Anwohner und Kleingärtner kritisieren Pläne für Alt-Kürenz: Gegen Grünebergtrasse regt sich Widerstand

Trier · Der Plan von Triers Baudezernent Andreas Ludwig, eine Umfahrung über den Grüneberg zu bauen, stößt bei Kleingärtnern und Anwohnern auf Kritik. Sie befürchten das unwiederbringliche Ende ihrer Idylle in der bisher ruhigen Lage. Allerdings gibt es auch Argumente für den Bau.

Trier. Die idyllische Ruhe in der Kleingartenanlage Am Grüneberg in Trier-Kürenz täuscht: Seit Baudezernent Andreas Ludwig seinen Plan verkündet hat, aus der schmalen, kaum befahrenen Straße eine wichtige Verkehrsader inklusive Brücke über die Bahngleise zu machen (siehe Extra), sind nicht wenige der Kleingärtner und Anwohner erbost: Sie sehen nicht ein, dass ihre ruhigen Gärten einer breiten Straße weichen sollen.

Die Kritik: Klaus Mock ist pensionierter Landschaftsgärtner, er hat einen Kleingarten in der Anlage am Grüneberg gepachtet. Gemeinsam mit Grüneberg-Anwohner Eckhard Biehl, der seit acht Jahren in der Straße wohnt, hat er rund 200 Unterschriften gegen den geplanten Straßenbau gesammelt und bei der Stadtverwaltung abgegeben. Eine Reaktion habe es nicht gegeben. Insgesamt 82 Kleingärten gibt es auf dem Gelände, auf einer Fläche von rund 30 000 Quadratmetern, rechnet Mock vor. Komme die Straße, müssten die Gärten alle weg. "Der Gewinn durch die neue Straße wäre gering", beschwert sich Mock, der Schaden allerdings sei hoch. Auch die Händler an der Domänenstraße, so schätzt der Kleingärtner, würden geschädigt: Der Bäcker, die Apotheke und weitere Läden hätten dann weniger Kunden. "Wir sind auch Kürenzer wie die Menschen in Alt-Kürenz, wir sind keine Menschen zweiter Klasse." Mock sieht keinen Sinn in der Umfahrung: "Ob der Verkehr am Ende direkt über die Metternichstraße läuft oder erst über die Brücke am Grüneberg, das ist doch egal." Auf die Anlieger kämen nach Aussage der Stadt keine Kosten zu, doch das glauben die Kritiker nicht. "Wenn diese Straße wirklich kommt, ziehen wir weg", sagt Grüneberg-Anwohner Eckhard Biehl. "Wir haben unseren Garten vor dem Haus, nicht dahinter. Wenn hier wirklich eine Straße gebaut werden soll, kann man den Garten überhaupt nicht mehr nutzen. Unser Paradies wäre zerstört." Die von den Befürwortern der Straße vorgebrachten Gründe bezeichnet er als "fadenscheinig". Seiner Meinung nach kann der Vorteil einer neuen Straße nicht nachgewiesen werden. "Wir sind massiv dagegen", fasst er die Meinung der Gruppe zusammen.

Die Argumente für die Umgehung:
Der Ortsvorsteher von Kürenz, Bernd Michels (CDU), lässt an seiner Meinung zur Umfahrung keinen Zweifel: "Die Umfahrung muss kommen", sagt er. Die Straße sei unverzichtbar, um Alt-Kürenz, vor allem die Domänenstraße, zu entlasten. Durchs Aveler Tal, gibt Michels an, führen bis zu 28 000 Autos täglich, und durch die geplanten Baugebiete bei Filsch würden es vermutlich noch mehr werden. Dies betrachtet er als unerträglichen Zustand für den Stadtteil. Durch die neue Straße könnten die Avelsbacher Straße und die Domänenstraße entlastet werden. "Eine solche Entlastung ist dringend notwendig, um die Lebensqualität in Alt-Kürenz zu verbessern", sagt Michels. Außerdem solle die Straße als Zufahrt zum geplanten Bahnhaltepunkt in Kürenz und zum Energie- und Technikpark dienen. Die Bahn will den Haltepunkt im Rahmen ihres Regionalbahnkonzepts bis 2022 bauen, der Energie- und Technikpark soll bis 2019 oder 2020 fertig sein. Bis dahin müssten die Gärten eben weichen, so Michels. Die Kleingärtner vertröstet er: Ihnen würden Kleingartenanlagen am Petrisberg angeboten, auch Entschädigungen würden gezahlt werden. Eine solche Verlegung von Kleingärten hätte in Vergangenheit, beispielsweise mit der Kleingartenanlage Trier-Nord zum Petrisberg, gut funktioniert. "Wenn Kürenz nicht kaputtgehen soll, muss diese Straße kommen", bekräftigt er. "Da müssen dann eben private Interessen auch mal untergeordnet werden." Sein Aufruf an die Kritiker: "Helft mit, zu einer konstruktiven Lösung zu kommen, anstatt am Alten festzuhalten."

