Argumente, Attacken und ein Auftrag

TRIER. Viele finden Kommunalpolitik langweilig. Dass es auch spannend wie in einem Krimi zugehen kann, hat am Montag die Dringlichkeitssitzung des Stadtrates zum Thema Gewerbesteuer bewiesen.

Oberbürgermeister Helmut Schröer steht schon vor der Zusammenkunft unter Strom. Just an diesem Abend hat er einen Termin beim luxemburgischen Großherzog Henri. Der Smoking hängt im Hinterzimmer, Gattin Gisela wartet in Abendgarderobe vor der Tür. Adelige lässt man nicht warten, und so hofft der OB, dass die "politische Geisterfahrt", wie es später SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger nennt, ein rasches Ende finden wird.Doch der Trubel der vergangenen zwei Wochen verheißt etwas anderes. Es geht um elf Millionen Euro, die das Land zurückfordert. Und es geht darum, die Gewerbesteuer zu erhöhen, um das zu verhindern. Zwei Dinge, die der Union und der UBM überhaupt nicht schmecken. CDU-Mann Bertrand Adams wettert als erster Sprecher. Dem Land gehe auf Grund der hohen Steuern die Puste aus, den kleinen und mittleren Betrieben stehe das Wasser bis zum Hals, die "Dampfwalze Landesregierung" überrolle die Kommunen - "und zwei Fraktionen aus diesem Haus sitzen auf der Walze drauf!" Dann ein erster Fingerzeig: Die CDU werde nicht für den Verlust von elf Millionen Euro sorgen. "Wir werden sehen, wie die Diskussion verläuft."Ausgiebig Zeit für seinen Beitrag nimmt sich Friedel Jaeger (SPD). Schon seine erste Aussage ist eine Provokation: "Sie haben heute die Möglichkeit, ihre Fehlentscheidung von vor zwei Wochen zu korrigieren!" Wie giftige Pfeile fliegen die Worte des Sozialdemokraten der CDU und der UBM entgegen, sorgen hier und da für Gelächter, bisweilen für Stirnrunzeln, mitunter für Zorn. Jaeger nennt CDU-Fraktionschef Christoph Böhr einen "Hasardeur, der mit hohem Risiko spielt". Auch OB Schröer und Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink als CDU-Chef in Trier werden nicht verschont, ehe Jaeger schließt: "Ich fordere Sie auf, sich zu öffnen und die Interessen der Stadt zu wahren."Verblüffende Wende

Solch' starke Worte mag der ewige Rivale Jaegers, UBM-Chef Manfred Maximini, nicht unkommentiert lassen: "Das war Polemik hoch zwei!" Die Spannung steigt, denn die Entscheidung steht bevor: Wird die UBM anders votieren als zwei Wochen zuvor? Maximini verneint dies: "An unserer Meinung hat sich nichts geändert." Der UBM-Chef lässt kein gutes Haar am Land, das sich aufführe "wie ein Kurfürst". Doch dann verblüfft Maximini mit einem Auftrag: "Heute geht es darum, Schaden von der Stadt abzuwenden. Die UBM übernimmt Verantwortung und wird unterschiedlich abstimmen." Damit ist die Katze aus dem Sack.Nun weiß die CDU, die sich offenbar vor der Sitzung nicht mit der UBM besprechen konnte, wie sich ihr früherer Partner verhalten wird. Grünen-Sprecher Manfred Becker lästert zwar noch, Christoph Böhr verteidigt das Vorgehen der Union, Ignaz Bender (CDU) weist auf Nachteile für die Stadt in Verbindung mit den Bedarfszuweisungen hin, doch das sind alles Nebenkriegsschauplätze.Die Schlacht ist geschlagen, was sich bei der Abstimmung zeigt. 26 Ja-Stimmen, darunter vier der UBM - die Vorlage ist verabschiedet, die Gewerbesteuer wird erhöht, die Stadt behält ihre elf Millionen Euro. Die CDU hat es sich leisten können, die Abstimmung zu verweigern.

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