Amors Pfeil trifft einen Hausbesitzer

Trier-Tarforst · Er ist das einzige Haus seiner Art in Tarforst: der Maximinerhof am Hötzberg. Früher einer von mehreren Höfen ist das historische Bauwerk heute im Stadtteil ein Denkmal mit Seltenheitswert. Vor 425 Jahren wurde der Grundstein gelegt, seit 200 Jahren ist das Haus in Familienbesitz. Marcellus Gehlen kümmert sich mit Hingabe um das Gemäuer.

 Ist stolz auf sein Geburtshaus: Marcellus Gehlen kümmert sich mit Hingabe um den historischen Maximinerhof in Trier-Tarforst. TV-Foto: Cordula Fischer

Ist stolz auf sein Geburtshaus: Marcellus Gehlen kümmert sich mit Hingabe um den historischen Maximinerhof in Trier-Tarforst. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier-Tarforst. Marcellus Gehlen (81) erinnert sich noch gut daran, wie er früher als Landwirt Getreidesäcke die 37 Stufen der engen Wendeltreppe auf den Speicher geschleppt hat. Heute schmerzen seine Knie, den Treppenturm steigt er aber immer noch ab und zu hinauf - allerdings ohne Säcke. Oben auf dem Dachboden scheint die Zeit stehengeblieben - alte Geräte sind Boten der Vergangenheit, und der Dachstuhl aus Eichenholz, der alte Räucherofen und die lehmverputzten Wände scheinen Geschichten zu speichern. Geschichten aus 425 Jahren. So lange steht das Haus am Hötzberg 4 in Tarforst schon. Früher gab es noch eine Scheune für Getreide und Vieh. Sie wurde 1977 abgerissen. An ihrer Stelle baute Marcellus Gehlen, heutiger Besitzer des Anwesens, das neue Wohnhaus. Er selbst kam im alten Maximinerhof zu Welt.
Über der Einganstür informiert ein Wappen über die Erbauungszeit: 1586. Damals gehörten der Hof und die Ländereien zur Abtei St. Maximin (siehe Extra). In dem herrschaftlichen Bau lebte der Hofmann, der die Abgaben der Bevölkerung einzog: den Tarforster Heuzehnt und den Kleinen Zehnten. Dort wurde auch Gericht gehalten.
Im 16./17. Jahrhundert existierten auf Tarforster Gebiet mehrere Höfe. Erhalten geblieben ist nur der Gehlen\'sche Maximinerhof. Es ist das älteste Haus im Ort. Und das pflegt Gehlen, denn "es ist ein Schmuckstück des Stadtteils". Er selbst hat dort noch auf zehn Hektar Fläche Landwirtschaft betrieben, bevor er den Hof mit 43 Jahren aufgab und in die Universitätsverwaltung wechselte. "Früher waren 95 Prozent der Tarforster Landwirte oder Winzer. Aber das hat sich nicht mehr rentiert", sagt Gehlen. Als er geboren wurde, hatte das Dorf 450 Einwohner. Heute sind es mehr als 6600.
Im Jahr 1811 haben Vorfahren von Gehlen den Hof von der französischen Saar-Departement-Verwaltung gekauft. Seither ist er in Familienbesitz. 1930 wurde das Gebäude renoviert. Im Zweiten Weltkrieg sind nur wenige Schäden am Haus entstanden. Gehlen erinnert sich noch, dass sich seine Familie während der Luftangriffe in dem gemauerten Gewölbekeller unter dem Haus versteckte, in dem Wein und Lebensmittel lagerten.
Umfangreiche Renovierungsarbeiten wurden 1986/87 gemacht. Sie waren die Vorbereitung auf die 400-Jahr-Feier des Hauses, die im Mai 1988 den ganzen Stadtteil auf Trab hielt. Sogar ein eigens erstelltes, 56 Seiten starkes Heftchen "400 Jahre Maximiner Zehntscheune" wurde aufgelegt.
Das Hausfest war angebracht: Denn Gehlen zahlte die Sanierung unter hohen denkmalpflegerischen Auflagen aus eigener Tasche. Der Erlös des Fests - so hat es Gehlen auch mit Geschenken zu seinem 75. und 80. Geburtstag gehalten - war für die Restaurierung des Tarforster Flurkreuzwegs gedacht.
Vor zehn Jahren hat das Haus noch einmal einen neuen Anstrich erhalten. Außerdem hat Gehlen an der Hauswand neben dem Eingang ein Wappenschild anbringen lassen. Darauf zu sehen sind ein rotes Kreuz, Getreideähren, Weintrauben und eine Eichel mit Eichenlaub - Zeichen für die landwirtschaftliche Vergangenheit (Ackerbau, Forstwirtschaft, Weinbau) und die ehemalige Zugehörigkeit zur Benediktinerabtei St. Maximin. Kurios: Auf dem Dach steht kein Hahn, kein Kreuz ziert die Spitze des Turms, sondern Amor, Gott der Liebe. Warum, weiß Gehlen nicht. Getroffen hat Amors Pfeil allerdings: Seine Liebe für das denkmalgeschützte Kleinod gibt Marcellus Gehlen an die nächste Generation weiter.
Maximinerhöfe sind ursprünglich grundherrschaftliche Wirtschaftshöfe der Benediktinerabtei St. Maximin in Trier gewesen. In der Region gab es mehrere dieser Höfe. Die Abtei besaß viele Ländereien, deren Erträge den Mönchen des Klosters ein mehr oder weniger luxuriöses Leben ermöglichten. Der Maximinerhof in Longuich wurde zum ersten Mal im 12. Jahrhundert erwähnt, das bestehende Gebäude wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Das Maximinerhofgut in Oberemmel stammt aus dem Jahr 1732 (Vorgängerbau von 1663). Weitere Höfe gab es in Kenn und Detzem mit Gütern bis Riol und Thalfang. St. Maximin war eines der bedeutendsten Klöster des Mittelalters, das Güter von der Ahr bis Rheinhessen, von Metz bis an die Lahn und auch an der Mosel rund um Schweich besaß. Noch heute weisen Weinlagen wie Maximiner Herrenberg (Longuich), Maximiner Hofgarten (Kenn) und Detzemer Maximiner Klosterlay darauf hin. cofi

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