Jüdisches Leben in der Region Trier Auf den Spuren jüdischer Vorfahren: Paar aus Südafrika besucht Schweich
Schweich · Die Stadt Schweich ist mit ihrer Lebensgeschichte verbunden: Michael Kahn aus Südafrika und seine Frau Annelie waren dort auf den Spuren ihrer Familie unterwegs. Unter anderem suchen sie ein Foto von Michaels Großonkel Nathan Kahn. Der Schweicher starb während des Zweiten Weltkriegs im Vernichtungslager Treblinka.
Der Südafrikaner Michael Kahn, außerordentlicher Professor an der Universität Kapstadt (Südafrika), sitzt im Foyer der Schweicher Synagoge und hält sein Smartphone in der Hand. Auf dem Bildschirm sind Schwarzweißfotos zu sehen – eine Sammlung an Erinnerungen und Fotos an seine jüdischen Vorfahren. Kahn und seine Frau Annelie sind auf Europareise. Auf den Spuren ihrer Familiengeschichte ging es über Amsterdam nach Saarbrücken, von wo aus die beiden den Geburtsort des Vaters in Bous bei Saarlouis besuchten. Danach bereisten sie die erste Etappe der Fluchtroute in Luxemburg und trafen dort auf Henri Juda, Initiator der Arbeitsgemeinschaft „Grenzenlos gedenken“.
In Schweich an der Mosel lebte Michaels Großonkel, Nathan Kahn. Er war der letzte Vorsitzende von Schweichs Jüdischer Gemeinde. Als im November 1939 die Zwangsversteigerung des Gemeindebesitzes angeordnet war, verkaufte er Synagoge und jüdische Schule an einen Landwirt. Beide dienten nach dem Angriff auf Frankreich als Kriegsgefangenenlager. Am 1. Dezember 1941 musste Nathan Kahn als letzter Jude Schweich verlassen. Von Trier wurde er am 26. Juli 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Am 19. September kam er in das Vernichtungslager Treblinka und wurde später für tot erklärt.
Michael und Annelie sind sichtlich bewegt, als sie den ehemaligen Gebetsraum der in den 1980er Jahren restaurierten Schweicher Synagoge betreten, die nun als Kulturzentrum genutzt wird. Lange wussten beide nicht viel über ihre Familienhistorie, zu Hause wurde geschwiegen, wenig erzählt. Angefangen habe alles mit einem Schuhkarton mit alten Fotos und Postkarten. Mit dem Eintritt in die Rente habe er nun mehr Zeit, sagt Michael, um sich auf Spurensuche zu seiner Familiengeschichte zu begeben. Einiges habe er an Informationen schon zusammengetragen.
Nach einem ersten Besuch in Schweich 2019 wollten sie aber nun noch einmal herkommen und auch den Innenraum der ehemaligen Synagoge betreten. Empfangen wurden die beiden von Willi Thul, Kustos der Synagoge, Peter Szemere (Jüdische Gemeinde Trier), Michael Manikowski (Partnerschaft für Demokratie der Verbandsgemeinde Schweich) und Judith Schwickerath (AG Gedenken, Pastoraler Raum Schweich). Ein intensiver Austausch und die Suche nach Antworten prägten das Gespräch und die Begegnungen, ebenso das Gefühl einer tiefen Verbundenheit.
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