Asylbewerber in Trier: Jeder hat eine Geschichte im Gepäck

Trier · Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in der Trierer Dasbachstraße bietet derzeit 620 Menschen unterschiedlichster Nationen ein vorübergehendes Zuhause. Die Asylbewerber bleiben dort höchstens drei Monate - bis über ihre weitere Zukunft in Deutschland oder ihrem Heimatland entschieden ist.

 In den Wohncontainern in der Trierer Dasbachstraße kommen Asylbewerber unter, bis sich entscheidet, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. TV-Foto: Nathalie Hartl

In den Wohncontainern in der Trierer Dasbachstraße kommen Asylbewerber unter, bis sich entscheidet, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. TV-Foto: Nathalie Hartl

Trier. Die Wintersonne steht über dem Hof der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (kurz AfA). Die jungen Bewohner haben ein Rennen mit Spielzeugautos begonnen. Auf ein Startzeichen lassen sie sie einen kleinen Hügel hinabrollen, lachen gemeinsam und verstehen sich, obgleich sie keine gemeinsame Sprache sprechen.
Im Moment besiedeln Menschen aus 26 Nationen die AfA, darunter vor allem Flüchtlinge aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten in Osteuropa und den Krisengebieten Syrien und Somalia. Jeden Tag kommen ein paar neue Zugänge, manche mit dem Flugzeug, manche werden in Zugkontrollen aufgegriffen und andere steigen einfach am Verteilerkreisel in Trier-Nord aus.
Ruhe und Sicherheit


"Die Menschen sind irgendwie eines Tages hier, hinter ihnen liegt ein enormer Reiseweg, und wir möchten ihnen erst einmal Ruhe und Sicherheit verschaffen", sagt Wolfgang Bauer, Dienstleiter der AfA. Derzeit ist der Flüchtlingsanstrom auf Deutschland so stark, dass die Kapazitäten der Einrichtung lange nicht mehr ausreichen. Daher wurden zur Unterbringung neuer Flüchtlinge Container aufgestellt.
In den cremefarbenen Metallkästen wohnt auch eine Frau aus Serbien. Ihr Deutsch ist so gut, dass sie der AfA als Dolmetscherin aushelfen kann. Sie steht auf der Türschwelle des Containers, auf dem Weg in die Stadt: "Die alte Tasche ist kaputt. Vielleicht finde ich eine für zwei Euros." Denn durch gemeinnützige Arbeit können sich die Flüchtlinge ein geringes Zubrot verdienen, das sie frei nutzen können - zum Beispiel eben für eine neue Tasche.
Abseits der Container in einem der regulären Gebäude stehen währenddessen ein paar Neuankömmlinge. Jeder schleppt einen Koffer und eine Geschichte mit sich herum. Viele, die man fragt, möchten nicht darüber sprechen, was geschehen ist, möchten keine Namen nennen, aus Angst, dass sie die Gefahr, vor der sie geflüchtet sind - sei es eine Partei, eine Bande oder ein gewalttätiges Umfeld - wiederfindet.
Eine junge Syrerin, die mit ihren zwei Schwestern ein Zimmer der AfA bewohnt, möchte auch nicht reden, aber schreiben. Sie kommt aus al-Hasaka und hat in ihrer Heimat englische Literatur studiert. Jetzt sitzt sie in einem Zimmer, das etwas an eine kahle Jugendherberge erinnert und umklammert einen Stift. Langsam bringt sie die Buchstaben auf die Frage, warum sie Syrien verließ, zu Papier: "Weil eine Gang versucht hat, mich und meinen Bruder aufzugreifen." Der anhaltende Bürgerkrieg hat sie aus der Heimat getrieben, hin zur Trierer Dasbachstraße, wo unter ihrem Bett nur ein Paar rosa Sandalen liegen, die sie vielleicht an früher erinnern.

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