Auch Jungs können Opfer werden

Trier · Auch Jungen werden Opfer von Gewalt. Mit einem Präventionsprogramm hilft pro familia Trierer Schülern, traditionelle Rollenbilder zu überwinden und Anzeichen von Gewalt frühzeitig zu erkennen.

 Schüler der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule trainieren mit Volker Grüsgen von pro familia in Rollenspielen ihr Verhalten in Gewaltsituationen.TV-Foto: Manuel Beh

Schüler der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule trainieren mit Volker Grüsgen von pro familia in Rollenspielen ihr Verhalten in Gewaltsituationen.TV-Foto: Manuel Beh

Trier. Jungen sind Täter, Mädchen sind Opfer: Das sind die tief verankerten Rollenbilder in der Gesellschaft. Dabei wird meist vergessen, dass auch junge Männer Opfer von Gewalt werden können. "Statistiken beweisen zwar, dass Gewalttäter häufig Männer sind, aber die Berliner U-Bahn-Schläger hatten auch ein männliches Opfer", sagt Volker Grüsgen von pro familia Trier. Er bietet an der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule einen Gewaltpräventionskurs an, in dem es um Jungen als Opfer von Gewalt geht. "Ich finde es traurig, dass es kaum Projekte mit diesem Schwerpunkt gibt. Wir müssen gegen die vorschnelle Verurteilung ankämpfen."

Ärger aus dem Weg gehen


Dies ist eins der Ziele, die er mit seinem Programm erreichen möchte. An drei Nachmittagen trainieren die Schüler, wie sie mögliche Gewalt frühzeitig erkennen und sich klug verhalten können, damit es nicht zur Eskalation kommt. "Das heißt, wenn ich sehe, dass vor mir fünf Jugendliche eine Mülltonne umtreten, ist es schlauer, die Straßenseite zu wechseln. Denn mein Ziel ist es nicht, den Mann zu spielen und mich mit ihnen anzulegen, sondern gesund nach Hause zu kommen", sagt Grüsgen. Ein männliches Rollenbild, das keine Schwächen zulasse, stehe einem solchen Verhalten oft entgegen. In Rollenspielen stellen die Jungen erlebte Situationen dar. Gemeinsam diskutieren sie über die guten Aspekte und entwerfen Alternativen. Ziel ist es, selbstbewusst aufzutreten, ohne aggressiv zu wirken.
Zehn Schüler der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule für Gehörlose und Schwerhörige nehmen zurzeit an diesem Projekt teil. Menschen mit Gehörbeeinträchtigungen haben ein erhöhtes Risiko, Opfer von Gewalt zu werden: "Wenn sie etwas falsch verstehen, kann es leicht zu Missverständnissen kommen. Entweder fühlen sie sich provoziert oder bekommen akustische Gefahrensignale nicht mit." Von den 14 bis 17 Jahre alten Schülern werde das Projekt gut angenommen, berichtet Grüsgen. "Als einmal eine Stunde ausfallen musste, fragte ich die Jungs, ob sie einen Ausweichtermin haben wollten. Alle begrüßten den Vorschlag!"
Weitere Infos im Internet: trier@profamilia.de

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