Anwohner im Stadtrat: Filscher fordern Informationen

Trier · Mit 45 zu fünf Stimmen bei zwei Enthaltungen hat der Trierer Stadtrat entschieden, im Filscher Neubaugebiet Wohnraum für Flüchtlinge bereitzustellen. Das Thema hatte unter Anwohnern für Aufregung gesorgt. Auch im Stadtrat diskutierten am Dienstagabend zahlreiche Bürger mit.

Trier. "Wir wollen Transparanz und Klarheit" - Diese Aussage des Baudezernenten Andreas Ludwig könnte als Motto über dem stehen, was am Dienstagabend im Trierer Stadtrat passiert ist. Eine Dreiviertelstunde lang stellten sich Bürgermeisterin Angelika Birk, Oberbürgermeister Wolfram Leibe und Ludwig den Fragen von Anwohnern des Filscher Neubaugebiets BU 14, in dem künftig Flüchtlinge untergebracht werden sollen (der TV berichtete). Damit beugte Leibe gleich zweimal die Regeln: In der Einwohnerfragestunde darf eigentlich nicht zu Themen gefragt werden, die auf der Tagesordnung stehen. Außerdem ist sie auf 30 Minuten beschränkt. Wie viele Flüchtlinge werden in Neufilsch leben und ab wann? Ist eine Mischung vorgesehen mit anderen sozial Bedürftigen, so dass Integration gewährleistet ist? Wann werden die Wohnungen gebaut? Werden es Einfamilienhäuser, Reihenhäuser? Sprechen Sie bei 250 bis 300 Flüchtlingen noch von einer dezentralen Unterbringung? All das wollen die Bürger vom Stadtvorstand wissen. Auch die geplante Filscher Kita, bei der kürzlich gravierende Versäumnisse bei der Planung bekannt wurden (der TV berichtete), wird thematisiert und mit den Flüchtlingen in Zusammenhang gebracht. Leibe entschuldigt sich bei den Eltern: "Ich weiß, Sie sind unter anderen Voraussetzungen nach Filsch gezogen."
Für die Debatte um die Flüchtlinge finden Birk, Ludwig und Leibe nicht so versöhnliche Worte. Gleich zu Beginn stellt der Oberbürgermeister klar: "Wir haben zur Zeit eine Flüchtlingskatastrophe in Europa und wir als Stadtverwaltung müssen Lösungen dafür finden. Das klappt bis jetzt richtig gut." Pro Woche müssten 50 Asylbegehrende untergebracht werden. Bislang müsse in Trier niemand unter freiem Himmel oder - wie in anderen Städten - in Hallen schlafen. Bis Mitte/Ende Februar 2016 sei die Unterbringung gesichert. Danach müsse Platz geschaffen werden. Deshalb soll ein Teil des Filscher Neubaugebietes Ober der Herrnwiese, der für Sozial wohnungen vorgesehen war, übergangsweise für Flüchtlinge umgewidmet werden.
"Die Situation ist nicht perfekt", sagt Leibe. Optimal wäre, wenn in einem Zwölffamilienhaus sechs Flüchtlingsfamilien und sechs Nicht-Flüchtlingsfamilien untergebracht wären, "aber das werden wir nicht erreichen." Birk leitet einen Dank von Ministerpräsidentin Malu Dreyer weiter: "Trier nimmt für das ganze Land eine herausragende Rolle wahr." Es sei unglaublich, was die Stadt leiste, sagt die Bürgermeisterin. Sie betont aber, dass bislang in den Höhenstadtteilen nur wenige Flüchtlinge untergebracht seien.
Ludwig mahnt: "Wir wollen eine Gesellschaft ohne Segregation (Trennung) - da die Reichen, da die sozial Bedürftigen." Wenn man Willkommenskultur wörtlich nehme, müsse man auf die Menschen zugehen. Aber: "Wir haben Ihre Befürchtungen verstanden." Ein paar der Befürchtungen räumt er gleich aus: So, wie er das sehe, sei nicht von einer Wertminderung der Nachbargrundstücke auszugehen - auch wenn das schwierig zu bewerten sei. Außerdem verspricht er den Bürgern, sich an den Bebauungsplan zu halten.
Leibe bittet um Geduld: Im Februar müsse der Stadtrat den Planungsauftrag erteilen, erst dann werde es um Details gehen. "Ich sehe die Ernsthaftigkeit Ihrer Fragen. Nutzen Sie das Angebot im Januar und lassen Sie uns dort basierend auf konkreten Fakten diskutieren." Der Stadtrat stimmt der Beschlussvorlage mit 45 Stimmen zu. Fünf Mitglieder sprechen sich dagegen aus (eine Stimme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und vier Stimmen der FWG-Fraktion). Zwei Mitglieder der AfD-Fraktion enthalten sich.
Die Stadt bietet am Dienstag, 12. Januar, um 19.30 Uhr eine Bürgerinformation an, an der Angelika Birk und Andreas Ludwig teilnehmen werden.

Meinung

Vertrauen, auch wenn's schwerfällt
Die Stadt nimmt die Sorgen und Ängste der Filscher ernst. Die Bürger dürfen zu einem Tagesordnungspunkt Fragen stellen und das eine Dreiviertelstunde lang. Beides ist in einer Stadtratssitzung nicht üblich. Nun bitten die Verantwortlichen um Vertrauen und Geduld. Auch wenn gerade Vertrauen nach der Enttäuschung der letzten Jahre schwierig ist, müssen die Filscher der Stadt nun eine Chance geben und sich darauf verlassen, dass die Verantwortlichen ihre Sache gut machen. Der Dialog ist eröffnet. a.weber@volksfreund.deMehr aus dem Stadtrat:

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