Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der Geschichte schreitet voran

Ein Mitarbeiter der Universität Mainz recherchiert und prüft derzeit verschiedene Quellen im Zusammenhang mit Zwangssterilisierungen, die Mediziner des evangelischen Elisabeth-Krankenhauses in der NS-Zeit vornahmen. Der erste Zwischenbericht mit historischen Fakten soll bald präsentiert werden.

Trier. (kat) Hans Lieser aus Kordel ist 85 Jahre alt. Er ist seit seiner Geburt gehörlos. Wegen dieser Behinderung wurde er im Auftrag der Nationalsozialisten zwangssterilisiert. Grundlage des grauenvollen Eingriffs war das aus dem Jahr 1933 stammende "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses".

So wie Lieser erging es vielen Menschen. "In der Region Trier wurden rund 2200 Menschen überwiegend im evangelischen Elisabeth-Krankenhaus in Trier unfruchtbar gemacht", sagt Valentin Hennig. Er ist der Schwager und ein Freund von Hans Lieser. Hennig hat drei Jahrzehnte lang um die finanzielle Entschädigung Zwangssterilisierter gekämpft und ein Buch über das Thema geschrieben. Deutschlandweit seien in den Jahren 1934 bis 1945 rund 400 000 Menschen Opfer des Gesetzes geworden, sagt Hennig.

Ein Vortrag Anfang vorigen Jahres in der Volkshochschule (VHS) in Trier über Zwangssterilisierungen in der NS-Zeit führte dazu, dass das Publikum Unterschriften für ein Mahnmal am evangelischen Elisabeth-Krankenhaus sammelte. Der Agaplesion-Verbund, Träger des Krankenhauses, erklärte sich bereit, erst einmal diesen Teil der Geschichte Triers wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Das war im März 2010. Wie ist der Stand der Aufarbeitung rund zehn Monate später? "Ein Mitarbeiter der Universität Mainz führt aktuell noch intensive Recherchen durch und prüft verschiedene Quellen", berichtet Krankenhaus-Sprecherin Susanne Hermen auf TV-Anfrage.

Der erste schriftliche Zwischenbericht werde in den nächsten Wochen erwartet. Hermen kündigt an: "Dann möchten wir die Ergebnisse der Analysen der Öffentlichkeit präsentieren und uns der Frage des erinnerungskulturellen Gedenkens in unserem Haus widmen."

Der Betroffene Hans Lieser und dessen Schwager hoffen, dass das Ergebnis der Aufarbeitung ein Mahnmal sein wird. Hennig: "Es wird die Nachwelt immer an das Geschehene erinnern - und mahnen, dass Menschen nie wieder so etwas Grauenvolles angetan wird, unter dem sie - wenn sie es überleben - psychisch und physisch ihr Leben lang leiden müssen."