"Am ersten Abend war ich platt"

TRIER. Zwei Wochen lang heißt es für Marie Claire Zimmermann und 80 ihrer Mitschülerinnen: Arbeit statt Schule. Die Zehntklässler des Angela-Merici-Gymnasiums Trier absolvieren ihr Sozialpraktikum.

 Marie Claire Zimmermann folgt mit ihrem Lehrer Jürgen Bonertz (rechts) den Ausführungen von Sozialarbeiter Köppe. TV-Foto: Christin e Cüppers

Marie Claire Zimmermann folgt mit ihrem Lehrer Jürgen Bonertz (rechts) den Ausführungen von Sozialarbeiter Köppe. TV-Foto: Christin e Cüppers

Seit über einer Woche geht Marie Claire Zimmermann aus und ein in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in der Trierer Dasbachstraße. Die 15-jährige AMG-Schülerin hat sich "auf jeden Fall gegen eine Arbeit im Krankenhaus" und für die AfA unter den Stellen für das zweiwöchige Sozialpraktikum entschieden. "Anfangs hatte ich eigentlich keine Lust auf dieses Praktikum", gesteht die junge Dame. Diese Einstellung hat sich schnell geändert, vor allem dank der Offenheit der "Kollegen" in der Einrichtung. Martin Höhl, Leiter des Sozialdienstes, ist schon auf die "AMG-Mädels" eingestellt, gibt es doch seit Jahren Anfragen nach einem Praktikum. Und das wird in der Regel gerne gewährt. In Absprache mit den einzelnen Stellen in der Einrichtung erarbeitet Höhl einen Arbeitsplan, der einen möglichst vielseitigen Einblick in die Aufgabengebiete geben soll. Der erste Tag war für Marie Claire anstrengend. AfA-Leiter Wolfgang Bauer, Martin Höhl und Sozialarbeiter Karl-Heinz Köppe informierten die Schülerin über die Einrichtung, ihre Struktur, die unterschiedlichen Arbeitsbereiche. Ausgestattet mit einem Generalschlüssel - "den muss ich abends immer beim Pförtner abgeben" - ging es dann auf den ersten Rundgang durch die Dienststelle. "An dem Abend war ich platt", erinnert sich Marie Claire Zimmermann. Aber so, wie ihre "Betreuer" nicht lange brauchten, sich an den sympathischen Gast zu gewöhnen, so stellte sich die Praktikantin schnell auf den schulfremden Tagesrhythmus um. Im Schlepptau von "Papa" Köppe, wie der Sozialarbeiter im Unterbringungsgebäude "Haus 5" liebevoll genannt wird, lernte die 15-Jährige bald die ersten Bewohner kennen. 80 Asylbewerber leben zurzeit in Haus 5, 160 insgesamt in der AfA. Täglich findet ein Rundgang statt, bei dem die Sozialarbeiter die Zimmer auf Ordnung und Sauberkeit überprüfen, vor allem aber soziale Kontakte knüpfen und pflegen. "Diese Rundgänge finde ich am interessantesten, weil ich dabei die Menschen treffe", berichtet Marie Claire. Ganz klarer Vorteil für die junge dunkelhäutige Frau mit den strahlend schwarzen Augen ist dabei ihr großer Sprachenschatz. Lachend zählt sie auf, dass sie Deutsch, Französisch, Englisch und Twi, die Sprache ihrer Mutter aus Ghana, sehr gut spreche und portugiesisch einigermaßen verstehen könne. "Da habe ich sie gleich mal als Dolmetscherin eingesetzt", erzählt Karl-Heinz Köppe vergnügt. Kaum Fremdsprachen-Kenntnisse seien in der Spielstube der AfA notwendig gewesen, so Marie Claire. Dort, wo sieben Kinder nach der Schule betreut werden, sprechen die meisten deutsch. Begeistert hätten die Kinder mit "der Neuen" ihre Hände auf Papier gedruckt. Aufnahme- und Transferbüro, Job-Center, Essenskarten-Tausch, Krankenstation, Beratungsstelle, Jugendprojekt, Teestube und Polizei stehen noch auf dem Praktikumsplan von Marie Claire Zimmermann. Dem Anliegen von Martin Höhl, sich doch möglichst an den Plan zu halten und nicht nur einen "Lieblingsplatz" in der Einrichtung zu besuchen, kommt die Schülerin gerne nach. Schließlich will sie einen breiten Einblick in die AfA gewinnen. Schon länger interessiert sie sich für die Flüchtlings-Thematik, auf die sie durch das Buch "Feuerherz" von Senait Mehari, ein Geschenk ihres Vaters, aufmerksam wurde.Positive Eindrücke

Die Zeit in der Aufnahmeeinrichtung führt der Triererin noch deutlicher vor Augen, "dass die Menschen, die hier für drei Monate leben, es nicht leicht haben". Sowohl beim Abschlussgespräch in der AfA, als auch in ihrem Bericht für die Schule, wird Marie Claire Zimmermann positive Eindrücke ihres Praktikums schildern. Vielseitig und interessant, abwechslungsreich und verbunden mit Kontakten "fast in die ganz Welt" sei die Zeit gewesen.

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