Amtsgericht verurteilt 88-jährigen Rechtsanwalt

Trier · Der Trierer Rechtsanwalt Z. hat nach Überzeugung des Amtsgerichts eine Mandantin aus der Verbandsgemeinde Trier-Land dabei unterstützt, rund 280 000 Euro zu unterschlagen. Das Geld stammt aus dem Besitz eines verstorbenen Bekannten der Frau.

Trier. Es waren zwei zentrale Fragen, die das Trierer Amtsgericht in dem Prozess gegen einen 88-jährigen Trierer Rechtsanwalt klären musste: Hatte eine 71-Jährige aus der Verbandsgemeinde Trier-Land das Erbe ihres im Jahr 2000 verstorbenen Bekannten unterschlagen? Und wenn ja: Hätte Rechtsanwalt Z. wissen müssen, dass die rund 280 000 Euro, die er für die Frau verwaltete, gar nicht rechtmäßig seiner Mandantin gehörten?
"Ich bin davon überzeugt, dass Frau K. wusste, dass ihr das Geld nicht zusteht", erklärte Oberstaatsanwalt Hans-Peter Hemmes in seinem Plädoyer am gestrigen fünften Verhandlungstag. "Und alle Belege, die wir bei der Durchsuchung Ihrer Kanzlei gefunden haben, sprechen dafür, dass auch Sie wussten, dass Frau K. das Geld nicht zustand", richtete sich Hemmes an den angeklagten Rechtsanwalt Z.
Trotzdem habe dieser die Frau dabei unterstützt, das Geld dem rechtmäßigen Erben, dem Sohn des Verstorbenen, vorzuenthalten. Dass der Rechtsanwalt später das Geld gar für eigene Zwecke eingesetzt und seiner Mandantin dafür monatlich rund 700 Euro ausgezahlt habe, erfülle sogar "viele Tatbestände der Geldwäsche", warf Hemmes dem Angeklagten vor. "Dafür fehlen lediglich die Tatmerkmale, bandenmäßig und organisiert vorgegangen zu sein", erklärte der Oberstaatsanwalt, der eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten forderte, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.
Verteidiger Hermann-Josef Dupré plädierte dagegen auf Freispruch für seinen Mandanten: "Frau K. war überzeugt davon, dass sie sich um das Erbe des Verstorbenen kümmern sollte", erklärte Dupré. "Und mein Mandant ist gutgläubig der Täuschung erlegen, dass es sich um das rechtmäßige Geld der Frau handelte."
Doch Richter Helmut Reusch und seine beiden Schöffen glaubten das nicht: Rechtsanwalt Z. hätte Zweifel an den Schilderungen der Frau haben müssen, stattdessen habe er "billigend in Kauf genommen", dass das Geld, das er verwaltete, aus einer Straftat stammte. In erster Linie hätte Rechtsanwalt Z. so gehandelt, weil er selbst in einer wirtschaftlich schwierigen Situation steckte und das Geld gut für Zwischenfinanzierungen gebrauchen konnte. Dass das Geld letztlich - nach mehreren Gerichtsverfahren - an den Sohn des Verstorbenen zurückgezahlt wurde, die Angelegenheit schon mehrere Jahre zurückliegt und Rechtsanwalt Z. nicht vorbestraft ist, wertete Richter Reusch als strafmildernde Umstände.
Ein Berufsverbot sieht das Gesetz nur vor, wenn die Gefahr besteht, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehe. "Diese Gefahr sehe ich hier nicht", hatte Oberstaatsanwalt Hemmes erklärt.
Das Amtsgericht verurteilte den 88-Jährigen schließlich zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen - was einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten entspricht. Den vom Einkommen abhängigen Tagessatz taxierte das Gericht auf 40 Euro.

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