Aufstand im Zwergenstadtteil

Triers kleinster Stadtteil Filsch hat seit der Schließung einer Gaststätte keinen Versammlungsort mehr. Jetzt griff Ortsvorsteher Karl Josef Gilles zu unorthodoxen Mitteln, um auf das Problem aufmerksam zu machen: Er lud den Ortsbeirat in die Totenhalle ein - prompt schreckte das Rathaus auf.

 Norbert Lambertz und Karl Josef Gilles klagen: Kapelle und Totenhalle sind einzige öffentliche Gebäude in Filsch. TV-Foto: Christiane Wolff

Norbert Lambertz und Karl Josef Gilles klagen: Kapelle und Totenhalle sind einzige öffentliche Gebäude in Filsch. TV-Foto: Christiane Wolff

Trier-Filsch. Aufmerksamkeit provozieren wollte Ortsvorsteher Karl Josef Gilles und lud deswegen seinen Ortsbeirat in die Totenhalle ein. Denn seitdem die Gaststätte "Filscher Häuschen" im Sommer schloss, hat die Gemeinde keinen Versammlungsraum mehr. "Bei uns gibt es keinen Kindergarten, keine Schule, keine Grillhütte", klagt Gilles. Auf seine nicht ernst gemeinte Einladung in die Leichenhalle meldete sich prompt das Grünflächenamt und teilte mit, dass diese "nicht zur Verfügung" stünde und Gilles sich "um andere Räumlichkeiten bemühen" solle.Gilles nutzte die Steilvorlage und schrieb eine flammende Beschwerde an Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani und Oberbürgermeister Klaus Jensen. Hatten doch beide bei einem Ortstermin Anfang Juli versprochen, sich um das Problem zu kümmern. Als Antwort wurde Gilles bisher lediglich darüber informiert, dass die Filscher Ratssitzungen "bis auf weiteres" ausfallen müssten.

Seit Jahren kämpft Triers kleinster Stadtteil um ein Bürgerhaus. Die knapp 900 Filscher sind dabei bescheiden: Eine "geschlossene Grillhütte" soll es sein, bezahlt mit über die Jahre angesparten 80 000 Euro aus dem Stadtteilbudget. Architekt, Heimat- und Kulturverein und Reservistenkameradschaft stehen bereit, um den Bau anzugehen. Sogar Baupläne gibt es. "Uns fehlt lediglich ein Grundstück", sagt Gilles.

Sechs mögliche Liegenschaften hat Filsch der Verwaltung bereits vorgeschlagen in den vergangenen acht Jahren. "Immer wurde abgelehnt", klagt Gilles. Ein Grundstück war ungeeignet, weil es die Frischluftzufuhr für die Talstadt gewähre. Ein anderes, am Ortsrand gelegen und von einem Privatmann unentgeltlich zur Verfügung gestellt, liege zu weit außerhalb, argumentierte das Rathaus. Der bebaubare Platz wird knapp: Etliche Grundstücke um Filsch wurden als Natur-Ausgleichsflächen ausgewiesen - auch für das benachbarte Neubaugebiet BT 13, das zwar auf Filscher Gemarkung steht, aber dem benachbarten Tarforst verwaltungstechnisch zugeschlagen wurde.

Diese "Enteignung" hat die Filscher tief getroffen, ganz grün sind sie sich auch deswegen mit den Tarforstern nicht. Ortsvorsteher Gilles fürchtet bei der Kommunalwahl 2009 gar einen Boykott, gibt es bis dahin kein Gebäude für das Wahllokal: "Ein überzeugter Filscher wird niemals in Tarforst oder Irsch seinen Ortsbeirat wählen." Für den neunköpfigen Rat käme es ebenfalls nicht infrage, sich in Kindergarten, Schule oder einer Gaststätte der benachbarten Ortsbezirke zu treffen. "Dann können wir uns ja gleich aufgeben und uns nach Tarforst eingemeinden lassen", sagt Gilles. "Wollten wir für so eine Veranstaltung - zum Beispiel eine Kappensitzung - nach Tarforst ausweichen, hieße es bestimmt, dass die Tarfoster den Raum an diesem Abend selbst brauchen", mutmaßt Norbert Lambertz, der für die SPD im Filscher Rat sitzt.

"Wir wollen unsere Eigenständigkeit behalten und unsere Veranstaltungen in einem eigenen Raum abhalten - so ist das doch kein Zustand", schimpft Lambertz.

Am liebsten wäre ihm, wenn Filsch sich von Trier abspalten würde. "Würden wir zur Verbandsgemeinde Ruwer gehören, ginge es uns besser."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort