Aus der Obdachlosigkeit zurück ins Leben

Trier · Einen Weg zurück in Arbeitsleben und die Gesellschaft: Das ermöglicht der Verkaufsstand des Vereins Trier bewegt am Hauptmarkt Menschen, die früher auf der Straße gelebt haben. 22 von ihnen hat das Projekt bereits geholfen. Für das Ordnungsamt der Stadt zählt der Stand zu einer festen Größe in der Innenstadt. Aber: Die Probephase läuft noch - und die zu erwartenden Einbußen im Winter machen den Betreibern Sorgen.

 Am Verkaufsstand des Vereins „Trier bewegt“ veräußert der ehemals obdachlose Robert Pacas Kunst und Nützliches aus der Dritten Welt. Sein Vertrag hat ihm den Schritt in ein neues Leben ermöglicht. TV-Foto: Cenk Cigdem

Am Verkaufsstand des Vereins „Trier bewegt“ veräußert der ehemals obdachlose Robert Pacas Kunst und Nützliches aus der Dritten Welt. Sein Vertrag hat ihm den Schritt in ein neues Leben ermöglicht. TV-Foto: Cenk Cigdem

Trier. Es ist halb zehn. Michael-Ron Stallwood (35) und Mitarbeiter Robert Pacas (34) rollen mit Fahrrad und voll bepacktem Handkarren auf den Trierer Hauptmarkt. Dort bauen sie ihren fünf Meter langen Verkaufsstand auf. Im Angebot, aufgereiht auf den weißen Tischplatten: rundliche Nilpferde aus Speckstein, gemusterte Papageien aus Holz, aber auch Nützlicheres wie Geldbörsen aus echtem Leder.
Die 50 Zentimeter großen, gemusterten Geckos aus Keramik seien bei Touristen besonders beliebt, sagt Stallwood und lacht: "Weil sie diesen Kussmund und die menschlichen Augen haben."
Stallwood ist Vorsitzender des Vereins Trier bewegt, der den Stand am Hauptmarkt vor fünf Monaten mit seiner Initiative ins Leben gerufen hat. Das Ziel: Ehemals obdachlose Menschen wie Robert wieder in die Gesellschaft einbinden. Am Stand verkaufen sie fair gehandelte Produkte, kommen in Kontakt mit den Kunden und lernen, sich selbst wieder wertzuschätzen. "Ein weiteres Ziel des Projekts ist die Unterstützung von Kleinbauern aus Afrika, Asien und Lateinamerika", ergänzt Organisator Stallwood. Aber vor allem biete der Stand "ehemaligen Bettlern eine sinnvolle, alternative Erwerbstätigkeit".
Für die Verkäufer leistet die Initiative noch einiges mehr: kontinuierliche Begleitung durch die Therapie, 24-Stunden-Betreuung, günstige Unterbringung. Laut Stallwood haben mittlerweile 22 Menschen durch das Projekt aus ihrer Obdachlosigkeit herausgefunden. "Es ist aber nur der erste Schritt auf einem wirklich langen Weg", sagt er. Derzeit betreuen Robert P. und Sven S. als feste Verkäufer den Stand. Sven müsse aber wegen einer geplanten Therapie vorübergehend aussetzen, erklärt der Projektleiter. "Wir freuen uns, wenn er bald wieder bei uns ist."
Die Waren erhielten die Verkäufer bisher vom Weltladen der AG Frieden Trier. Was nicht verkauft wurde, konnte einfach zurückgegeben werden. Seit Juni gibt es genug finanzielle Mittel, um die fair gehandelten Waren direkt von Importorganisationen zum Einkaufspreis zu erwerben. Finanziert wird der Stand noch immer zu einem Großteil über Spenden. Über die TV-Aktion "Meine Hilfe zählt" kamen bisher mehr als 1800 Euro zusammen. Brauchen die Verkäufer Geld, etwa für einen Handwagen zum Transport der Waren, wird das von der Initiative auf der Internetseite von "Meine Hilfe zählt" entsprechend erläutert.
Eine erfreuliche Nachricht gab es im Oktober: Mitarbeiter Robert P. hat einen Arbeitsvertrag mit dem Trägerverein Trier bewegt abgeschlossen. Momentan hat der Stand laut Stallwood das Potenzial, zwei Verkäufer ein ganzes Jahr lang zu finanzieren. Solche positiven Neuigkeiten freuen auch Rudolf Grundhöfer vom Trierer Ordnungsamt, der die noch immer andauernde Testphase des Projekts begleitet. "In gewissen Abständen bekommen wir Zwischenberichte. Wir haben einen sehr guten Eindruck von dem Projekt", sagt Grundhöfer. Der Stand sei "eine feste Größe auf dem Hauptmarkt" und verdiene Unterstützung. Besonders jetzt im Herbst sei Hilfe nötig, sagt Stallwood. Denn dann fehlten Einnahmen durch Touristen. Umso erfolgreicher müsse das bevorstehende Wintergeschäft sein, weil der Stand im Januar und Februar schließe. Die Verkäufer sollen in dieser Zeit in andere Projekte des Vereins integriert werden.
Extra

Spenden an den Verein Trier bewegt sind möglich per Banküberweisung an "Meine Hilfe zählt", Konto 220012 bei der Sparkasse Trier (BLZ 58550130) oder Konto 191919 bei der Volksbank Trier (BLZ 58560103). Im Verwendungszweck die Projektnummer 9088 angeben, damit die Spende ihrem Zweck zufließen kann. Falls Veröffentlichung des Spendernamens im TV gewünscht, bitte ein "X" auf dem Überweisungsformular eintragen. Bis zu 200 Euro gilt der Einzahlungsbeleg als Spendenquittung. Online: Unter volksfreund.de/meinehilfe Projekt auswählen, Spendenbutton anklicken, abgefragte Daten eingeben. Jede Spende wird zu 100 Prozent weitergeleitet, der TV trägt die kompletten Transferkosten. red

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