Andrea Sand, nicht Leibe

Trier · Sie ist clever, emanzipiert und weiß, was sie will und was nicht: Professorin Dr. Andrea Sand unterrichtet englische Linguistik an der Universität Trier. Verheiratet ist sie mit dem künftigen Trierer Oberbürgermeister, Wolfram Leibe.

Trier. Studenten, die glauben, bei Professorin Andrea Sand könnten sie eine nette Zeit verbringen und nebenbei ein bisschen englische Sprachwissenschaft lernen, sitzen im falschen Seminar. Andrea Sand mag keine Faulenzer. Wer schon länger Anglistik studiert, weiß das.
"Sie stellt hohe Anforderungen, setzt hohe Standards und ist sehr anspruchsvoll, aber unheimlich gut", schwärmt eine Studentin, die schnell verstanden hatte, was von ihr verlangt wurde. "Dabei nimmt sie sich Zeit für ihre Studenten, unterstützt sie und bleibt stets fair."
Keine Selbstverständlichkeit in einem akademischen Betrieb, in dem die Lehre nur einen Teil der Tätigkeit ausmacht und wo Gremienarbeit, Organisatorisches und Ämter viel Zeit fressen. Doch Andrea Sand liebt es, zu unterrichten, und wenn sie über englische Linguistik in ihren vielen Facetten spricht, erscheint diese Wissenschaft, die die englische Sprache untersucht, ein überaus spannendes Studienobjekt.
Für ihre Forschungen brennt sie, sei es über die linguistischen Variationen in Jamaika, der Karibik und Afrika, Variationen des Englischen auf den britischen Inseln, Englisch als Weltsprache oder aktuell die Entstehung des Singapur-Englisch. Portland (Ohio), dort, wo sie während ihrer Gastprofessur lebt, ist ihr der liebste Ort in den USA. Kein Wunder, denn ihre Liebe zu den Vereinigten Staaten ist alt. Mit zehn Jahren fliegt sie zum ersten Mal über den Atlantik - zu ihrer Tante nach New York, die wiederum "in eine sehr internationale Familie eingeheiratet hat", sagt Sand schmunzelnd. Mit 15 wohnt sie ein Jahr lang bei einer Gastfamilie in Wisconsin und legt dort ihren Highschool-Abschluss ab. Nach dem Abitur will sie sich fit machen für den diplomatischen Dienst und beginnt 1984 ein Studium in Freiburg. "Da habe ich gemerkt, dass mir Wissenschaft Spaß macht", erzählt die heute 50-Jährige. Spätestens als sie 1991 ihren Magister mit Auszeichnung besteht, steht fest: Andrea Sand ist für den diplomatischen Dienst verloren. Ihre akademische Laufbahn geht dafür steil nach oben. 2005 erhält die Wissenschaftlerin einen Ruf, (also eine Stelle) an die Leibniz Universität Hannover, 2007 an der Universität Trier.
Dass sie einmal als Frau des Oberbürgermeisters interviewt werden würde, hätte sie damals nicht gedacht. Daran, dass Menschen sie treffen wollen, weil sie "Frau Leibe" ist, musste sie sich erst einmal gewöhnen. Auch an die Bitten, die an sie herangetragen werden. "Ich sage dann, ich leite es weiter oder ich schreibe meinem Mann einen Zettel. Ich will auch keine Stiftung gründen oder sonst einen Nebenschauplatz aufmachen", sagt sie bestimmt. "Ich habe viele neue Leute kennengelernt, was ein Gewinn ist." Doch sie stellt nachdrücklich fest: "Meine Aufgabe ist die Förderung des akademischen Nachwuchses." Punkt! Andrea Sand weiß, was sie will. Kommunalpolitik zu machen, gehört nicht dazu.
Aber ihr Mädchenname, der passt zu ihr. Sand, nicht Leibe. "Können Sie sich vorstellen, wie Leute im Ausland Leibe schreiben oder aussprechen?", fragt sie. "Da kommen Sie mit Sand besser hin. Ich arbeite ja hauptsächlich mit englischen und französischen Kollegen. Dafür ist unser Familienname Leibe." Pauline Leibe heißt auch die gemeinsame Tochter. Sie ist 15 und wohnt seit diesem Schuljahr in einem Internat im Schwarzwald. Als der Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters losging, wurde ihr der Trubel um den Vater zu viel. Sie wollte weg. "Das Internat tut ihr richtig gut. Dort müssen sie Dienste machen und was für die Allgemeinheit tun. Ein paar Freundinnen hat sie auch schon", sagt Andrea Sand. Damit es ohne Kind zu Hause nicht gar zu ruhig wird, sorgt Toffee, ein quirliger Cavalier-King-Charles-Spaniel. Mit ihm geht Andrea Sand Gassi, wenn sie abschalten will, während ihr Mann Wolfram Zeitung liest oder Musik hört. Eine Leidenschaft, die sie im Übrigen beide teilen. In der Oper, wo sich Dramen um Sehnsucht, Liebe und Passionen abspielen, rückt der stressige Alltag schnell in weite Ferne.
Vielleicht entspannt aber auch das Backen. Was sie sehr gut könne, urteilt eine Freundin, die sich noch gerne an das köstliche Weihnachtsgebäck aus dem Hause Leibe/Sand erinnert. Am meisten schätze sie an Andrea Sand jedoch ihren "sehr trockenen Humor. Der ist einfach zum Kugeln." Zuverlässig sei sie und ... sie überlegt. "Andrea ist sehr treu. Sie kommt fast zu jedem Konzert des Collegium Musicum, weil ein Kollege von ihr mitspielt."
Na ja, der ein oder andere Anglistik-Student vielleicht auch. Andrea Sand nimmt sich eben Zeit für all das, was ihr wichtig ist.
Verona KerlExtra

Professorin Dr. Andrea Sand, geboren am 13. Januar 1965, verheiratet mit Wolfram Leibe, gemeinsame Tochter: Pauline (15 Jahre). Von 1984 bis 1990 studierte sie Englisch, Politikwissenschaft und allgemeine Linguistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 1991 bestand sie den Magister Artium mit Auszeichnung zum Thema: Tempus und Aspekt im Tok Pisin. 1996 schloss sie ihren Doktor in englischer Linguistik mit summa cum laude (mit höchstem Lob) ab, ihre Habilitation folgte 2005, danach erhielt sie einen Ruf an die Leibniz-Universität Hannover, seit 2007 lehrt sie in Trier, wo sie von 2008 bis 2010 Fachbereichsleiterin war. Daneben engagiert sie sich unter anderem in Kommittees, ist Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats Sprachenzentrum sowie Mitglied des Prüfungsausschusses im Fachbereich II an der Universität Trier. vkExtra

... Andrea Sand Was lesen Sie gerade? Sand: "The Circle von David Eggers." Welchen Sport treiben Sie? Sand: "Ich bin in einer Turngruppe fürs allgemeine Muskeltraining. Ich gehe mit dem Hund spazieren, und wenn es draußen über 10 Grad Celsius ist, laufe ich." Wie heißen Ihre Lieblingsoper und Ihre Lieblings-CD? Sand: "Meine Lieblingsoper ist die Walküre von Wagner und meine Lieblings-CD ist Dominique Horwitz singt Jacques Brel." Was sehen Sie regelmäßig im Fernsehen? Sand: "Ich schaffe es nicht, regelmäßig fernzusehen. Aber wenn, sehe ich gerne The Voice Kids." vk

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