagonisten auf beiden Seiten zurückziehen und Platz machen für einen kommunalpolitischen Neuanfang. Genau das haben aber sowohl Johannes Verbeek als auch Katrin Werner ausgeschlossen. Schlecht für die Linke. d.lintz@volksfreund.de

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