Was sagt die Stadt? Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) wirbt um Verständnis: "Die Entlastung des Verkehrs durch ein Umfahrung über den Grüneberg ist notwendig." Erst so werde der nächste Schritt im Verkehrskonzept, der Moselbahndurchbruch, realisierbar. "Ohne Umfahrung würden wir das Verkehrsproblem nur verschieben. Das wäre Blödsinn", so Ludwig. Der Verkehrsdezernent gibt aber zu, dass viele Fragen noch ungeklärt sind. Derzeitige Knackpunkte der Planung seien der Verteilerkreis, die Loebstraße und die geplante zweite Autobahnauffahrt. "Wir müssen auch an die Menschen in Trier-Nord denken, die schon lange unter dem vielen Verkehr dort leiden." In einer kleinen Großstadt wie Trier müsse man objektiv und teilweise auch abstrahiert mit Problemen und Meinungsverschiedenheiten umgehen, um etwas zu erreichen. Stadtplaner Wilko Kannenberger verteidigt die Informationspolitik der Stadt: "Das ist immer ein Dilemma bei solchen Projekten. Wenn wir die Bürger wie in diesem Fall früh während der Planungsphase informieren, wird uns vorgeworfen, dass wir keine konkreten Informationen geben können. Wenn wir die Bürger informieren, wenn die Planungsphase abgeschlossen ist, wird bemängelt, dass die Meinung der Menschen ignoriert wird." Er weist auch darauf hin, dass nicht alle Gärten weichen sollen: Die Kleingartenanlage soll nur verkleinert werden, nicht verschwinden - und ein Schutz der Gärten durch Lärmschutzvorrichtungen sei sowieso Pflicht. "Ich bin für Transparenz, wir alle sind für Transparenz", so Ludwig. "Wir freuen uns über Anregungen, aber wir können es nicht jedem recht machen." Er ist sich sicher: "Eine Stadt, die sich nicht weiterentwickelt, geht kaputt."Meinung

Kompromissbereitschaft ist gefragt
Ein ganz schönes Dilemma: Da ist auf der einen Seite der ehrgeizige Plan der Stadtverwaltung, den Verkehr in der Stadt grundlegend umzukrempeln. Auf der anderen Seite stehen die Kleingärtner und Anwohner am Grüneberg, die im Fall des Straßenbaus als Leidtragende eine äußerst bittere Pille schlucken müssten. Eine Lösung, die am Ende alle Beteiligten vollkommen zufriedenstellen kann, gibt es wohl nicht. Natürlich wäre es leicht, nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu argumentieren - was ist wichtiger, die Verkehrssituation in der Stadt oder ein paar Kleingärten? Dennoch darf die Fairness nicht unter den Tisch fallen. Wenn die Straße kommen sollte, müssen die Gärtner und Anwohner frühzeitig und umfassend informiert und angemessen entschädigt werden. Man muss ihre Sorgen ernst nehmen. Kompromissbereitschaft ist gefragt - von beiden Seiten. d.falkner@volksfreund.deExtra

 Kleingärtner Klaus Mock (links) und Grüneberg-Anwohner Eckhard Biehl in ihren Gärten. Sie sind Gegner der Grüneberg-Umfahrung, mit der die Kürenzer Verkehrsprobleme angegangen werden sollen. TV-Fotos (2) : David Falkner

Kleingärtner Klaus Mock (links) und Grüneberg-Anwohner Eckhard Biehl in ihren Gärten. Sie sind Gegner der Grüneberg-Umfahrung, mit der die Kürenzer Verkehrsprobleme angegangen werden sollen. TV-Fotos (2) : David Falkner

Foto: (h_st )
Anwohner und Kleingärtner kritisieren Pläne für Alt-Kürenz: Gegen Grünebergtrasse regt sich Widerstand
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Der Gedanke einer Umfahrung über den Grüneberg beschäftigte bereits den Trierer Ex-Verkehrsdezernenten Peter Dietze, der die Trasse zur Landesgartenschau 2004 plante. Damals wurde das Projekt aus finanziellen Gründen abgeblasen. Der jetzige Baudezernent Ludwig brachte eine Umfahrung über den Grüneberg erstmals Ende 2015 wieder ins Spiel als Teil einer Aktualisierung des städtischen Mobilitätskonzeptes 2030, in dem die geplanten Trierer Verkehrsprojekte für die nächsten 15 Jahre festgelegt sind ("Neue Trasse zur Autobahn", TV vom 19. Dezember). Im Februar wurden die konkreten Pläne vorgestellt. Die neue Trasse soll von der Avelsbacher Straße über die Gleise zur Metternichstraße und dann stadtauswärts führen. Eine zusätzliche Autobahnauffahrt auf Höhe der Ruwerer Bahnbrücke soll die Menschen, die im Aveler Tal bergab und stadtauswärts unterwegs sind, möglichst schnell auf die Autobahn aufführen - so ist der Plan. Diese Trasse gilt als eine der wichtigen Grundlagen, um den Verkehr in Trier neu zu organisieren. Im September soll eine Prioritätenliste zum Trierer Verkehr vorgestellt werden - die Grünebergumfahrung wird dabei vermutlich eine wichtige Rolle spielen. daf

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