Arbeitsplatz mit Atmosphäre

Trier · Von wegen Ruhe: Auf dem Hauptfriedhof herrscht in der Zeit um Allerheiligen Hochsaison. Angehörige pflegen Gräber, städtische und private Gärtner haben alle Hände voll zu tun. Wie ist es, auf einem Friedhof zu arbeiten?

 Vor dem Feiertag wird der Hauptfriedhof auf Hochglanz gebracht. Dafür ist auch der Laubrechen gefragt, mit dem der städtische Mitarbeiter Daniel Benz hier ein Grab säubert. TV-Foto: Dorothee Quaré

Vor dem Feiertag wird der Hauptfriedhof auf Hochglanz gebracht. Dafür ist auch der Laubrechen gefragt, mit dem der städtische Mitarbeiter Daniel Benz hier ein Grab säubert. TV-Foto: Dorothee Quaré

Trier. Grabplatten wurden gereinigt, frische Blumen und Gestecke besorgt, unzählige Lichter angezündet: Der Hauptfriedhof hat sich für die Feiertage Allerheiligen und Allerseelen herausgeputzt. Dies ist eine der Zeiten im Jahr - neben Ostern, Pfingsten und dem Volkstrauertag -, zu der auch die Mitarbeiter des Grünflächenamts besonders viel auf dem Friedhof zu tun haben.
Auf einem Gräberfeld sind zwei Mitarbeiter dabei, das Laub wegzublasen und mit einem Rasenmäher aufzusaugen. Auch aus anderen Richtungen sind Motoren zu hören. Der 20-jährige Daniel Benz ist mit Laubrechen beschäftigt: "Ich arbeite gern hier."
Georg Kohrt ist seit fast 30 Jahren auf dem Friedhof tätig, davon knapp 20 Jahre als städtischer Friedhofsgärtner. "Man sollte meinen, auf dem Friedhof wäre es ruhig, dabei ist hier den Tag über viel los", sagt der 46-Jährige. Er und sein achtköpfiges Team sind etwa für die Wege und Freiflächen auf dem Friedhof zuständig: im Sommer mähen und Hecken schneiden, nun vor allem Laub entfernen und Abfall fahren. Auch Graböffnungen und -schließungen gehören dazu. "Bei dem jetzigen Wetter ist es schön zu arbeiten, aber bei Regen und Schnee müssen wir ja auch da sein", sagt Kohrt. So müssen bei Schnee die Wege im und um den Friedhof freigehalten werden. Im vergangenen Winter mussten die Gärtner allerdings vor den Schneemassen kapitulieren, und der Friedhof war aus Sicherheitsgründen einige Tage geschlossen.
Regelmäßig werden auch die Gebäude, Denkmäler, Ehrengräber und Kriegsgräber auf dem 15 Hektar großen Hauptfriedhof gepflegt. Davon gibt es 3300: Gefallene Soldaten, Bombenopfer, ein Polen- und ein Russenfeld. Heinz Tholl zeigt eines der ältesten Gräber: Füselier Gustav Jakob Stephany, verwundet in Saarbrücken, gestorben in Trier am 4.10.1870 im Alter von 20 Jahren.
Ginkgos und eine Fuchsfamilie

 Kreuz auf der Hockweiler Höhe. TV-Foto: Friedemann Vetter

Kreuz auf der Hockweiler Höhe. TV-Foto: Friedemann Vetter


Tholl betreut seit 17 Jahren als Revierleiter den Hauptfriedhof. Wie ist es, täglich mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert zu sein? "Das ist kein Problem für uns, sondern normaler Alltag", sagt Heinz Tholl. "Wir haben da ja weniger mit zu tun als beispielsweise ein Bestatter." Außerdem wohne er auf dem Land und werde einst dort beerdigt, sagt Tholl. "Der Hauptfriedhof ist für uns im täglichen Umgang einfach eine große Grünanlage."
Heute habe man mehr Arbeit mit den Grünflächen als früher, stellt er fest: Durch die stetig zunehmenden Urnenbestattungen seit dem Ende der 90er Jahre seien die Gräber kleiner und die umgebenden Wiesen größer geworden. Der Hauptfriedhof sei der einzige Friedhof in Trier, auf dem es auch eine Wiese für anonyme Bestattungen gebe. Diese liegt wie unberührt da. "Die Grasstücke werden ausgestochen und wieder eingesetzt", erklärt Georg Kohrt. Dieses Jahr gab es hier bereits 15 Beerdigungen, Angehörige dürfen nicht dabei sein. Noch beliebter sind die Urnengemeinschaftsanlagen mit Sandsteinstelen und die preisgünstigen Urnenbaumgräber, die es hier seit gut einem Jahr gibt.
"Der Hauptfriedhof ist die grüne Oase von Trier", stellt Heinz Tholl fest: "Dies ist ein schöner Arbeitsplatz mit Atmosphäre." Die Pflanzenwelt ist sehr abwechslungsreich: "Hier gibt es allein 900 Bäume, darunter Raritäten wie Ginkgos, Schnurrbäume und Schwarznüsse. Oft sieht man Eichhörnchen, und es gibt auch eine Fuchsfamilie." Sicher einige Gründe, warum jedes Jahr mehr als ein Dutzend Gruppen, von Schülern bis Senioren, Führungen auf dem Hauptfriedhof mitmacht.
Ein Lesebuch mit dem Titel "Spaziergänge über den Trierer Hauptfriedhof" der Kunsthistorikerin Sandra Ost ist im Kliomedia-Verlag Trier erschienen und kostet 7,90 Euro.

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